Kochbuch: Essig und Shrubs selbst gemacht | Elisabeth Engler

Mein Verhältnis zu Essig war nicht immer das Beste. Gut, genaugenommen fand ich Essig furchtbar. Das lag wohl daran, was seinerzeit so verwendet wurde – das nehme ich heute höchstens noch zum Entkalken ;-). Ein bisschen geprägt war meine Abneigung auch durch diese labbrigen, essiglastigen Salate, die es im Wirtshaus immer gab. Als ich anfing zu kochen, habe ich lange Zeit nur Zitronensaft verwendet, dann durfte Apfelessig einziehen. Und nachdem ich verstanden hatte, dass Essig nicht gleich Essig ist, ist er aus meiner Küche nicht mehr wegzudenken. Nicht für Salatdressings, sondern auch überall da, wo ein Spritzer Säure einem Gericht gut tut. Oder als erfrischendes Getränk im Sommer.

Wenn man die Vielfalt der Essigsorten so richtig geniessen möchte,  liegt es nahe, sich selbst an der Herstellung von Essig  zu versuchen. Dabei hilft dieses Buch. Es ist grob unterteilt in fünf Bereiche:

Essig-Basics

Es gibt eine kleine kleine Einführung zum Thema Essig – Herstellung, Sorten, gesundheitliche Vorteile und Inhaltsstoffe sowie Tipps zum Ansetzen von Aroma-Essig. In diesem Kapitel wird auch erklärt, wie man Essig selbst herstellen kann; es gibt ein Grundrezept für Weinessig, für den man zunächst eine Essigmutter benötigt, sowie Rezepte für Apfel- und Birnenessig.

Essig mit Aroma

Dann folgen zwei Kapitel, die sich mir dem Aromatisieren von (gekauftem oder selbst herstelltem) Essig befassen. Da gibt es zunächst mit Früchten oder Blüten aromatisierte Essige und dann solche, die von Kräutern oder Gewürzen profitieren dürfen. Da locken süßer Aprikosenessig (mit getrockneten Aprikosen), Frühlingsblütenessig,  Hagebuttenbalsam oder Tomatenessig. Im Gewürzteil gibt es unter anderem einen Amaro-Essig mit verschiedenen herben Gewürzen und Kräutern, eine Mischung mit Zitronengras, Ingwer und Koriander, die zu Gerichten mit asiatischer Note passt, aber auch Fischessig, der an „Karpfen blau“ erinnert oder Salbeiessig.

Essig zum Trinken

Die letzten beiden Kapitel widmen sich Shrubs und Cocktails. Shrub kommt wohl vom arabischen „sharab“, was „trinken“ bedeutet. Es handelt sich im Prinzip um Sirup auf Essigbasis, dem die verschiedensten aromatischen Zutaten zugesetzt werden können. Mit etwas Wasser aufgespritzt ergibt das Ganze dann ein herrlich erfrischendes Getränk oder mit Sekt einen ungewöhnlichen Aperitif. Da gäbe es zum Beispiel Himbeershrub mit Sherryessig und Ingwer, Pfirsich-Earl-Grey-Shrub oder auch Schokoladenbalsam-Shrub. Schließlich gibt es noch einige Rezepte für Cocktails, in denen die vorher vorgestellten Shrubs verwendet werden.

Vielfalt im Essig-Regal

Die Rezepte im Buch sind sehr vielfältig; es ist für jeden Geschmack und jeden Verwendungszweck etwas dabei. Zu jedem Rezept ist beschrieben, wie der jeweilige Essig  schmeckt und wozu er besonders gut passt. Es ist auch immer angegeben, wie lange Arbeits- und Ruhezeit sind und wie viel Ausbeute man hat. Oft gibt es auch zusätzliche Tipps. Die Rezepte haben oft einen schönen Twist, der für ein schönes Ergebnis sorgt.

Und die Optik?

Das ist ein schmales, hochformatiges  Taschenbuch; auf den knapp 100 Seiten sind 65 Rezepte versammelt. Die einzelnen Kapitel sind an den Seitenrändern farblich hinterlegt; die Kapitel sind dann in den gleichen Farben gehalten; das ist schön übersichtlich. Von vielen Rezepten gibt es Fotos; sie sind manchmal ganzseitig, manchmal in die Rezepte eingebunden.

