Kochbuch: Florenz | Emiko Davies

Ich bin ja bekennender Kochbuch-Junkie, aber an diesem Buch wäre ich beinahe vorbei spaziert. Und dann blitzte in meinem Gedächtnis kurz etwas auf…Emiko Davies? Das war doch die Dame, auf deren Blog ich seinerzeit fündig wurde bei meiner fast schon verzweifelten Suche nach einem Rezept des historischen Kochbuchautors Artusi. Und war das nicht spannend zu lesen, was sie da macht?

Ja, es ist spannend zu lesen. Das liegt sicherlich nicht zuletzt an der Lebensgeschichte von Emiko Davies. Sie ist je zur Hälfte Japanerin und Australierin. Aufgewachsen ist sie in Peking, um dann in den USA und in Australien Design zu studieren. Nun lebt sie mit ihrer Familie in der Nähe von Florenz. Sie schreibt regelmäßige Kolumnen für Food 52, den Corriere della Sera und andere. „Florenz“ ist ihr erstes Kochbuch.

Hübsch ist es geworden. Mit seinem gefleckten Einband und dem roten Schnitt erinnert es auf den ersten Blick an alte Notizbücher. Das Buch ist großformatig und besticht mit Fadenbindung und mattem, leicht grauem Papier. Das Layout ist schön übersichtlich: in einer schmalen Spalte am Rand stehen Zutaten und Küchentipps, daneben die Arbeitsanleitung. Fotos? Gibt es, und zwar nicht wenige. Nicht jedes Gericht hat ein Food-Foto bekommen, aber dafür gibt es viele schöne Fotos aus Florenz. Und bei schwierigeren Gerichten findet man auch mal Step-by-Step-Bilder.

Jetzt aber zu den inneren Werten: Die Rezepte sind unterteilt in die Orte, an denen man die Gerichte typischerweise isst. Da gibt es als erstes die Konditorei, in der man Leckereien wie Cornetti oder süße frittierte Reisbällchen findet. In der Bäckerei geht es weiter mit dem toskanischen Brot ohne Salz oder mit Rosmarin-Sultaninen-Brötchen. Auf dem Markt finden wir – genau, Gemüse: Artischockensalat, weiße Bohnen in Olivenöl, Dinkelsalat und noch viel mehr gibt es zu entdecken. Danach gehen wir in die Trattoria  und nehmen ein kleines Mittagessen oder ein primo zu uns. Mini-Gnocchi zum Beispiel, oder Papardelle mit Entenragout. Das Fleisch gibt es logischerweise beim Metzger. Mir gefällt, dass da viele Gerichte mit Innereien gibt – frittierte Kuttelbällchen zum Beispiel. Aber auch Tagliata und Bistecca kommen nicht zu kurz. Das letzte Kapitel heißt „In Giro“, also unterwegs. Es gibt Streetfood. Lampredotto zum Beispiel, verschiedene Panini und Crostini und Eis.

Die Rezepte sind gut aufgebaut und problemlos nachkochbar. Zu jedem Rezept gibt es eine persönlich geschriebene Einleitung, in der man oft auch etwas über die Geschichte des Gerichts erfährt. Oft gibt es auch noch kleine Küchentipps und Ideen, wie man Zutaten ersetzen kann. Das ist aber nicht alles. Es gibt auch ganz viele Beiträge über die Geschichte des Essens in Florenz. Zunächst einmal in den Einführungen zu den einzelnen Kapiteln. Da wird wunderbar erklärt, was den Markt oder die Trattoria ausmacht. Es gibt aber auch immer wieder kleine Einschübe. Wir lesen über Esskultur in der Renaissance, über versteckte Bäckereien, über die Bedeutung des Brotes im Mittelalter und vieles mehr. Außerdem im Programm: ein ausgefeiltes Rezepte-Register, Empfehlungen von Konditoreien, Bäckereien, Märkten, Trattorien und vielem mehr für den Besuch in Florenz und ein ausführliches Glossar.

Ich habe ein bisschen was ausprobiert – bin aber noch lange nicht fertig.

Penne Strasciate – also Penne mit Hackfleischsauce. Na, werdet Ihr denken, da hat sie ja was ganz ungewöhnliches ausprobiert. Das Gericht ist tatsächlich ungewöhnlich. Da wird zunächst die Hackfleischsauce gekocht. Die braucht viel Zeit. Es kommt sehr viel Flüssigkeit daran – allein ein halber Liter Rotwein. Wenn dann nach 3 Stunden alles eingekocht ist, hat man eine dunkle, aromatische Sauce. Die Penne werden kurz in Wasser vorgekocht, dann in der Sauce fertiggegart. Dabei muss man  immer wieder rühren, damit sich nichts ansetzt – und strascicare heißt schleppen oder schleifen. Daher hat das Gericht seinen Namen. Die Pasta verbindet sich wunderbar mit der Sauce.

Es gibt eine Menge Gemüsegerichte  in dem Buch, die ich noch ausprobieren möchte. Den Anfang machte eine Frittata mit Fenchel. Ebenso einfach wie fein – und noch ein Gericht, das die Fenchelhasser hier im Haushalt überzeugen konnte.

Zur Frittata gab eine Schiacciata – Foccacia auf toskanisch. Die Foccacia verortet man vielleicht nicht unbedingt in Florenz, aber die Version ist auch speziell. In den Teig kommen statt Olivenöl Milch und Schweineschmalz, das gibt eine spezielle Konsistenz.

Es gibt viel süßes Gebäck unter den Rezepten. Ich habe die Schokoladentarte mit Grießcreme ausprobiert. Wir sprechen von einem Mürbteigboden. Auf den kommt …Grießbrei, anders kann ich es nicht sagen. Und die fertig gebackene Tarte wird dann mit einer Ganache überzogen. Das ist wirklich toll. Die Komponenten harmonieren auf das Feinste.

Fazit? Daumen hoch! In diesem Buch findet man nicht nur typische Rezepte aus Florenz. Es gibt auch viele Hintergrund-Informationen und Geschichten. Man merkt beim Blättern und Lesen deutlich, dass es sich um ein Herzensprojekt der Autorin handelt.

  • Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
  • Verlag: Dorling Kindersley
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 978-3831032624
  • 26,95

7 Kommentare

  1. Könnte ich glatt schwach werden, nein und nein und nein. Höchstens es gelingt mir zeitnah einen Schwung Kochbücher loszuwerden…verrätst du das Kuchen-Rezept?

  2. das dürfte ein schönes Kochbuch sein genauso wie der Blog der Autorin, ich habe gerade hineingeschnuppert und werde mich noch vertiefen! Danke für den Tipp!
    Die Penne mit stundenlang gekochter Sauce könnte ich jetzt glatt verdrücken und nachher ein Stück Grießbreikuchen… bei mir im Büro gibt es heute leider nur kalte Küche ☺.

  3. Musste das jetzt sein? Hä? Ich hab doch schon genug Kochbücher. Eigentlich. Und ich will gar keine neuen mehr. Eigentlich …

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