Gefüllte Artischocken

Ich hatte es ja schon angedroht – im Rahmen der kulinarischen Weltreise, die diesen Monat Frankreich unsicher macht, nehme ich Euch mit in die Bretagne. Es mag so manchen erstaunen, aber tatsächlich sind Artischocken da ein ganz typisches Produkt. Ich habe  meine allerersten Artischocken in der Bretagne gegessen. Zubereitet von netten Kollegen in einer Gemeinschaftsunterkunft im Finistère. Bis auf einen, der Artischocken „dégueulasse“  fand, waren auch alle glücklich damit.

Aber von vorn:  Bretagne, das klingt erst mal nach eher rauem Klima und einer Menge Wind – das stimmt auch.

Tatsächlich ist die Bretagne eine der führenden Agrarregionen Frankreichs. Gerade im „goldenen Gürtel“ um St. Pol de Léon wird angebaut, was das Zeug hält: Blumenkohl, Kartoffeln und Artischocken – und natürlich die hoch gehandelten Roscoff-Zwiebeln. Das liegt am warmen Golfstrom, der sorgt dafür, dass trotz des gefühlten Dauerregens das Klima sehr mild ist. Man kann sogar zweimal im Jahr ernten.

Artischocken sind also eher etwas Alltägliches, und ganz ehrlich, allein schon deshalb erwäge ich den Kauf eines Granithäuschens in der Bretagne. Mal ganz abgesehen von den frischen Austern. Und von der sturköpfigen bretonischen Mentalität, die mir als gebürtiger Oberpfälzerin sowas von entgegen kommt. Man ist zum Beispiel sehr katholisch in der Bretagne (nein, ich bin das schon lange nicht mehr), hat aber einen netten Kanon an eigenen Heiligen, der dem Papst den Angstschweiß ins Gesicht treibt. Eigene Cola, eigenes Bier, eigener Reggea. Und natürlich Artischocken:

 

Für 4 Portionen:

Zutaten:

  • 6 große Artischocken, oder die entsprechende Menge Artischockenböden
  • bei frischen Artischocken: eine Schüssel mit Zitronenwasser
  • 50 g Brot
  • 50 ml Milch
  • 200 g Wurstbrät
  • 1 Ei, Größe M
  • 1 bis 2 EL Schnittlauchröllchen
  • Salz, Pfeffer aus Mühle
  • 1 Schalotte
  • 6 Kirschtomaten
  • 50 ml Weißwein, am besten ein Muscadet, der kommt aus der passenden Gegend
  • Baguette zum Servieren

Arbeitsschritte:

Wer ganze Artischocken hat, muss zunächst an die Böden kommen. Dafür als erstes die Blätter abzupfen, bis der Übergang zum Stielansatz freigelegt ist. Dann den oberen Teil der Artischocke zu ca. 2/3 abschneiden und den Stiel unterhalb des Bodens und die restlichen Blattreste an der Aussenseite der Artischocke mit einem scharfen Messer abschneiden. Das Heu aus den Böden kratzen (am besten mit einem Kugelausstecher) und den Boden sofort in Zitronenwasser legen. Und mit sofort meine ich wirklich auf der Stelle – die werden schneller braun, als Ihr Artischocke sagen könnt. Artischockenböden in Salzwasser ca. 5 min vorgaren.

Artischockenböden aus der Dose kann man einfach so verwenden, TK-Ware ist in der Regel vorgegart und muss nur aufgetaut werden.

Ofen auf 200°C Ober- und Unterhitze vorheizen.

Für die Füllung das Brot klein würfeln und in der Milch einweichen. Dann gut ausdrücken und mit Brät und Ei vermengen. Schnittlauch einarbeiten und mit Salz und Pfeffer würzen. 

Artischocken mit der Masse füllen und in einen Bräter setzen.

Schalotte schälen und fein würfeln. Tomaten in Spalten schneiden. Beides über die Artischocken geben, den Wein darüber gießen, nochmals mit Salz und Pfeffer würzen.

Deckel aufsetzen und alles 45 min im Ofen garen.

Heiß auf den Tisch bringen. Dazu schmeckt Baguette.

