Kochbuch: Aromen – Das Kochbuch | Heiko Antoniewicz

Dass ich eine Bewunderin von Heiko Antoniewiczs bin, habe ich ja schon öfter erzählt – hier zum Beispiel und auch hier. Und auch eines seiner Bücher habe ich Euch bereits vorgestellt – nämlich das zum Thema Umami. Auf seine neues Buch, das ich Euch heute vorstelle, habe ich mich sehr gefreut – und (Achtung Spoiler) ich wurde nicht enttäuscht.

Auch wenn es das hier schon öfter gab, ein paar kurze Worte zur Person: Heiko Antoniewicz wird von Kollegen gerne auch mal “der Professor” genannt. Er kocht, das ist klar, aber er analysiert auch gerne  und möchte wissen, was für chemische und physikalische Vorgänge beim Kochen stattfinden und wie man sie nutzen kann, um die erwünschten Geschmackserlebnisse zu bekommen. Er tauscht sich dafür nicht nur mit Kollegen aus, sondern schaut auch gerne über den Tellerrand und unterhält sich mit Menschen aus anderen Disziplinen. Ein Restaurant gibt es da nicht – es gibt (in besseren Zeiten) Workshops  in Europa und Asien, außerdem Produktentwicklungen, einen Online-Shop und Catering. Und es gibt Bücher. Den Büchern ist gemein, dass sie sich jeweils fundiert mit einem bestimmten Thema auseinandersetzen – das passt nicht nur gut zum Professoren-Image, sondern ist auch lehrreich und spannend.

Diesmal dreht sich alles um das Thema Flavour Pairing, also darum was für Aromen wir kombinieren können, um tolle Geschmackserlebnisse zu erzielen. Das Buch möchte ermutigen, auch mal Aromen und Lebensmittel zusammen zu benutzen, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen, bei genauerem Hinschauen aber ganz neue Geschmackshorizonte eröffnen.

Aber von vorn: da gibt es keine klassische Gliederung nach Vorspeise, Hauptgang und Dessert, das kann man sich aus den Rezepten nach Gusto zusammenstellen. Nach einer Einführung in die Idee des Buches und einigen Grundrezepten gibt es Gemüse, Fisch, Fleisch und Frucht. Ich habe da noch eine ziemliche Liste an Gerichten, die ich ausprobieren möchte. Die Maisblini mit Ahornsirup-Lachstatar und süßer Sojasauce zum Beispiel, die salzige Lorbeer-Panna-Cotta mit Vanillelauch oder den Schokoladenschaum mit Erdbeertatar und Forellenkaviar.

Klingt ambitioniert? Nun, das sind alles Gerichte, die sehr gästetauglich sind und Eindruck hinterlassen. Ein Ziel des Buches ist es aber, dass alles in der heimischen Küche gut umsetzbar ist. Und das funktioniert. Einen gut ausgestatteten Gewürzschrank sollte man haben und es sollten nicht die allerersten Gehversuche in der Küche sein, aber im übrigen sind die Zutatenlisten übersichtlich und auch die Arbeitsschritte. Und alles ist klar und nachvollziehbar erklärt. Man braucht hin und wieder etwas Zeit, aber kein besonderes Equipment. Wenn ich mir die Teller anschaue, die da präsentiert werden, war ich hin und wieder überrascht, wie stressfrei das zuzubereiten war.

Um tolle Ergebnisse zu erzielen, muss man sich nicht nur auf die vorgestellten Rezepte verlassen. Es gibt auch beispielhafte Aromenportraits zu den Geschmacksrichtungen bitter, salzig, süß und sauer: genaue Beschreibungen der Aromen, Kombinationmöglichkeiten, wie man sie ergänzend einsetzen oder mit ihnen Kontapunkte setzen kann und Vertreter ähnlicher Geschmacksbilder machen es einem möglich, selbst Aromen bewußt einzusetzen.

Nehmen wir den Kaffee als Beispiel. Der steht für – nein, nicht für die Geschmacksrichtung bitter. Das ist tatsächlich Rosmarin. Kaffee wird als Allrounder eingeordnet, der jeden Geschmack potenziert, sofern er mit Bedacht eingesetzt wird. Kaffee hat mehr als 800 Aromenbestandteile und je nach Bohne, Röstung und Zubereitungsart ist das Aromenpotiential ganz unterschiedlich. Kaffee ergänzt also nicht nur Süßes, sondern hilft auch Blumenkohl und Fisch auf die Sprünge oder einer Tomatensauce.

