Kochbuch: Comfort Food | Russel Norman

Russel Normans Leben ist die Gastronomie. Er hat in vielen Restaurant gearbeitet, sei es als Kellner, Barmann oder Manager. Vor einigen Jahren gründete er eine Gastronomiefirma und betreibt nun selbst einige Restaurants in London. Er hat noch eine weitere Leidenschaft – New York. Immer wieder zieht es ihn in diese Stadt. Unter anderem fasziniert ihn dort das Essen, vor allem die vielen amerikanischen Gerichte mit italienischem Ursprung. Er wollte dieses Essen in seine Heimatstadt London bringen – und so kommt es, dass man in seinem Restaurant Spuntino amerikanisches Comfort-Food serviert bekommt. Und dieses Buch bringt uns die Rezepte des Restaurants nach Hause.

Ein schönes Buch ist es geworden: Vor mir liegt ein Buch mit hochwertiger Ausstattung: Fadenheftung, dickes, mattes Papier. Der Buchrücken ist offen – das sieht schick aus und sorgt dafür, dass das Buch wunderbar aufgeschlagen liegen bleibt. Das Layout ist spannend: in der Mitte gibt es breite unbedruckte Ränder und einen dunklen Streifen. Das Papier ist cremefarben und die Schrift ein sehr dunkles Braun – angenehm für die Augen und gut lesbar. Die Food-Fotos sind hübsch, aber nicht überstylt und konzentrieren sich auf das Wesentliche – das Essen. Es gibt aber nicht nur Food-Fotos, sondern auch viele Szenen aus New York, die die Reiselust wecken.

Jetzt aber zum Inhalt: der ist unterteilt in Brunch, Spuntini und Toasts, Pizzette, Salate und Dressings, Slider, Fischgerichte, Fleischgerichte,  Nachtisch und Drinks. Beim Brunch warten viele Eiergerichte  – getrüffelter Eier-Toast zum Beispiel oder Linsen mit Sardellen und weich gekochtem Ei. Spuntini und Toasts – Toasts gibt es klar, kleine Imbisse und Crostini. Croque Monsieur zum Beispiel, Schinken-Käse-Kroketten oder Auberginen-Fritten mit Fenchel-Joghurt. Es folgt eine riesige Auswahl an Pizzette – ich muss noch die mit Blumenkohl und Scamorza ausprobieren und die mit Fenchel und Chili – mindestens. Es gibt auch schöne Salat-Ideen. Mich lacht da noch der Salat mit Entenschinken an – der Schinken wird nämlich selbst macht. Und der Salat mit Erbsen, Feta und  Radieschen klingt toll. Es gibt ein ganzes Kapitel mit Slider-Variationen: Mit Lammhackbällchen, mit Rindfleisch und Knochenmark, mit Ochsenzunge….Bei den Fischgerichten warten zum Beispiel Muscheln, Borlottibohnen und Bärlauch, Sardinen auf Toast oder Miesmuscheln mit Agretti und Safran. Ich muss außerdem die Strozzapretti mit Salsicca mal probieren oder die geschmorten Salatherzen mit Pancetta, beides aus dem Fleischkapitel. Beim Nachtisch locken Bergamotte-Marmeladen-Pudding, Ananas und Lakritze oder Lorbeereis.

Ein Gericht ist mir gnadenlos schief gegangen. Aber sonst: die Rezepte sind gut strukturiert und verlässlich. Mir gefällt, dass es zu jedem Kapitel und zu jedem Rezept eine kleine, persönlich geschriebene Einleitung gibt. Und: der britische Humor kommt nicht zu kurz. Ich habe oft genug fröhlich gegrinst beim Lesen. Ich habe Freude an einem Cocktail namens „Rhabarbara Streisand“ und muss kichern bei der Vorstellung, dass der Wackelpudding flüssig genug ist, um ihn durch die Schneidezahnlücke zu ziehen. Außerdem freue ich mich über die  schöne Dosis Selbstironie, die aus den Texten spricht.

Und: ich bin auch wenig dankbar für den Titel, der richtigerweise Comfort Food lautet und nicht Soul Food. Das ist ja auch nicht selbstverständlich.

À propos Texte: es gibt nicht „nur“ Rezepte in dem Buch. Ein paar Stadtspaziergänge durch New York sind auch dabei. West Village, Greenwich Village, der Meatpacking District und einige andere Stadtteile werden in Wort und Bild vorgestellt. Um das zu lesen, muss man das Buch quer nehmen.

Aus der Vielzahl der Pizzette habe ich mir diejenige mit Salsicca und Sprossenbrokkoli herausgesucht. Wobei ich mir die Freiheit genommen habe, den Brokkoli durch blanchierten Wirsing zu ersetzen. Ich habe das ganze Grundrezept für Pizzateig verwendet – es hat gut funktioniert und einen schönen Teig ergeben; wobei man durchaus etwas weniger Hefe verwenden könnte. Auf den Boden kommen geriebener Mozzarella, darauf Wirsing, Würstchen und Parmesan als Topping. Das war fein.

Aus der Vielzahl der Sliders habe ich einen mit Ochsenschwanz, Senf und Brunnenkresse herausgesucht. Der Ochsenschwanz wird lange in Rotwein und Gemüse mariniert, dann gegart und zerzupft und landet zusammen mit Senf und Brunnenkresse (in meinem Fall Rucola) auf Mini-Brioche Buns. Klasse!

Es kommt nicht so oft vor, aber ich habe viele Marker bei den Dessert-Rezepten. Ausprobiert habe ich das Erdnussbutter-Eis. Das ist eine klassische Eismasse, die mit Erdnussbutter angereichert wird. Dazu gab es die Cantuccini, die als Beigabe zu Eis vorgeschlagen werden. Ein wenig geschummelt habe ich dabei – eigentlich wird das Erdnussbuttereis nämlich als mit Johannisbeergelee gefüllte Schnitte serviert, eine Nachahmung des beliebten Erdnussbutter-Jellie-Sandwiches.

Eigentlich wollte ich Euch an dieser Stelle Blumenkohl-Gorgonzola-Kroketten präsentieren.Auf die hatte ich mich gefreut, das Rezept klang sehr verführerisch. Aber leider war die Krokettenmasse viel zu weich und ließ sich beim besten Willen nicht zu Kroketten formen. Schade. Ich muss das nochmal probieren.

Geröstetes Brot mit einer Pastete aus Entenleber, getoppt von Roter Zwiebelmarmelade. Das war gut. Punktum.

Wir haben es uns einfach gemacht an diesem Abend und die Crostini als Abendbrot verdrückt. Dazu gab es geschnittenen Salat. Ich war wirklich erstaunt – das Schneiden des Salates macht einen großen Unterschied; die Zutaten fügen sich einfach gut zusammen. Ich mache das jetzt öfter.

Fazit? Für mich präsentiert das Buch wirklich Comfort Food at its best. Wer Angst vor Kohlehydraten hat oder die Idee „Schokokuchen“ mit dem Konzept „Clean Eating“ in Verbindung bringen möchte, der lässt besser die Finger von dem Buch. Wer hin und wieder auf der Suche nach Nervennahrung ist, der ist hier richtig. Solche Wohlfühlessen gibt es zuhauf in diesem Buch. Manches dauert ein wenig länger in der Zubereitung, aber alles ist gut umsetzbar. Und die schönen Bilder und humorvollen Texte tun ihr Übriges. Ach so: Vegetarier werden nicht so sehr fündig.

Eine weitere schöne Rezension gibt es hier bei Ira: klick.

  • Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
  • Verlag: Prestel Verlag 
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 978-3791383316
  • € 32,00
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