Kochbuch: Celebrating Whole Food | Amy Chaplin

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Nun ist ja wirklich ganz bald Weihnachten. Und deshalb habe ich, quasi auf den letzten Drücker, in den nächsten Tagen noch zwei Buchvorstellungen für Euch. Es sind ganz unterschiedliche Bücher – aber beide kann ich bestens Gewissens empfehlen und beide sind tolle Weihnachtsgeschenke. Fangen wir also an:

Vollwertküche – erinnert Ihr Euch noch an die Anfänge? Ich schon. Das muss in den Achtzigern des letzten Jahrhunderts (oh, je….des letztes Jahrtausends…) gewesen sein. Meine Mutter war infiziert und belegte einen Kurs an der örtlichen Volkshochschule. Unvergessen ist mir bis heute die Rohkostplatte mit Kichererbsen. Und ich meine das nicht im positiven Sinne. Wir waren alle froh, als die Phase wieder vorbei war.

Glücklicherweise ist die Zeit nicht stehen geblieben. Vollwert-Ernährung gibt es noch, aber in weitaus appetitlicheren Varianten als es die Anfänge es befürchten ließen. Heute gibt es eine Bewegung, die sich der vollwertigen Ernährung verschrieben hat und die es schafft, das mit genüßlichem Essen in Einklang zu bringen. Angela Liddon ist eine Berühmtheit auf diesem Gebiet, Sarah Britton und Ella Woodward stehen ihr in nichts nach. Und Amy Chaplin gehört auch dazu.

Von vorne: Amy Chaplin wurde in Australien geboren. Am Anfang des Buches erzählt sie von Ihrer Kindheit, und das klingt im Grunde schon übermäßig idyllisch: Haus aus selbst hergestellten, sonnengebrannten Lehmziegeln, Babybad in der Küchenspüle, eigene Bienen, selbstgemachter Tofu….letztendlich hat das alles dazu beigetragen, dass Amy Chaplin bestrebt ist, aus naturbelassenen Lebensmitteln das Köstlichste herauszuholen. Es geht ihr um nachhaltige, gesunde Ernährung – und um den größtmöglichen Genuss. Heute lebt sie in New York und wird konsultiert von Personen wie Natalie Portman oder Liv Tyler.

Und nun liegt also ihr Buch vor mir. Schön ist es geworden. Ein dicker Band mit hochwertiger Fadenheftung und Lesebändchen. Ein klares Layout lädt zum Schmökern ein. Es gibt viele Fotos von den vorgestellten Gerichten und von Grundprodukten – die sind hübsch, stellen aber ganz klar das Essen in den Vordergrund. Nicht jedes Rezept hat ein Foto bekommen, aber ich muss das auch nicht haben.

Jetzt zum Inhalt: Amy Chaplin präsentiert uns mehr als „nur“ ein Kochbuch mit Rezepten. Ich würde von einem Kompendium sprechen. Grob unterteilt ist das Buch in zwei Bereiche: in „Vorräte“ und „Rezepte“. Das ist ein wenig irreführend, denn auch im Vorratsteil gibt es eine Menge Rezepte.

Ich fange einfach mal mit dem Vorratsteil an, alleine der hat mich schon ausführlich beschäftigt. Amy Chaplin stellt zunächst ihre wichtigsten Vorräte vor – das ist eine ausführliche Warenkunde über Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse und Saaten, Superfoods (grummel…), Essig und Öl sowie Würzmittel und Gewürze. Auch Gemüse, Kühlschrank und Backvorräte kommen nicht zu kurz. Es gibt ein Kapitel zur Küchenausrüstung, das ist angenehm unprätentiös. Ein Wort aber: es wird ein Wasserfilter vorausgesetzt; alle Rezepte  werden mit gefiltertem Wasser gekocht. Das mag in den USA, wo das Leitungswasser gechlort ist, nötig sein. Hierzulande hat das Wasser aus der Leitung eine gute Qualität und man kommt gut ohne Filter zurecht.