Noch ein paar Worte zur Aufmachung: die ist ebenso hübsch wie übersichtlich. Bei den Rezepten stehen in einer Spalte die Zutaten, in einer zweiten die Arbeitsanweisung. Zu jedem Rezept gibt es ein ganzseitiges Foto. Und diese Fotos von Vivi d’Angelo sind kongenial – sie setzen ganz fokussiert das jeweilige Gericht in Szene; man kann sich richtig gut vorstellen, was einen erwartet.

Das ist gerösteter Spargel mit Lauchchutney, einer Eigelbcreme und etwas gedünstetem Lauch. Der Spargel wird mit gelben Senfkörner gebraten und mit einem süß-sauer-scharfem Lauchchutney serviert. Und statt Hollandaise gibt es eine Eigelbcreme: dafür werden Eigelbe eingefrorren, wieder aufgetaut und dann mit etwas Joghurt gemixt. Das ist ergibt eine wunderbar cremige Konsistenz.

Das Rezept für gedämpften Heilbutt mit Kohlrabi, Kamillensud und Estragon lässt bewusst Spielraum für die Aromen, die beim Dämpfen verwendet werden – ich habe Fenchelsaat und Zitronenschale verwendet. Serviert wird alles auf einer Sauce, die mit Kamille aromatisiert und mit Butter aufmontiert wird. Ich war nicht glücklich – für mich hatte der Fisch zu viel Hitze abbekommen und die Sauce hätte ich sämiger gewollt. Aber bei allen anderen war der Jubel groß.

Ich hatte noch Knollensellerie im Kühlschrank, der wurde zu geröstetem Sellerie mit Kaffee glasiertem Apfel. Die Äpfel werden mit etwas Butter und Apfelsaft glasiert und der Sellerie gart nach dem Anrösten in einem Sud aus Brühe, Kaffee und Ketjap Manis. Eine geniale Zubereitung, besonders der Kaffee sorgt nochmal für besondere Aromatiefe.

So, Nachtisch. Das hier ist ein Sauerkirschparfait. Serviert wird es auf einem Coulis von roter Paprika, dazu gibt es einen Tonkabohnenschaum. Die Komponenten harmonieren perfekt, gerade der Coulis passt wunderbar. Die einzelnen Komponenten lassen sich gut vorbereiten und im letzten Moment auf den Teller bringen, das ist sehr entspannt.

Für den Hühnerfond mit Kakao und Aprikosen wird eine Brühe aus Hühnerflügeln gekocht. Das Fleisch landet zusammen mit Aprikosen und Kakao in kleinen Knödeln, die Haut wird getrocknet und knusprig gebraten. Auch das ist wunderbar ausgewogen: salzige, heiße Brühe, kühle, weiche, süße Knödel und knusprige Hühner-Haut. Die Vorbereitung dauert etwas, aber das ist alles Wartezeit. Letztendlich ist da nichts kompliziert.

Fazit:

Ich habe mich nicht umsonst auf dieses Buch gefreut und möchte es jedem ans Herz legen, der Freude an spannenden Aromen-Kombinationen hat und neugierig auf Neues ist. Dann ist das eine richtige Schatzkiste. Kocherfahrung sollte man schon mitbringen, aber dann sind die Rezepte gut umzusetzen.

Eine tolle Buchvorstellung findet Ihr auch noch hier bei der Turbohausfrau.

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2 Kommentare

  1. Du schreckst ja auch vor nix zurück ;))!
    Wie immer tolle Buchvorstellung und deine Begeisterung kommt greifbar rüber! Ketjab Manis – noch nie gehört. Da bin ich gespannt auf dein ausführliches Rezept!
    Schönen SO!

    • Auch wenn ich normalerweise etwas „einfacher“ koche, ich bin bekennender Antoniewicz-Fan. Er hat geniale Ideen, und er ist sehr zugänglich und erklärt das gerne.
      Ketjab Manis ist süße Sojasauce, wie sie in Indonesien gerne verwendet wird, die kauft man am besten im Asia-Shop. Eine Thai-Variante gibt es auch.

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