Kochbuch: Japan Easy Vegan | Tim Anderson

Von Tim Anderson kann man wirklich sagen, dass er für die japanische Küche lebt. Geboren in Wisconsin, war er früh fasziniert von der japanischen Esskultur, studierte „Japanese Food History“ am College und lebte schließlich zwei Jahre in Japan. Seit 2015 betreibt er das Restaurant Nanban in London, in dem er japanische Hausmannskost serviert. Dies hier ist bereits sein viertes Buch über die japanische Küche.

Tim Anderson lebt nicht vegetarisch und schon gar nicht vegan. Ihm fiel aber auf, dass er nach langen Tagen im Restaurant abends zuhause zufällig vegan kochte, weil die Zutaten besser haltbar waren. Dabei verlies er sich auf japanische Küchen- und Würztechniken und merkte, dass Fleisch und andere tierische Zutaten unnötig werden, wenn man mit umami-reichen Zutaten wie Shiitake oder Miso kocht.

Entsprechend beginnt das Buch mit einem feurigen Plädoyer für Umami, das ich nur unterschreiben kann. Dann geht es an die Rezepte, unterteilt in Basisrezepte für Gewürze, Saucen und Dressings gefolgt von kleinen Gerichten, Hauptgerichten, großen Reis- und Nudelgerichten und Süßem und Drinks. Die Rezepte sind eine wirkliche Fundgrube; in meinem Buch kleben noch viele Zettelchen. Die Süßkartoffeln mit getrüffeltem Ponzu muss ich ebenso noch probieren wie die in Teryaki-Sauce gegrillten Karotten, den Mapo-Tofu mit Getreide oder die französischen Zwiebel-Ramen.

Die Rezepte sind nicht unbedingt japanische Küche in Reinkultur, man merkt es ja schon an den Gerichten, die ich oben aufgezählt habe. Man merkt ihnen aber deutlich an, dass Tim Anderson die japanische Küche verehrt, sie verstanden hat und manche Ideen eben schlicht weiter entwickelt. Ich würde sie deshalb tatsächlich als authentisch bezeichnen. Anderson ist mit großer Leidenschaft bei der Sache, das merkt man nicht nur an den Rezepten, sondern auch an der Art, wie er sich beschreibt. Das merkt man alleine schon an seinem Rant zum Thema Katsu-Sauce: Katsu ist ein paniertes Schnitzel, aus was auch immer. Dazu gibt es eine braune Sauce. In Großbritannien hat sich aber das Begriff „katsu-sauce“ für Currysauce etabliert, das ist unerträglich, findet Tim Anderson; in etwa so, als würde man zu einer Pizza Pastete sagen.

Japan Easy heißt das Buch, und es stimmt, die Gerichte sind nicht schwierig nachzukochen. Dazu trägt auch bei, dass die Rezepte ausnahmslos wunderbar erklärt sind. Für einige Zutaten lohnt sich der Gang in den Asia-Shop und da trifft es sich gut, dass in einer ausführlichen Warenkunde nicht nur die Produkte erklärt werden, sondern auch, wofür man sie benutzen kann, wenn man nicht japanisch kocht.

Es macht übrigens Spaß, in diesem Buch zu lesen. Tim Anderson hat einen lässigen Schreibstil, der mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht hat. Ein wenig unpraktisch ist die Lässigkeit bei der Beurteilung des Schwierigkeitsgrades der Gerichte – da bin ich mir nicht sicher, ob Formulierungen wie „knifflige kleine Dinger, aber nicht das was ich schwierig nennen würde“ oder „Eintopf ist immer einfacher als zwei Töpfe“ Ratsuchenden wirklich weiter helfen.

Noch ein paar Worte zur Optik – da ist das Cover Programm. Das Layout ist ein bisschen verspielt mit farblich unterlegten Seiten und putzigen Grafiken. Die Rezepte sind übersichtlich dargestellt zwei Spalten für das Rezept. Nicht zu jedem Gericht gibt es ein Foto, aber wenn, dann sind sie appetitlich und auf das Essen konzentriert.