 

Ich reise nicht allein – und die Rezepte der Reisegesellschaft sind mehr als nur einen Blick wert:

Volker mampft: Bœuf Bourguingnon | Pain au café | Pain au levain | Pain marette | Bouillabaise

Backmädchen 67: Clafoutis | Eclairs mit Creme patissière

Zunehmend wild: Mousse au Chocolat mit Sanddorn-Honig

Küchenlatein:Rezension: Poilâne: The Secrets of the world-famous bread bakery | Pain poilane-style | Tartine for bon | Orgeat-Sirup | La Mauresque | Straßburger Zwiebelsuppe | Kastenbrot mit Pfeffer und der perfekte Toast | Avocado-Tartine mit Banane und Zitrone

Küchenmomente: Financiers aux myrtilles | Himbeer-Marmorkuchen

Fränkische Tapas: Tarte Tatin

Mein wunderbares Chaos: Cannelés bordelaises| Tarte Dijon | Pain brié

Brotwein: Französisches Baguette | Französisches Landbrot | Crêpes und Galettes | Galette complète

Brittas Kochbuch: Quiche Lorraine | Axoa de Canard d’Espelette | Coq au riesling | Chouquettes

Zimtkringel: Tarte Bourdaloue

Silver Travellers: Französisches Gulasch mit Pilzen und Rotwein

Pane Bistecca: Geröstetes Knochenmark auf zweierlei Art | Gougères | Vanille Caramel Madeleines | Rhabarber Tarte Tatin | Vanille-Soufflé

Turbohausfrau: Radieschenblättersuppe

Möhreneck: Crème Caramell (vegan)

Chili und Ciabatta: Fondant au chocolat | Le broufado | Chinois alsacien | Königinpastetchen mit Kalbsbries und Morcheln

Tanjas bunte Welt: Crêpes suzette

Langsam kocht besser: Blanquette de veau aus dem Slowcooker

Kaffeebohne: Zwiebel-Tarte

Helden der Vorzeit: Gâteau reine de Saba

Coffee 2 stay: Französisches Käsesoufflé

Tanz auf der Tomate: Le Croque Monsieur

Salzig süß lecker: Bretonische Vorspeisen

Salon Mathilda: Matcha Macarons, Avocado, Lemon Curd

 

49 Kommentare

  1. Ich finde ja, die Dinger machen es einem nicht leicht, an den geschmackvollen Inhalt zu kommen. Ich esse die gerne, aber nur, wenn ich die nicht selber zubereiten muss. Ich nehme dann bitte eine von dir gefüllte.

    • Ja, die machen es einem schwer und ich schiebe Dir gerne eine Portion rüber. Hier gibt es zur Not im griechischen oder türkischen Lebensmittelhandel ausgelöste Artischockenböden als TK-Ware – und die müssen sich nicht verstecken.

  2. Ich liebe Artischocken!
    Und als Kind verbrachte ich viele Schulferien mit den Eltern auf einem Camping-Platz in der Bretagne – die rauhe Küste, die schroffe Landschaft, das Wilde, die Häfen, die kleinen, gelben Schnecken-Muscheln am Strand, sogar die bretonische Musik… alles toll!

    • Als Kind war ich Bergwandern in Österreich. Das Meer musste ich mir später selbst erobern, aber gerade die raue Landschaft der Bretagne hat mich gründlich erobert. Ich lebe mit der festen Überzeugung, dass ich das „Rentenalter“ in einem Granithäuschen im Finistère verbringen werde, täglicher Strandspaziergang inbegriffen.

  3. Boah! Ich mag (frische) Artischocken so sehr. Das erste Mal habe ich sie tatsächlich in den 80ern während meines Schüleraustauschs probiert. Vorher kannte ich sie nur säuerlich eingelegt von der Pizza.
    Der Großvater meiner Austauschschülerin war ein ambitionierter Hobbykoch und hat uns jeweils zu Muttertag und Pfingsten mit wunderbaren, mir bis dato fast unbekannten, Produkten verwöhnt.

    Deine gefüllten Artischocken sehen zum Reinbeißen aus. Ich glaube, ich muss mich mal ranwagen.

    Liebe Grüße
    Britta

    • Ich liebe Artischocken auch, wenn ich welche sehe, muss ich zuschlagen. Eingelegte Artischocken haben ihre Daseinsberechtigung, ich stelle aber immer wieder fest, dass es da gewaltige Unterschiede gibt.

  4. Wie Ulrike schon sagte: mach mal ein paar mehr davon 😉 Wir besuchen dich dann in deinem Granithäuschen und schlemmen zusammen. Klar, den Wein bringen wir mit!