Es gibt genügend Rezepte im Vorratsteil des Buches: Im Kapitel „Mit Vorräten kochen“ findet man einfache Rezepte wie Buchweizen mit Zwiebeln, zitronenmarinierte Linsen, geröstete Nüsse oder geröstetes Gemüse. Dann gibt es ein Kapitel mit Grundrezepten: Hirse-Blumenkohlstampf findet man da, schnellen geschmorten Tempeh oder Vollkornfettucine mit Grünkohl, karamellisierten Zwiebeln und mariniertem Zigenkäse. Ein Kapitel mit Würzmischungen wie Miso-Mayonnaise, Currypulver oder selbstgemachtem Tahin fehlt auch nicht.

Der eigentliche Rezeptteil ist strukturiert nach Frühstück, Suppen, Salate, Snacks, Knabbereien und Getränke, Hauptgerichte und Desserts. Es warten Brombeer-Maismehl-Muffins und Kürbisbrot mit Walnuss-Zimt-Wirbel zum Frühstück. Bei den Suppen finden wir Blumenkohl-Selleriesuppe mit gerösteten Shiitake-Pilzen oder Ume-Shiso-Boullion mit Soba-Nudeln. Danach gibt es Salate wie Palmkohlsalat mit cremigem Senfdressing oder Quinoa mit geröstetem Sommergemüse und Harissa-Marinade. Die Snacks und Getränke sind reizvoll: wie wäre es mit Curry-Socca mit Koriander-Kokos-Chutney, Pistzazien-Kürbiskern-Ducca oder Kurkuma-Limonade? Bei den Hauptgerichten muss ich noch das Bohnen-Bourgignon mit Kartoffel-Sellerie-Stampf ausprobieren und die Butternuss-Kürbislasagne mit Vollkornpasta und Salbei-Tofu-Ricotta. Das letzte Kapitel ist für die Süßschnäbel: Es gibt Desserts, Kuchen und Nascheieren. Dunkle Schokoladen-Trüffeltarte mit Paranussboden, Zimt-Karamell-Popcorn oder Earl-Grey-Früchtekuchen warten. Man muss dazu sagen, dass die Patisserie eine Leidenschaft von Amy Chaplin ist, und so sind die Tartes sehr kreativ. Sie kommen ohne Zucker und tierische Produkte aus.

Die Rezepte sind gut strukturiert; es gibt keine Probleme beim Nachkochen. Zu jedem Rezept gibt es eine kleine Vorrede. Oft findet man auch noch zusätzliche Küchentipps, Warenkunde oder grundlegende Techniken zusätzlich erklärt. Es wird angegeben, wieviele Menschen satt werden; wenn ein Gericht vegan ist, ist das auch vermerkt. Abgerundet wird der Rezeptteil durch ein gut aufgebautes alphabetisches Register.

Was es sonst noch gibt: kleine Extrakapitel über Tee, biologische Nahrungsmittel und Entgiftung sowie ein ausführliches Literaturverzeichnis.

In meinem Exemplar kleben noch ganz schön viele Marker, aber eininges habe ich schon ausprobiert:

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Ich esse liebend gerne Seetang. Schon beim ersten Blättern durch das Buch fiel mir der Salat mit Arame und Karotten auf; ich erinnerte mich an meine Vorräte und eilte in die Küche. Der Salat erinnert an einen Klassiker der japanischen Küche, ist fix zubereitet und schmeckt wunderbar ausgewogen.

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Linsensuppe – immer ein schöner Notanker, wenn man nicht viel im Haus hat und einem der Sinn nach Comfort Food steht. So auch hier. Aufgepeppt wird die die Suppe mit Zitrone, das macht sie schön frisch. Im Original kommt Spinat hinein; ich hatte Mangold.

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Die Cracker aus schwarzem Reis und geröstetem schwarzen Sesam sind phantastisch! Gegarter schwarzer Reis wird mit schwarzem Sesam gemixt und dann gebacken. Die Würze kommt von Sojasauce.

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Die Cracker schmecken schon einfach so richtig toll – noch besser wird das Ganze aber natürlich mit einem Dipp. Die Weiße-Bohnen-Artischocken-Aioli besteht aus gegarten Bohnen, Artischocken aus dem Glas und im Ofen gerösteteten Knoblauchknollen. Und: sie macht sich auch gut als Brotaufstrich.