Ich habe schon mal was ausprobiert:

Radieschen waren in der Abokiste und ich habe sie eingelegt, und zwar mit Yuzu-Saft, Essig, Sake und Salz. Tim Anderson sagt, das riecht merkwürdig und schmeckt unglaublich gut – stimmt beides. Die Radieschen bleiben knackig und sind herrlich sauer und erfrischend.

Ok, Beichte. Dass ich eine Vorliebe für Kare Raisu habe, habe ich schon demonstriert und selbstverständlich gibt es auf dem Blog die schicke, von A bis Z selbstgekochte Version. Aber wenn schnelles Comfort Food angesagt ist, benutze ich auch mal diese Curry-Blöcke, die es im Asia-Shop gibt. Oder besser gesagt, ich habe sie benutzt, denn ab jetzt habe ich immer einen Notvorrat dieser Grundmasse in der Tiefkühle.

Und wenn man einen Vorrat an Curry Roux hat, dann kann man recht fix Curry-Udon auf dem Tisch. Basis ist eine dickliche Suppe mit Dashi und Curry Roux, dazu gesellen sich Udon, blanchiertes Gemüse und rosa eingelegter Ingwer.

Teigtaschenrezepte muss ich ja ausprobieren. Diese Gyoza sind gefüllt mit Tofu und Kimchi. Die Füllung ist toll, sie hat genau die richtige Balance zwischen dem bissigen Kimchi und dem milden Tofu. Die Bratanleitung ist sehr gut. Aber den Teig mache ich nicht nochmal. Der ist sehr, sehr fest, das war eine Plackerei beim Ausrollen. Und obwohl ich ihn sehr dünn ausgerollt habe, wurde er beim Garen nicht so seidig und durchsichtig, wie es eigentlich sein sollte.

Nabe sind herzhafte Eintopfgerichte. Tradtionell werden sie im Tontopf gegart und zwar im Gaskocher auf dem Tisch. Alle essen zusammen und bedienen aus dem Topf, wobei auch nach und nach weitere Zutaten zugegeben werden können. Basis ist eine herzhafte Brühe. Hier besteht sie aus Dashi, Miso, Sake und Mirin. Im Eintopf landen Kimchi, Tofu, Lauch und Shiitake. Ein tolles, aromatisch Essen, das es bestimmt nicht zum letzen Mal gegeben hat.

Ich habe meist ein Glas Salatdressing auf Vorrat im Kühlschrank, und so habe ich es auch mit dem Wafu (= japanischen) Salatdressing gemacht. Zwiebel, Sojasauce, Mirin, Reisessig und Sesam geben ein sanftes, aromatisches Dressing das zu allem möglichen passt, nicht nur zu japanischen Gerichten. Hier sieht man es auf Gurke, aber ich habe auch im Ofen geröstetes Gemüse damit aufgemöbelt.

Mandelgelee ist ein chinesischer Klassiker, der auch in Japan gerne auf den Tisch kommt. Original wird es mit einem Pulver aus gemahlenen Aprikosenkernen hergestellt; Tim Anderson behilft sich mit Mandelmilch, Bittermandelaroma und Agar-Agar. Serviert wird das Gelee mit einem Sirup aus braunem Zucker und eigentlich auch mit Mango, da habe ich keine gute bekommen. Die Schichten haben sich bei mir leider vermischt, aber geschmeckt hat es sehr gut.

Knusprige Shichimi-Schokolade ist japanisch-westliche Coproduktion: dunkle Schokolade wird geschmolzen, mit zerkrümelten Cornflakes gemischt, dünn ausgestrichen und mit Shichimi-Togarashi und Salzflocken bestreut. Die so entstandenen dünnen, knusprigen und leicht scharfen Täfelchen sind toll.

Fazit:

Mir macht dieses Buch großen Spaß – ich mag die Rezepte, die einfach und authentisch im besten Sinne sind. Dass sie zufällig auch vegan sind, ist eher ein Nebeneffekt, und damit hat Tim Anderson sein Ziel erreicht. Und Lesespaß gibt es oben drein.

  • Herausgeber : Südwest Verlag
  • Sprache : Deutsch
  • Gebundene Ausgabe : 208 Seiten
  • ISBN-10 : 3517099716
  • € 32,00
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