Kochbuch: Das Brot | Chad Robertson

Man könnte gut sagen, dass Chad Robertson besessen ist davon, sein ideales Brot zu backen. Er hat einen Abschluß am Culinary Institute of America und ging danach jahrelang auf Reisen um zu lernen, wie man das Brot backt, das er aus dem Ofen ziehen wollte.

Er begann seine Lehrzeit in den USA bei einem der (damals) wenigen Bäckern, die Brot nach alten handwerklichen französischen Verfahren backten – sehr weicher Teig, Sauerteig als alleiniges Triebmittel und lange Ruhezeiten. Im Grunde ist es auch genau das, was heute Chad Robertsons Art zu backen ausmacht. Seine Suche ging trotzdem weiter, und er zog weiter nach Frankreich. In einer Bäckerei in Frankreich stieß er auf ein Brot, das der Bäcker für seinen Vater backte – sehr dunkel, großporig und mit einer Kruste, die beim Abkühlen aufriss. Unverkäuflich, sagte der Bäcker. Zu extrem. Mit diesem Brot im Gedächtnis kehrte er zurück in die USA und machte seine erste Bäckerei auf. Heute stehen die Menschen vor seinen Bäckereien Schlange, um noch einen Laib des Brotes zu ergattern, das er am frühen Abend aus dem Ofen zieht.

Chad Robertson hat nur eine Handvoll Bäcker ausgebildet; allerdings gibt es schon lange das englischsprachige Original dieses Buches, das es auch Hobbybäckern ermöglichen soll, Brote nach Tartine-Art zu backen. Nun wurde es endlich ins Deutsche übersetzt.

Ich fange man von außen an: Es ist ein schönes Buch mit hochwertiger Ausstattung. Das Layout ist sehr ruhig, die Farben sind gedeckt, da ist nichts Schrilles. Es gibt sehr viele Fotos. Die Fotos hat Eric Wolfinger gemacht: Eric ist gelernter Koch, kam dann nach San Francisco, um von Chad Robertson das Brot backen zu lernen. Die beiden machten ein Tauschgeschäft. Chad brachte Eric das Brotbacken bei, im Gegenzug lehrte dieser ihn das Surfen. Heute ist Eric Wolfinger Fotograf mit Schwerpunkt Food. Es gibt natürlich Fotos der Brote, aber auch atmosphärische Landschaftsfotos und sehr, sehr viele Step-by-Step-Bilder, die oft schwarz-weiß-gehalten sind.

Jetzt zum Inhalt; der ist im Grunde dreigeteilt. Es beginnt mit der Geschichte, wie es zur Entstehung des legendären Tartine-Brotes kam; die habe ich Euch ja oben schon etwas erzählt. Dann folgt ein Teil, der sich dem Brotbacken widmet und schließlich gibt es noch Rezepte für die Verwertung von altem Brot.

Also, zum Brot: Drei Kapitel gibt es da. Es beginnt mit dem Grundrezept für das Country Bread – und das nimmt gute 40 Seiten ein. Das ist kein Grund, zu erschrecken; es wird einfach alles sehr genau erklärt. Das Rezept beginnt ganz vorne, nämlich beim Ansetzen des Sauerteiges. Dann wird man Schritt für Schritt durch die Zubereitung geleitet; dabei ist wirklich jeder Arbeitsschritt mit einem Foto dokumentiert; ebenso die verschiedenen Teigzustände. Und wenn man durch ist mit dem Backen, werden die einzelnen Bestandteile und Arbeitsschritte nochmals im Detail erklärt: was für einen Einfluß hat das verwendete Mehl? Wie erkenne ich, dass mein Sauerteig das gewünschte Brot hervorbringt und wie kann ich das beeinflussen? Bekommt man ursprüngliches Brot wirklich nur, wenn es in einem Holzofen gebacken wurde? Was ich toll finde, ist dass Chad Robertson nicht einfach sein Wissen aufgeschrieben hat, sondern er hat das Rezept auch Hobbybäckern gegeben, um zu sehen, ob das auch im Haushalt wirklich alles so funktioniert, wie er sich das vorstellt. Diese Menschen und ihren Brote werden ebenfalls vorgestellt. Zum Abschluss dieses Grundrezeptes gibt es noch Varianten – eine mit Oliven oder Walnüssen oder auch Pizza.

