Kochbuch: Vitamin V | Matthias Biehler

Heute habe ich ein besonderes Kochbuch für Euch – wobei – eigentlich ist es kein Kochbuch, sondern ein Lehrbuch und Nachschlagewerk. Das Besondere dabei: das Buch konzentriert sich ausschließlich auf vegetarische und vegane Küche.

Verfasst hat das Buch in jahrelanger Arbeit Matthias Biehler. Der gelernte Koch hat in vielen Restaurants gearbeitet, in Sterneküchen, in vegetarischen und Bio-Restaurants. Er hat es gerne praktisch und hat deshalb auch mobile, faltbare Möbel für die Gastronomie entwickelt. Ärgerlich findet er als langjähriger Vegetarier, dass in der klassischen Kochausbildung der Focus immer noch stark auf Fleisch und Fisch gelegt wird und so setzt er sich dafür ein, dass sich das ändert. Womit ich auch wieder beim vorliegenden Buch wäre.

Fünf große Kapitel weist „Vitamin V“ auf: Zutaten, Technik, Gartechnik, ein Gerichte-ABC und das Kapitel Backstage. Gemeinsam ist allen Kapiteln die Struktur: um Wiederholungen zu vermeiden, ist alles nach einem Baukasten-Prinzip aufgebaut. Man braucht Zutaten, die dann mit Hilfe von Technik in fertige Gerichte verwandelt werden. Infos, die für mehrere Punkte eines Kapitels gelten, sind vorweg unter „Generelles“ zusammengefasst. Für Übersichtlichkeit sorgt ein Farbcode, der einen gut durch die Kapitel führt. Zudem gibt es extrem viele Querverweise, das sind kleine, ebenfalls farblich codierte Seitenzahlen, die uns zu den entsprechenden Stichworten führen. Wenn also zum Beispiel Pektin vorgestellt wird und da erwähnt wird, dass es mit Stärke verwandt ist, gibt es einen Querverweis auf das Kapitel Stärke.

Ich stelle Euch die einzelnen Kapitel kurz vor,  wobei ich da tatsächlich nur an der Oberfläche kratzen kann: das Buch ist nämlich extrem umfangreich und detailliert. Den Anfang macht eine sehr ausführliche Warenkunde: von Gemüse über Samen, Getreide und Mehl,  Wasser (!) und  Milchprodukten bis hin zu Zucker, Aromazutaten und Hilfsmitteln wie Bindemitteln oder Triebmitteln findet man genaue Zutaten-Porträts und detaillierte  Hinweise für Einkauf, Lagerung, Haltbarkeit,Vorbereitung und Zubereitung. Auch so manches Rezept versteckt sich in diesem Teil, zum Beispiel für die Herstellung von Seitan und Tofu.

Wenn wir alle Zutaten zusammen haben, geht es ans Technische. Von Abbrennen bis Zerkleinern wird erklärt, was die einzelne Technik ist, für welche Zutaten sie geeignet ist und welche Geräte man dafür benötigt. Den Abschluß macht jeweils eine Schritt-für-Schritt-Anleitung.

Die Gartechniken haben ein gesondertes Kapitel bekommen. Es werden nicht nur einzelne Techniken vorgestellt, z.B. Garen mit Wasser  oder mit Fett, es gibt auch eine Übersicht über wichtige Temperaturmarken, und ein kleines Lexikon rund um das Garen.

Der Rezeptteil ist  – ganz Nachschlagewerk – nach Techniken strukturiert, und so findet sich zum Beispiel im Kapitel „Sauce – Bindung mit Ei“ eine Zabayone ebenso wie eine Hollandaise. Zuerst wird Grundsätzliches erklärt, dann gibt es beispielhafte Rezepte, an denen man die Grundsätze ausprobieren kann.

Backstage schließlich gibt es allgemeines Hintergrundwissen – was ist al dente, enzymatische Bräunung, welche Küchen-Epochen gab es, wie nehmen wir Essen wahr und vieles mehr.

Lehrbücher können sehr trocken sein, selbst wenn einen das Thema sehr interessiert. Dieses hier ist locker geschrieben, es macht Spaß, darin zu lesen.

Eines gibt es nicht in Vitamin V – nämlich Bilder; es ist ein Lehrbuch, das Wissen vermittelt. Ich weiß, dass viele Wert auf Bilder legen – aber hier habe ich sie nicht vermisst. Das Buch ist hochwertig gestaltet – Leineneinband, Fadenheftung, 3 Lesebändchen – und eine Zierde im Bücherregal – hier könnt Ihr einen Blick hinein werfen. Da könnt Ihr auch sehen, wie übersichtlich das Layout gestaltet ist.

Wie gesagt – das Buch ist ein Lern-und Nachschlagewerk; die vorgestellten Rezepte sind eher erweiterbare Grundrezepte und Beispiele für die Anwendung von Kochtechniken. Ein paar davon habe ich ausprobiert:

Seitan-Gulasch aus dem Kapitel Gulasch, Ragout, Frikassee: alles drei sind stückige Zutaten, die in einer Sauce serviert werden, auch auf die Unterschiede wird eingegangen, insbesondere darauf, dass ein Frikassee typischerweise in heller Sauce daher kommt. Das Seitangulasch besteht aus Wurzelgemüse (ich habe eine Paprikaschote eingeschmuggelt) und Seitan, geschmurgelt in einer  Sauce auf der Basis von Gemüsebrühe, die dank Tomatenmark, Essig und Sojasauce richtig schön deftig ist.

Die Schaumsuppe vom Kopfsalat ist ein Beispiel für gebundene Suppen. Basis ist eine Mehlschwitze, die mit einigen Salatblättern und etwas Zwiebel gut durchgekocht wird. Frische, mitgemixte Salatblätter sorgen dann für eine schaumige, frische Suppe.

Käse-Windbeutel aus dem Kapitel über Brandmasse – einwandfrei herzustellen und eine schöne Knabberei zum Wein.

Sülze kenne ich aus meiner Kindheit als deftiges Gericht – die vegetarische, genauer: vegane Variante besteht aus mit Balsamico abgeschmeckter Gemüsebrühe und einer Einlage von Pilzen. Geliert wird mit Agar-Agar.

Fazit:

Vitamin V ist ein präzises, detailliertes Lehrbuch für die Küche, das sich an Anfänger genauso richtet wie an Profis. Es ist übersichtlich und klar strukturiert und als Lehrbuch ebenso geeignet wie als Nachschlagewerk.

Wer sich einen noch genaueren Überblick verschaffen will, findet die Inhalte des Buches hier auch online.

  • Gebundene Ausgabe
  • Verlag: flix GmbH
  • ASIN: B07M64KJLJ
  • 89,00