Schon mal ausprobiert:

Ich habe versucht, Weinessig zu machen. Sagen wir mal so….die Versuche laufen noch. Das Ganze ist … ein weites Feld und nicht einfach, was nicht an der Anleitung im Buch liegt, sondern schlicht daran, dass der Wein, den man kauft, geschwefelt ist, um eben genau zu verhindern, dass er zu Essig wird. Wie stark die Schwefelung ist, kann man eher nicht herausfinden, und so ist das Ganze eher ein Glücksspiel. Ich arbeite daran.

Für den Provence-Essig landen Kräuter wie Rosmarin, Thymian und Lorbeer im Glas, dazu gesellen sich Zitronenschale, Pfeffer und Knoblauch. Das Ganze badet zwei Wochen in Condimiento bianco, und danach ist ein Ansatzessig fertig, der die Aromen Südfrankreichs wunderbar einfängt.


Der erste Shrub, den ich ausprobiert habe, ist einer mit Kaffee und Kardamom. In der Kombination mit der Essig-Basis klingt mag das seltsam klingen, aber es fügt sich alles zu einem harmonischen Ganzen. Ich mag den Shrub gern, um die Lebensgeister in der Mittagszeit wieder zu wecken; aber er eignet sich auch gut zum Mixen von Cocktails.

Der Dattelessig hat im Ergebnis etwas Ähnlichkeit mit dieser Balsamico-Creme, die man überall kaufen kann. Für die Herstellung werden Datteln mit Balsamico püriert, dazu kommt noch etwas Limettenabrieb und Kardamom. Nach einer Ruhezeit werde die festen Bestandteile abgesiebt. Der Essig passt gut zu Salat, aber auch zu Desserts und kann mit Mineralwasser oder Prosecco verdünnt als Aperitif genossen werden.

Fazit:

Wenn man Essig mag und richtig Lust auf Vielfalt hat, dann hat man Spaß an diesem Büchlein. Es gibt schöne Ideen und gut umsetzbare Rezepte, die gerne auch mal etwas ungewöhnlicher sind.

  • Taschenbuch: 96 Seiten
  • Verlag: Riva 
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 978-3742305268
  • 9,99

8 Kommentare

  1. Das sind vor allem fränkische oder nordbayerische Salate mit zu viel Essig, finde ich… Der Landstrich mag das wohl; die traditionellen Landgasthäuser haben früher viel so gewürzt und tun das zum Teil heute noch.
    Ansonsten geht’s mir wie Dir, auch gerne Zitrone, aber inzwischen bekommt man zum Glück auch gute Essige zu kaufen. Ein interessantes Thema; das Buch klingt gut.

    • Ja, ich habe neulich erst mit Schrecken festgestellt, dass es ihn noch gibt, den bayrischen Wirtshaussalat, immer noch genauso grauslig wie früher. Es ist die Kombination von billigem Essig und labbrigem Salat, puh…..

  2. Shrubs scheinen gerade im Trend zu liegen. Zumindest bin ich erst vor wenigen Tagen zum ersten Mal über drinkbare Shrubs gestolpert. Bisher kannte ich den Begriff nur als strauchartige Pflanze. Ein weites und spannendes Feld zum Experimentieren! Auch die Möglichkeit, Essig zu aromatisieren, fand ich schon immer spannend. Über Holunderessig bin ich allerdings nicht hinaus gekommen, denn meine Küche setzt enge Grenzen hinsichtlich Lagerkapazität. 🙂

    • Shrubs kenne ich schon länger, die sind wirklich eine willkommene Abwechslung im Getränkeregal. Grade, wenn es so heiß ist.
      Und aromatisierter Essig ist auch toll; Holunder mache ich immer, aber Himbeer ist auch toll. Das Problem: es gibt so viele Möglichkeiten, ich muss mich immer zusammenreissen, sonst habe ich im Nu mehr Essig, als ich in diesem Leben aufbrauchen kann. Da ist es gut, dass so ein Fläschchen auch gut verschenkt werden kann….

  3. Das klingt grade so als ob ich Spaß dran haben könnte- vielleicht ist es also ganz gut dass mir die Zeit fehlt. Übrigens besaß ich mal eine Essigmutter, die sich ganz von selbst in einer nicht ausgetrunkenen Weinflasche gebildet hatte. Leider ein einmaliges Ereignis…

    • Das macht auch Spaß, man muss aber aufpassen, dass einem die Vorräte nicht über den Kopf wachsen.
      Eine Essigmutter habe ich aus unpasteurisiertem Apfelessig gezogen. Ob sie dann auch den Wein in Essig verwandelt, das muss sich noch zeigen…

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