I love New York- Daniel Humm und Will Guidara

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So, wir kommen zum nächsten Buch, das ich Euch vor Weihnachten für den Gabentisch vorschlage. Und zugleich ist es auch ein Highlight, denn es ist von Daniel Humm.

Daniel Humm? Das ist doch der Mann, der in New York das Drei-Sterne-Restaurant Eleven Madison Park führt. Normalerweise ja nicht die Art von Küche, mit der ich mich beschäftige, wie Euch sicherlich schon aufgefallen ist. Hier geht es eher etwas einfacher zu. Das Buch „I Love new York“ passt aber durchaus in meine Küche – und in mein Kochbuch-Beuteschema. Daniel Humm und Will Guidara wollten nämlich ein Buch verfassen, dass es den Menschen zuhause ermöglicht, die  Rezepte nachzukochen. Und das ist gelungen, und wie!

Dazu schweift Daniel Humm nicht großartig in die Ferne. Er sammelt keine exotischen Neuerungen – der Foodhunter macht kein Geschäft. Verwendet werden Lebensmittel, die er zu Hause in und um New York findet; und genau mit diesen  – alphabetisch geordnet von Ahornsirup bis Zwiebel – befasst sich dieses Buch.  Es werden Bauern, Fischer, Gärtner und ihre Produkte vorgestellt – und natürlich gibt es zu jedem Produkt einige Rezepte. Beipiel gefällig? Zu den Karotten gibt es Karottensuppe mit eingelegten Beten und Rettich, Gebratene Karotten mit Weizen und Kreukümmel; in der Rindfleisch-Abteilung Beef Tatar, Rindermark mit Schalotte und Sardellen sowie Delmonico-Steak.  „I love New York“  ist eine Verneigung vor den vorgestellten Lebensmitteln und den Menschen, die sich ihrer Produktion verschrieben haben.

Fangen wir doch mal mit dem äußeren Endruck an. Wollen wir zuerst mal erwähnen, was mir nicht so gut gefallen hat? Der Umschlag. Ich kann nicht so richtig verstehen, warum es zur Zeit schick ist, Kochbücher zu produzieren, die so gepolstert sind, dass man sie ohne weiteres auch als Sofakissen verwenden kann. Das war’s dann aber auch mit Kritik, denn die die restliche Gestaltung ist wunderschön. Diese Fotos! Die Gerichte sind auf den Punkt gebracht, der dunkle Hintergrund tut da sein übriges. Darüber hinaus gibt es Fotos von den Menschen, die hinter den Lebensmittel stehen, und diese Bider strahlen so viel Freude und Begeisterung aus, dass man schon beim Blättern gute Laune bekommt.

Die Rezepte sind klar stukturiert,  nachkochbar und größtenteils gelingsicher. Abstriche muss man bei den angegebenen Backzeiten machen; hier ist es besser, selbst zu denken 😉 . Mir hat besonders gut gefallen, dass bei Gerichten, die aus mehreren Komponenten bestehen, diese als einzelne Rezepte dargestellt werden. So besteht das Rezept für die Erbsensuppe mit Eisbein eigentlich aus fünf Rezepten: jeweils eines für die Eisbein-Brühe, für langsam gekochte Eier, für Croûtons, für Erbsensuppe und schließlich für das zusammenfassende Fertigstellen. Das mag einen im ersten Moment respektvoll erschauern lassen – herrjeh, doch so viele Arbeitsschritte – aber macht alles klar nachvollziehbar und übersichtlich. Abgesehen davon macht es diese Aufteilung möglich, auch einzelne Bestandteile nachzukochen. So ist bespielsweise die Brioche, die uns das Wochenendfrühstück versüßt hat, eigentlich eine karamellisierte Apfel-Brioche. Und die Honigmoussse stammt aus einem mehrteiligen Dessert mit Birne und Ingwer.

Abgerundet wird der Rezeptteil durch einige Grundrezepte und ein ausfühlrliches, nach Zutaten geordnetes Register.

Ich habe einiges nachgekocht – aber ich bin noch lange nicht fertig mit diesem Buch. Ich muss das Tomatenketchup testen, die Buttermilch-Espuma zur Maissuppe, den Spargelsalat mit Quinoa, die gefüllten Zwiebeln mit Blutwurst… Besonders angetan haben es mir die verschiedenen Salatdressings; Gurkendressing, Dressing auf der Basis von pochiertem Ei – die Liste ist lang.

Nach dem ersten Blätttern habe ich gleich mal spontan Apfelessig angesetzt. Nein, da wird kein Essig aus Äpfeln selbst gemacht. Vielmehr wird vorhandener Essig mit Äpfeln, Ahornsirup und Salz zu einem superaromatischen Elixier veredelt. Die Idee hat mir so gut gefallen, dass ich nach dem gleichen Prinzip auch noch Orangenessig angesetzt habe. Die beiden sind schon jetzt sehr aromatisch, werden aber noch ein wenig durchziehen.