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Nochmal Suppe: diesmal mit Karotten und in scharf. Chili, Kaffirlimettenblatt,  und Zitronengras würzen, die Kokosmilch sorgt für milden Ausgleich. Die Suppe ist cremig und ausgewogen.

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Hirsepilaw mit Zuckermais, Kürbis und tamarigerösteten Kürbiskernen. Nein, das hat uns nicht geschmeckt. Die Hirse war pappig und der Geschmack langweilig; das haben auch die Kürbiskerne nicht geändert. Es wird einfach alles zusammen ohne Anbraten im Topf gegart. Kürzere Garzeit und ein paar Röstaromen hätten nicht geschadet.

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Die Rote-Bete-Taler auf Kichererbsenbasis, die mit Zaziki serviert werden, haben alles wieder wett gemacht. Erdige Bete, Kichererbsen mit Biss, dazu frisches Zaziki, das war gut. Die Taler werden im Ofen gebacken, das ist noch dazu praktisch.

Fazit: Man muss nicht den Lebensplan haben, sich ab jetzt nur noch vollwertig zu ernähren, um dieses Buch zu mögen. Es bietet eine tolle Vielfalt an Rezepten und Ideen an, die Spaß machen und nebenbei halt auch noch gesund sind. Die ausführliche Warenkunde und die vielen Grundrezepte machen das Buch außerdem  zu einem Grundkochbuch, auf das man immer wieder zurückgreifen kann. Wenn schon Vollwert, dann bitte so!

  • Gebundene Ausgabe: 408 Seiten
  • Verlag: Unimedica
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 978-3946566014
  • 34,00

 

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10 Kommentare

  1. Ein tolles Buch, gell? Ich habe es (in der englischen Originalfassung) seit über einem Jahr in meiner Küche und mag es nicht mehr missen. Es ist tatsächlich zu einem echten Nachschlagewerk geworden. Mit dem Pilaw und den Bratlingen ging es mir übrigens wie Dir. Ich kann die Butternut-Lasagne, den Kichererbsentopf und die Chocolate Pots de Crème allerdings wärmstens empfehlen…
    Hab‘ einen schönen vierten Advent!

  2. Hallo,
    ich habe das Buch auch schon mal ausgiebig in der Buchhandlung durchgeblättert und mich reizt besonders der „Thunfisch“-Aufstrich auf Sonnenblumenkernbasis. Würdest du den mal für den Blog nachkochen? 🙂
    Schöne Buchkritik und ein toller Blog
    Cinnamon

    • Ich habe eben bemerkt, dass genanntes Rezept ja aus „My New Roots“ ist und nicht aus diesem Buch. Trotzdem würden mich auch hier Rezeptvorstellungen interessieren. 🙂

      • Freut mich, dass es Dir hier gefällt, danke 🙂 Und siehst du, ich hatte grade mit gerunzelter Stirn das Buch durchgeblättert und nichts gefunden; jetzt ist klar, warum ;-).
        Es gibt hier ein Rezept für karamellisierten Fenchel mit Ahornsirup auf Polenta, das ist aus My New Roots. Zu finden über die Sauchfunktion. Aber es kommt bestimmt auch noch anderes….

  3. Oje, ich erinnere mich nur zu gut an die Vollwert-welle in den 80ern. Meine Eltern schwammen ganz oben mit. So mit Thermo-Grütze und eingeweichten Roggenkörnern als Müsli. Keine Ahnung, ob ich dieses Trauma je überwinden kann. Deine Rezension macht allerdings Hoffnung. 😉

  4. Achja, der Grünkernbratling, der handgestrickte Pullover und Birkenstocks… mich schüttelts immer noch. Und ich glaube nicht dass sich das ändert…. was du schreibst klingt auch nach viel Soja und dergleichen was eh schwierig ist bei mir.

    • Das Buch ist tatsächlich anders. Es liest sich erst mal einfach nur verdächtig gesund; aber die Rezepte sind toll.Viele der Hauptmahlzeiten würde ich als gästetauglich einstufen.

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