Von nun an sind die Rezepte kürzer gehalten; auf die Arbeitsschritte des Grundrezepts wird immer wieder Bezug genommen. Im nächsten Kapitel finden wir Brote aus Hartweizen und Vollkornweizen; auch Variationen mit Gruyère oder mit Leinsamen und Sonnenblumenkernen. Im letzten Kapitel zum Thema geht es um Baguette und reichhaltigere Backwaren wie Croissants oder Brioche. Hier wird nicht mehr mit reinem Sauerteig gearbeitet, es gesellt sich noch ein Poolish dazu, also ein Vorteig mit Hefe. Auch hier gibt es reizvolle Varianten – Pain Fendu zum Beispiel oder eine Brioche mit Olivenöl.

Und was macht man, wenn Brot übrig bleibt? Dieser Frage widmet sich das letzte Kapitel. Da gibt es sowohl Bruschetta, Aioli, Sandwich-Rezepte, Brotauflauf, Burger….

Abgeschlossen wird der Rezeptteil durch ein ausführliches Register. Was auch wichtig ist: es gibt eine Übersicht über die verwendeten Mehlsorten mit ihren Bezeichungen in den USA, Deutschland, Österreich und der Schweiz und eine entsprechende Tabelle, in der man schnell mal nachschauen kann.

So, und wie sind sie jetzt, die Rezepte? Kann jeder damit so tolles Brot backen wie Chad Robertson? Ich habe in einigen Rezensionen leichte Beschwerden gelesen…zu hoher Flüssigkeitsanteil. Viel zu viel Aufwand für ein Brot. Die Rezepte erfordern zugegebenermaßen einige Arbeitsschritte und das Ganze dauert. Aber es ist alles so genau erklärt, dass man wirklich tolle Ergebnisse erzielen kann. Man kann sich gut durch die Rezepte leiten lassen. Und ein Brot mit langer Gare schmeckt nun mal besser und ist haltbarer als ein rasch mit viel Hefe gebackenes. Ja, es ist ein gewisser Aufwand dieses Brot zu backen. Man muss es eben wollen. Gebacken wird das Brot übrigens im Gusseisentopf; das simuliert einen professionellen Ofen, sorgt für gute Beschwadung und besonders tollen Ofentrieb. Für die Rezepte benötigt man auch keine Knetmaschine; eine Ausnahme sind die sehr reichhaltigen Brioche-Teige.

So, zum Klassiker – das Landbrot nach dem Grundrezept. Es ist ein relativ helles Weizensauerteigbrot – ein reines Weizenbrot. Das Rezept werde ich nicht verbloggen, denn es macht schon seit Jahren die Runde durch’s Netz. Ihr findet es zum Beispiel hier.

Vom Landbrot gibt es Varianten – diese hier ist mit einem Anteil an Roggen und etwas mehr dunklem Mehl. Das Brot ist herzhafter als die Urversion und war bei mir etwas kompakter. Aufgrund des Roggenanteils ist der Teig etwas schwerer zu handeln.

Der Teig für die Kartoffelfocaccia ist derjenige des Basis-Landbrotes. Darauf kommt ein Belag aus dünnen Kartoffelscheiben, Olivenöl, Thymian und Pecorino – herrlich!

Auch das Hartweizenbrot ist eine Variante des klassischen Landbrots- es ist ein guter Anteil Hartweizengrieß darin und etwas Sesamsaat. Eigentlich auch noch Fenchelsaat, aber da hätte ich Ärger bekommen ;-). Das Brot ist saftig und hat Biss – mein bisheriger Liebling.

Die Toasties bestehen aus dem Baguette-Teig; dieser ist tatsächlich ganz anders als der Teig für das Landbrot: es wird zusätzlich ein Poolish verwendet und auch viel mehr Sauerteig. Mein Teig ist quasi durch die Decke gegangen und die English Muffins waren schön luftig und aromatisch.

Fazit:

Das Buch bietet eine wirklich tolle, sehr ausführliche Anleitung zum Backen von Sauerteigbrot. Wer sich die zeit nimmt und sich durch die Arbeitsschritte führen lässt, der wird tolles Brot aus dem Ofen ziehen. Was aber man dazu sagen sollte: Es sind nicht sehr viele wirklich neue Brotrezepte; es werden oft Varianten eines Grundteigs durchdekliniert. Aber mit dem Handwerkszeug, das man durch das Buch geliefert bekommt, kann man auch gut selbst Varianten entwickeln.

  • Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
  • Verlag: AT Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 978-3038000754
  • 34,00
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2 Kommentare

    • Ich mag das Buch auch sehr gerne, aber ich habe tatsächlich einige merkwürdige Bewertungen gelesen…

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