Die Brioches machten mir etwas Sorgen. Zunächst ließ sich der im wahrsten Sinne des Wortes butterweiche Teig sehr schlecht bearbeiten. Dann blieben die Brioches während der Gehzeit hartnäckig in ihren Förmchen sitzen. Auch im Ofen tat sich lange nichts. Aber dann, gehen Ende der Backzeitzeit, sind sie doch noch aus dem Puschen gekommen – und das Ergebnis war ein buttriges, fluffiges Gebäck für das Sonntagsfrühstück.

Vor der Honig-Creme kann ich nur warnen; sie ist genial. Wenn Ihr nur ansatzweise so gestrickt seid wie ich, dann könnt Ihr auch nicht mehr aufhören zu essen. Die erkleckliche Menge von 1 TL Salz in diesem Dessert hat mich etwas irritiert – aber es ist alles genau richtig. Ich weiß schon, zu welchem Anlaß ich dieses Rezept in einer Großmenge vorbereiten werde 🙂 .

Ähnliches gilt auch für die Speck-Marmelade. Eine Süßspeise ist das nicht; eher eine herzhafte Beilage. Speck wird mit etwas Gemüse und Cidre so lange gegart, bis der Speck karamellisiert und ganz mürbe wird – tut mir leid – alles schon weg.

Die Speckmarmelade habe ich zum Kartoffel-Blätterteig-Kuchen serviert. Bei diesem irritierten mich die angegebenen Backzeiten: eine Blätterteigplatte sollte bei 200°C 40-50 min vorgebacken werden. Meine Platte war sehr viel schneller fertig. Am Ende war der Kuchen dann aber wunderbar.

Die gebackenen Eier mit Pilzen, Spinat und Käse kamen als kleine, feine Leckerei aus dem Ofen. Allerdings habe ich ich sie nicht, wie angegeben, in Muffinförmchen gebacken, denn die wären mir bestimmt übergequollen.

Dulce de Leche habe ich bisher immer gemacht, indem ich gezuckerte Kondensmilch dosenweise längere Zeit in einem Topf mit kochendem Wasser habe karamellisieren lassen. Hier wird Milch mit Zucker, etwas Salz und Backpulver im Topf gekocht, bis alles karamellisiert. Das funktioniert – das Ergebnis ist süß, karamellig, cremig. Allerdings ist der Energieaufwand recht hoch. Für zwei Gläschen stand mein Topf fast drei Stunden auf dem Herd. Ich werde wohl bei der altbewährten Methode bleiben.

Die Fougasse mit Kartoffeln und Speck fand reissenden Absatz. Allerdings habe ich am Rezept geschraubt: das Rezept sah 320 gr. Wasser auf 320 gr. Mehl vor; ich habe die Flüssigkeitsmenge reduziert.  Als Backzeit waren 45 min angegeben; ich habe meine Fougasse nach 35 min knapp vor dem Verbrennen gerettet.

Unser aller Liebling war die Knoblauchsuppe mit ihrer Einlage aus Dicken Bohnen und Garnelen. Das Rezept gibt es morgen.

Und ich spreche einfach mal eine Empfehlung aus: wenn Ihr jemandem, der Lebensmittel liebt und wirklich gerne kocht eine Freude machen wollt (zur Not auch Euch selbst), dann her mit dem Buch. Kaufen kann man es unter anderem direkt hier beim AT-Verlag.

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17 Kommentare

  1. Eieiei, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr mich deine Buchkritiken immer begeistern. Wir scheinen genau den selben Geschmack zu haben 😉
    Und ich kenne da jemanden, der wird sich sehr darüber freuen, wenn er sich das Buch selber zu Weihnachten schenken wird 🙂 Ich hatte vor zwei Wochen das Vergnügen persönlich im Eleven Madison Park zu speisen. Und es war nicht mal so „chicimici“, wie ich das eigentlich erwartet hätte. Im Gegenteil. Daniel Humm zelebriert eine durchwegs unkomplizierte, einfache und ehrliche Küche, mit lokalen Produkten und immer aufs Wesentliche fokussiert. Genau wie im Buch von dir beschrieben! I like!! 🙂

    • Wow, da hast Du Dir ein schönes Essen gegönnt 🙂
      Ja stimmt; das Essen ist sehr unprätentiös und dennoch vom Feinsten. Davor habe ich (noch) mehr Respekt als vor Texturas und Kollegen.

  2. Hier liegt es auch – ich liebe es! Ich war leider noch nicht so fleißig, wie Du, aber ich werde es auf alle Fälle nachholen. Das meiste im Buch ist schon mit Post its übersät. Es wäre besser gewesen zu markieren, was ich nicht probieren möchte 😉
    Und jetzt ist der Anspron noch mehr gewachsen Dank Deiner schönen Vorstellung!

  3. Du auch. 🙂 Robert hat ja auch schon eifrig geworben und ich hoffe ganz stark, dass die Bücherhalle ein Einsehen hat – ich muss es zuerst 3 Monate lang testen, um zu sehen, ob ich es wirklich „haben“ will, aber das, was du schreibst, weckt den Eindruck, dass es auf ein „habenmüssen“ hinaus läuft. 😉

  4. Die Kritik hat mich direkt zum Kauf verführt. Super geschrieben! „Leider“ führt dieser Link – unter anderem direkt hier beim AT-Verlag – nicht zum AT-Verlag, sondern zum Foodhunter. 😉

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