Willkommen zur nächsten Kochbuch-Rezension. Pizza war gestern – heute geht es um die nordische Küche. Für mich war das ziemliches Neuland, so dass ich mich interessiert über das Buch hergemacht habe.
Geschrieben hat Buch Margareta Schildt-Landgren. Die Foodjournalistin war ursprünglich Hauswirtschaftslehrerin, bevor sie anfing, als Journalistin, Kochbuchautorin und Filmemacherin zu arbeiten. Inzwischen hat sie mehr als 20 Kochbücher geschrieben.
Fangen wir doch mit den Äußerlichkeiten an – das ist ein sehr schönes Buch. Fotos und Layout führen einen direkt in die Natur: mattes, ganz leicht graues Papier und ein ruhiges Layout laden zum Blättern ein. Viele Fotos gibt es: von Landschaften, Produkten, Menschen und natürlich auch von den vorgestellten Gerichten. Die Food-Fotos sind hübsch, aber nicht über-arrangiert. Es gibt hübsches Geschirr und viel Holz im Hintergrund.
Inhaltlich startet das Buch mit den 10 Maximen des „Manifestes der neuen nordischen Küche“; ein Leitfaden, an dem sich das Buch orientiert. Es geht unter anderem darum, heimische Rohwaren zu verwenden, sich an den Jahreszeiten zu orientieren oder neue Rezepte für traditionelle Lebensmittel zu entwickeln. Das ist ein Ansatz, der sicherlich nicht nur der nordischen Küche gut tut. Es bleibt nicht bei der Vorstellung des Manifestes – im Buch gibt es immer wieder lesenswerte Abschnitte, in denen Personen oder Restaurants vorgestellt werden, die für die neue nordische Küche stehen: so finden wir ein Porträt des Kräutersammlers Roland Rittman, der unter anderem das „Noma“ mit seinen gesammelten Schätzen beliefert, es gibt einen Artikel über das Eishotel in Jukkasjärvi, ein Porträt von Claus Meyer vom Noma, eine Geschichte über das Restaurant „Radio“ und seine gemüsebasierte Küche……und mehr.
Jetzt aber zu den Rezepten. Die sind strukturiert nach der Herkunft der verwendeten Rohstoffe: es gibt die Kapitel „Wald& Wiese“, „Hof & Garten“ und „Salzwasser & Süßwasser“.
Das Kapitel „Wald & Wiese“ dreht sich alles um das, was man in der Natur finden kann: Wildkräuter, Beeren, aber auch Wild. Löwenzahngelee, Pasta mit Spitzmorcheln, Farntrieben und Löwenzahnblättern oder Wildentenbrust mit Roten Beten und Bohnenpüree sind beispielhafte Rezepte.
„Hof & Garten“ – na, was meint Ihr? Genau, was selbst anbauen oder beim Bauern kaufen kann. Wir essen Graupenrisotto mit Rhabarberblättern, Wurzelgemüse-Puffer, heiß geräuchtertes Hähnchen oder hausgemachte Würste.
„Salzwasser & Süßwasser“ – das ist selbsterklärend, oder? Da werden Miesmuscheln mit Blauschimmelkäse gratiniert, es gibt Fischsuppe mit Meeresalgen oder gegrillten Strömling.
In die einzelnen Kapitel eingestreut finden wir immer wieder Rezepte von bekannten Köchen oder Restaurants – grüne Stachelbeeren, Milcheis, süß eingelegte Gurken und knusprige Honigchips aus dem Restaurant Radio zum Beispiel oder eingelegter Kohlrabi mit Kichererbsenpüree und Lauchasche aus der Saltimporten Canteen.
Die Rezepte sind gut strukturiert und funktionieren. Ein Hindernis allerdings gibt es – so manche Zutat ist nicht so einfach erhältlich: sei es Rentierfleisch oder Schneehuhnbrust, Moltebeeren, Svecia-Käse oder Maränenkaviar – hier ist improvisieren angesagt. Oder man bringt sich etwas aus dem Urlaub mit 🙂
Mein Buch ist noch gut gefüllt mit kleinen Klebezetteln – aber einige Sachen habe ich ausprobiert:
Brot! Muss ich ausprobieren, wie immer. Das finnische Roggenbrot, das auf den interessanten Namen Ruisleipä hört, hat uns gut gefallen. Ein kräftiges Roggenbrot mit dichter Krume auf Sauerteigbasis. Und wenn in einem Buch die Brotrezepte stimmen, dann bin ich schon mal zuversichtlich, was den Rest angeht 🙂
Ich liebe Ente! Die bei Niedrigtemperatur gegarten Entenschlegel mit Weißwein und Wurzelgemüse musste ich also ausprobieren. Und es gab sie sicherlich nicht zum letzten Mal – superzartes Fleisch und eine schöne Sauce. Eigentlich werden die Schlegel ja 7 Stunden bei 90°C im Backofen gegart – nun, das ist so ziemlich die Temperatur, die mein Slowcooker bei „High“ entwickelt, und deshalb habe ich die Schlegel auch im Slowcooker gegart.
Zur Ente gab es Tunnbröd – in der Pfanne gebackenes dünnes Fladenbrot – das wollte ich schon lange mal backen. Beinahe wäre ich gescheitert, denn man braucht Hirschhornsalz, und das ist außerhalb der Plätzchen-Saison gar nicht so einfach zu bekommen. Im Rezept selbst fehlt Flüssigkeit – aus einem guten Kilo Mehl, 100 gr. Butter und 120 ml Milch, da läßt sich kein Teig kneten. Ich habe Flüssigkeit ergänzt und das Tunnbröd hat uns gut gefallen. Es wird so wunderbar weich und fluffig.
