
Alissa Timoshkina wurde in Sibirien geboren; ihre Familie hat Wurzeln in der Ukraine, Polen, Russland und Belarus. Sie studierte Film und kam Ende der 1990er Jahre nach Großbritannien, wo sie promovierte und als Dozentin arbeitete. Doch sie entschied sich gegen eine akademische Karriere und für das Kochen und gründete zunächst einen Supper Club und ein Catering-Unternehmen. Die Arbeit an diesem Buch, das ihr zweites ist, unterbrach sie 2022 nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, um die Spendenaktion „Cook for Ukraine“ ins Leben zu rufen. Nun ist das Buch doch noch fertig geworden; werfen wir einen Blick hinein.
Kapusta bedeutet „Kohl“ – mehreren slawischen Sprachen. Alissa Timoshkinas Schwerpunkt liegt auf der osteuropäischen Küche und mit diesem Buch nimmt sie sich der osteuropäischen Gemüseküche an. Der Titel ist bewußt gewählt, will sie doch zeigen, dass Kohl (so wie es das Klischee sagt) zwar eine wichtige Rolle in der Osteuropäischen Küche spielt, es jedoch noch weitaus mehr gibt.
Die Kapitel des Buches sind nach den wichtigten Gemüsesorten gegliedert: Kohl, Rote Bete, Kartoffeln, Karotten und Pilze, und weil sie so eine wichtige Rolle in der osteuropäischen Esskultur spielen, gibt es noch gesonderte Kapitel für Teigtaschen und Fermentiertes und Eingelegtes. Uns erwarten klassische Gerichte aus Belarus, Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Polen, Rumänien, der Ukraine und der Slowakei, so wie neu interpretierte Gerichte. Rezepte aus Russland, dessen westlicher Teil ebenso zu Osteuropa zählt, hat die Autorin ausgeklammert; stellt aber Rezepte von dort lebenden indigenen Volksgruppen wie den Udmurten vor.
Die Rezepte sind allesamt gut nachvollziehbar und setzen auf problemlos erhältliche Zutaten – frisches Gemüse spielt die Hauptrolle und die meisten Gerichte sind vegetarisch. Spannend finde ich das Wechselspiel zwischen tradionellen Gerichten – wie Bigos oder Kohlrouladen aus Sauerkohl und neuen Ideen wie osteuropäische Spaghetti Bolognese, in denen Kohlstreifen die Pasta ersetzen oder die geschmorten Kohlsteaks mit Fenchel, die ich unten näher vorstelle.
Die Rezepte setzen auf die typischen Aromen und Zutaten Osteuropas – Sauerrahm und Dill sollte man mögen – tragen aber immer auch die typische Handschrift der Autorin. Und man merkt, dass Essen und Kochen für Alissa Timoshkina mehr ist als nur Nahrungsaufnahme, es ist auch Mittel zur Verständigung – zwischen den Generationen einer Familie und auch zwischen den Gemeinschaften dieser Welt. Und so legt sie auch großen Wert darauf, uns die kulturelle Hintergründe der einzelnen Gerichte näher zu bringen; zu jedem Rezept gibt es eine entsprechende Vorrede.
Noch ein paar Worte zu den äußeren Werten: das ist ein Buch, in dem man gerne blättert. Das Layout ist hübsch und die Rezepte sind übersichtlich in Spalten gehalten. Das Papierfarbe ist bei jedem Kapitel eine andere und die Fotos stellen das Essen in den Vordergrund.
Schon mal ausprobiert:

Die Paprika werden mit einer Mischung aus Reis und Pilzen gefüllt – für Biss sorgen Pinienkerne – und in einer Tomaten-Sauerrahmsauce geschmort. Sehr fein.

Ich hatte noch Pilze übrig; die habe ich schnell eingelegt mit Essig, Schalotte, Fenchelsaat, Nelken und Knoblauch.

Das sind Tschebureki, gefüllte, frittierte Fladenbrote. Die bekannteste Version ist die mit Zwiebeln und Hackfleisch, hier gibt es eine vegetarische Variante mit Karotten und Linsen, apart gewürzt mit Koriander, Kreuzkümmel und Rauchpaprika.

Das sind Weißkohl und Fenchel, geschmort in einer Sauerrahmsauce. Vorbild ist das ungarische fözelék, aber hier wird das Gemüse in Steaks geschnitten und die Beilage zum Hauptgericht befördert.

Tabani sind fluffige Pfannkuchen mit einem Belag aus gebratenen Pilzen. Dazu gibt es einen einfachen Dipp, der Ähnlichkeit mit einer Béchamel-Sauce hat.

Das ist Resteverarbeitung, die Spaß macht: etwas Karotte und Paprika wurden mit geräuchertem Paprika und Frischkäse zu einem schönen Brotaufstrich.

Für die ukrainischen Kartoffelküchlein wird ein Kartoffelteig mit geschmortem Weißkohl gefüllt und in der Pfanne gebraten. Die Küchlein sind leicht herzustellen, außen knusprig und innen weich, eine Empfehlung.
Fazit:
Gemüsekochbücher gibt es viele, aber dieses hier ist ein besonderes: es stellt uns nicht nur Rezepte mit den beliebtesten osteuropäischen Gemüsesorten vor, sondern erzählt auch Geschichten und schafft Verbindungen.
- Herausgeber: Dorling Kindersley
- Sprache: Deutsch
- Gebundene Ausgabe, 224 Seiten
- ISBN: 978-3831051793
- € 29,95

Das Buch muss ich haben! Das klingt total verführerisch. Und ja, Kohl und Co sind Stiefkinder in der Küche – und dabei so lecker!
Die tradiotionellen Gemüse haben oft so einen Langweiler, gut, dass sich das gerade ändert.
[…] Für mehr osteuropäische Gemüseküche. Magentratzerl bespricht das Buch Kapusta. […]