Kochbuch: Fermentation | Heiko Antoniewicz

Wenn es ums Kochen geht, mag ich es oft gerne einfach. Andererseits bin ich neugierig, experimentiere gern und lerne immer gerne dazu. Und es ist ja nun wirklich kein Geheimnis – ich bin ein großer Fan von Heiko Antoniewicz. Und ich fermentiere gerne; irgendetwas blubbert immer in meiner Küche, sei es „nur“ der Sauerteig für das nächste Brot. Hier kommt jetzt beides zusammen. Ich sage das gleich vorweg – dies ist kein klassisches Kochbuch für die heimische Küche, die Anforderungen sind hoch, sowohl was das Equipment und die Zutaten angeht als auch in Bezug auf die Kochtechnik.

Nach dieser Vorbemerkung fange ich mal von außen an: vor mir liegt ein hochwertig aufgemachtes, großformatiges Buch mit Fadenbindung und Lesebändchen. Das Layout ist klar und ruhig. Besonders ins Auge fallen die Fotos von Thomas Ruhl – nicht nur, weil sie jeweils eine ganze Seite ausfüllen, sondern auch weil stimmungsvoll und aufs Wesentliche konzentriert das Essen wunderbar in Szene setzen.

In insgesamt 4 Themenblöcken befasst sich das Buch mit der Fermentation: Es gibt einen ausführlichen Grundlagenteil, der sich nicht nur mit der Geschichte der Fermentation befasst und damit wie das eigentlich genau funktioniert, sondern auch mit den verschiedenen Arten, mit der Frage ob man sichere Lebensmittel erhält und was es für Starterkulturen gibt. Diese Wissenstexte von Michael Podvinec sind sehr ausführlich und auch, wenn man sich schon näher mit Fermentation befasst hat gibt es da noch etwas zu entdecken und zu lernen.

Es folgen Grundrezepte, die so ziemlich alle Aspekte der Fermentation abdecken: Obst, Gemüse, Milchprodukte, Getränke wie Kombucha, aber auch Essig, Fischsauce, Miso und Sauerteig – es fehlt an nichts.

Nun ist es nicht so, dass im anschließenden Rezeptteil nur auf die obigen Grundrezepte zurückgegriffen wird; meist gibt es da einen oder mehrere fermentierte Bestandteile, die direkt im Rezept hergestellt werden. Ich greife einfach mal ein Beispiel heraus: Hüttenkäse/Fischsauce/Kräutersalat/Kartoffelchips. Dazu fängt man am besten mit der Fischsauce an, die muss nämlich 6 Monate fermentieren. Auch der Hüttenkäse wird frisch hergestellt. Faszinierend finde ich auch Kaninchen/Rote Bete/Apfel/Apfelblüten: das Sous Vide gegarte Kaninchen mit den fermentierten Apfelblüten, dem Rote-Bete-Püree und dem Bratapfel kann man gut auf den Tisch bringen. Es werden aber Apfel und Apfelblüten vom selben Baum verwendet, also die Äpfel über den Winter eingelagert und dann im nächsten Frühjahr die Blüten des Baumes fermentiert. Kurz gesagt: das ist keine schnelle Küche. Die Zutaten sind nicht immer leicht zu beschaffen – da werden schon mal Zutaten wie Beifusswurzel, geschlossene Rosenknospen, Entenzungen oder Texturen aus der Molekularküche verlangt. Es wird auch oft Sous Vide gegart, getrocknet oder bei ganz bestimmten Temperaturen fermentiert, das ist nicht unbedingt in der heimischen Küche umsetzbar. Man sollte auch Kocherfahrung mitbringen, denn die Rezepte sind kurz gefasst.

Ich finde allerdings, dass das Buch sich auch dann lohnt, wenn man die Rezepte nicht komplett umsetzt, denn es steckt voller Ideen und Anregungen. Ich werde bestimmt im nächsten Frühjahr unseren Apfelbaum plündern und die Blüten fermentieren, ich finde die Idee, Nektarinen wie Umeboshi einzulegen fabelhaft und auch die mit schwarzem Kardamom aromatisierte Kondensmilch habe ich im Blick. Was auch sehr spannend ist, sind die zusätzlichen Anmerkungen zu den Rezepten. So habe ich gelernt, dass eine höhere Temperatur beim Fermentieren das Wachstum wilder Hefen begünstigt – das Lebensmittel schmeckt dann weniger sauer, sondern eher alkoholisch oder knoblauchartig.

Das ist Erbsenmiso kurz nach dem Zusammenmixen, zur Zeit steht es noch warm und ich warte, ob es gut wird. Bisher habe ich mich um das Miso-Machen immer gedrückt, aber die Anleitung hier war so kurz und bündig, dass mich das ermutigt hat; es klang auf einmal gar nicht mehr kompliziert. Größtes Hindernis ist die Temperatur – der Ansatz muss drei Monate bei 30°C stehen. Bei mir steht er in unserer winzigen Heizungskammer auf der Gastherme, da hat es tatsächlich immer um die 30°C.

Das ist gezupfter Zander. Serviert wird er mit Erbsentofu, knusprig gebratener Fischhaut, einem Zandersud und Minze. Der Zander wird Sous Vide gegart und ist herrlich saftig. Der Tofu wird aus Sojamilch gemacht, in die Erbsen gemixt wurden und die knusprige Fischhaut ist das Tüpfelchen auf dem i.

Hier sieht man, was passiert wenn das Equipment nicht stimmt. Das ist Kombucha-Sorbet mit Marshmallows, Minze und Kombucha-Sud. Alles super bis auf das Sorbet. Das besteht im Original aus Kombucha und einem Emulgator aus der Molekularküche. Damit wird der Kombucha tiefgekühlt und dann portionsweise im Pacojet gemixt. Hab ich nicht machen können – und das merkt man.

Fazit:

Das ist kein Leichtgewicht an Kochbuch. Heiko Antonewiecz teilt mit uns sein fundiertes Wissen und zeigt uns mit 50 Grundrezepten und mehr als 80 Gerichten viele Facetten der Fermentation. Selbst wer nicht regelmäßig die ganzen Gerichte umsetzen will, bekommt tolle Anregungen für die heimische Küche.

  • Herausgeber ‏: ‎ Matthaes
  • Sprache ‏: ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏: ‎ 240 Seiten
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3985410507
  • € 69,90

2 Kommentare

  1. Das Buch liegt hier auch und ein bissi fürchte ich mich vor dem Nachkochen. Aber es ist ein tolles Buch und ich freue mich, dass es meinen Couchtisch schmückt.

    • Du hast noch nicht angefangen? Es ist komplex, aber an findet tolle Ideen, ohne gleich ganze Teller umsetzen zu müssen.

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