Die Erbsenpfannküchlein haben uns nicht so begeistert – die Masse aus gegarten, pürierten Erbsen wird in der Pfanne gebacken und mit einer Senfcreme serviert – insgesamt eine etwas trockene Angelegenheit, fanden wir. Margareta Schildt-Landgren empfiehlt immer wieder Butter mit Rapsöl als Fett. Auch die Küchlein sollten in dieser Mischung gebraten werden. Nach ein paar Versuchen habe ich davon wieder Abstand genommen – meine Butter hatte einen gewissen Anteil an Wasser, das hat furchtbar gespritzt beim Braten.
Nichts auszusetzen gab es an den Hähnchenrouladen: die werden gefüllt mit Petersilie und Blauschimmelkäse und dann mit Speck ummantelt. Gegart werden sie unproblematisch im Ofen auf einem Bett von Wurzelgemüse. Das ganze ist saftig und aromatisch – und eine Beilage hat man auch gleich.
Auch die Haferkekse mit Hagebutte sind toll: mürbe und knusprig, intensiver Hafer-Geschmack und eine schöne Hagebutten-Note. Man braucht getrocknete Hagebuttenschale für die Kekse – und ich habe erfreut festgestellt, dass das mit den Hagebuttenschalen funktioniert, die es im Reformhaus in der Tee-Abteilung gibt.
Bei der Kartoffelterrine habe ich ein wenig getrickst….schwedische Mandelkartoffeln und frische Waldpilze gab es gerade nicht. Aber mit guten, mehligen Kartoffeln und Egerlingen hat die Terrine auch geschmeckt. Ich habe noch ein wenig Pilz-Pulver dazu gegeben.
Mein Fazit? Ich mag dieses Buch. Es bietet einen schönen Einblick in die skandinavische Küche – ganz jenseits von Smörebröd und Janssons Versuchung. Man sollte etwas Kocherfahrung mitbringen, wenn man die Rezepte ausprobieren möchte. Dafür finden dann aber auch ambitioniertere Köche Inspirationen.
- Gebundene Ausgabe: 238 Seiten
- Verlag: AT Verlag (Februar 2015)
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-3038008385
- € 24,90
achja, mit der nordischen Küche hatte ich bislang auch nur sehr wenig Berührung; deine Rezension macht Appetit!
Übrigens, ich kriege keine mail an dich durch….
Ich kannte da vorher auch nicht viel, aber ich hatte Spaß an dem Buch.
Was für eine Mail-Adresse nimmst Du denn? Normalerweise funktioniert die susanne@magentratzerl.com….wenn der Server nicht wieder zickt. Einen schönen Feiertag Dir 🙂
Das Cover gefällt mir auch gut – schön ansprechend. Und mir gehts wie Anna: nordische Küche sind unentdeckte Gefielde… außer Knäckebrot 😉
Stimmt….irgendwas mit Knäckebrot, vielen Beeren und Janssons Versuchung, das war die nordische Küche bisher für mich 🙂
Ah, endlich mal wieder ein Buch nach meinem Geschmack! 🙂 Und wenn Brotrezepte stimmen, dann kann der Rest so schlecht nicht sein. Und Tunnbröd liebe ich. Postest du das Rezept noch?
Tünnbröd? Das läßt sich einrichten 🙂
Danke für deinen Einblick in die nordische Küche. Mit der bin ich ganz und gar nicht vertraut, nun kann ich mir ein bissi mehr vorstellen!
Ich fand das auch spannend. Jetzt weiss ich, dass es mehr gibt als Fisch, Beeren und Wurzelgemüse 😊
Graupenrisotto mit Rhabarberblättern? Das klingt spannend. Wann kommen denn die Blätter in das Risotto? Von Anfang an oder erst am Schluss? Wusste gar nicht, dass die Blätter überhaupt essbar sind.
Ich bin grade unterwegs. Wenn ich wieder zuhause bin, so gegen Sonntag, schaue ich für dich nach.
So, jetzt: also, da kommen 2-3 zarte Rhababerblätter auf 230 gr. Graupen. Die Rhabarberblätter werden gehackt und mit den Graupen gegart.
Das Buch ist spannend, hatte es auch schon ein paar mal in der Hand, aber die „Exotischen Zutaten“ haben mich immer wieder abgeschreckt. Mal schauen beim nächsten mal vielleicht 😉 die Ente lacht mich auch gerade an 😀
Ja, manches ist nicht so leicht zu besorgen. Wobei mich Elchgulasch ja schon mal interessieren würde 😊
Allein dieses herrliche Cover-Foto, da könnte ich auf die Knie gehen… Klingt sehr interessant! Und eventuell auch etwas nachkochbarer als die Rezepte aus dem Noma-Kochbuch, das ganz zauberhaft ist, in dem es aber vor Zutaten wie Birkensaft, Schilfrohr und Moos nur so wimmelt, die selbst im Skandinavien-Urlaub wohl nicht so leicht zu bekommen sind ;-). Ist dieses Buch hier denn eher fleischlastig oder würde ich auch als Vegetarierin fündig?
Also, es gibt schon Rezepte mit Fleisch und ein eigenes Kapitel für Fisch. Aber ich denke, es bleibt noch genug für dich übrigens. Manche Zutat hat mich kurz die Stirn runzeln lassen…. aber letztlich ist das meiste verfügbar. So exklusiv wie bei Noma ist es nicht…. Auch wenn der Kräutersammler Rittner einen extra Artikel wert ist.
Dann klingt das Buch um so interessanter – danke für die Info!