  5. Artischocken hätte ich jetzt tatsächlich auch nicht unbedingt in der Bretagne gesucht.
    Meine kommen, ja, ich geb es zu, immer aus Glas oder Dose…
    Seit Jahren nehme ich Anlauf, endlich mal frische zuzubereiten. Ich glaube, das Warten hat jetzt ein Ende: Ich geh´s an! Danke für den letzten Schubs in die richtige Richtung!
    Grüßle von Simone

    • Das ist ja auch überraschend, aber das Gemüse-Anbaugebiet da ist richtig groß.
      Und wenn man sich das aufwändige Putzen sparen möchte: in türkischen Läden gibt es richtig gute tiefgekühlte Artischockenböden, die mag ich recht gerne.

  6. Auch ich habe mich bisher nicht großartig an frische Artischocken gewagt. Ich glaube, ich traue mich aber jetzt auch mal, sobald ich hier mal welche bekomme…ich bin gespannt, ob ich das auch so gut hinbekomme wie du.
    Liebe Grüße
    Tina

    • Ich liebe Artischocken einfach; es gibt sie oft auch einfach gekocht, und jeder kann dann zupfen und die Blätter in Vinaigrette oder einen anderen Dipp dippen. Das ist auch schön – und spart eine Menge Küchenarbeit.

  7. Hallo Susanne,

    Artischocken sind ja sowas wie ein Angstgegner. Noch nicht häufig gemacht, waren sie zuhause nie lecker. Im Restaurant ging es durchaus anders. Vielleicht versuche ich es einfach nochmal mit Deinem Rezept.

    Schöne Grüße
    Volker

    • Zugegeben, sie sind sperrig und machen viel Arbeit. Wenn ich welche ergattere, koche ich die auch gern einfach und stelle Dips dazu auf den Tisch. Zupfen und Dippen funktioniert gut – und spart viel Arbeit in der Küche ;-).

  8. Artischocken mag ich eigentlich ganz gern. Leider mag mein Mann sie nicht und deshalb vergesse ich die immer einzukaufen, wenn er unterwegs ist. Aber eine schöne Erinnerung, dass ich mal wieder am Markt danach Ausschau halten könnte. Die würzige Hackfüllung kann ich mir gut vorstellen.
    Lieben Gruß Sylvia

    • Artischocken für eine Person, da braucht es aber auch echt viel Motivation, ich glaube, das würde ich auch vergessen….

  9. Ich habe noch nie frische Artischocken verarbeitet, das müsste ich direkt einmal ausprobieren. Bei deinem Rezept kommen die Erinnerungen an einen tollen französischen Garten wieder hoch, den wir mal bei einer Frankreich-Reise besuchten. Dort waren große Artischockenpflanzen zu bewundern.

    • Die Pflanzen sind auch richtig hübsch, oder? Ich habe mal versucht, welche in meinem Garten durchzubringen – naja, hüllen wir den Mantel des Schweigens darüber….

  10. Wenn man nach dem Kochen nicht immer einen hüfthohen Sack voll Abfällen hätte, würde ich Artischocken noch viel lieber kochen. Aber egal, die kurze Saison muss man unbedingt nutzen. Dein Rezept klingt hervorragend und ich hab es gespeichert.

    • Ja, stimmt, die Ausbeute ist wirklich frustrierend, aber sie schmecken halt so gut.

  11. Hallo Susanne,
    Artischocken haben noch nicht oft den Weg in unsere Küche gefunden.
    Aber Deine sehen so lecker aus, dass die nächsten im Supermarkt in meinen Einkaufswagen landen.
    Viele Grüße
    Ronald

  12. Liebe Susanne,
    überhaupt mal Artischocken selbst in der Küche zu verarbeiten, das steht schon unglaublich lange auf meiner Liste. Für den Anfang dachte ich da aber auch an die Zupfen-und-Dippen-Variante, ich geb’s zu. Deine gefüllten Artischocken sehen köstlich aus. Danke für den Tipp mit den TK-Artischockenböden, ich mach mich mal auf die Suche.
    Herzlichst, Conny

    • Zupfen und Dippen ist wirklich super für den Anfang, das machen wir oft so. Und die TK-Ware ist wirklich nicht zu verachten.

Kommentare sind geschlossen.