Dieser Rezension schicke ich mal eine Warnung voraus…..möglicherweise ist sie etwas parteiisch. Hugh Fearnley-Whittingstall (ich kürze das dann zukünftig ab…HFW) zählt nämlich zu meinen Lieblingen unter den Kochbuchautoren: geradlinige, schnörkellose Küche, die aus den Zutaten das Beste macht, und das dann auch noch charmant und mit trockenem Humor präsentiert – so etwas mag ich. Normalerweise landen seine Bücher gleich nach dem Erscheinen in meinem Regal. Bei diesem Buch hier war es nicht so. „Three good things“ – so heißt es im Original, da wähnte ich eine Nähe zu 15-Minuten und sonstigen Büchern, die so gar nicht in mein Beuteschema passen. Nun….ich wähnte falsch.
Aber von vorne. HFW ist in Großbritannien schon längst eine Institiution: anerkannter Food-Journalist und Autor zahlreicher Kochbücher, viele TV-Serien und nicht zuletzt das River Cottage in Devon – mit Gemüsegarten, Kochschule und Restaurants. Jahrelang sind seine Bücher „nur“ auf englisch erschienen (und so stehen sie auch in meinem Regal), bis letztes Jahr der AT-Verlag „Täglich Vegetarisch“ auf deutsch herausgab – ein Bestseller, und das zu Recht.
Und worum geht es nun in „Drei gute Dinge auf dem Teller“? HFW will uns aus der Kochroutine zerren. So etwas kann ich gut brauchen, dann ich koche nicht nur aus Spaß an der Freud, sondern auch um eine Familie zu versorgen. Gute Alltagsküche ist da immer willkommen. HFW hat nun festgestellt, dass viele Gerichte, die uns alle nachhaltig beeindrucken, aus drei (guten) Basiszutaten bestehen. Beispiele? Der Klassiker schlechthin: Tomate, Mozzarella, Basilikum. Oder: Brot, Butter, Honig. Für die Briten unter uns: Steak, Käse, Essiggurken. Für mich: Kartoffeln, Blumenkohl, Curry….Es geht also nicht darum, möglichst fix etwas auf den Teller zu schaffen, sondern darum, aus einfachen Basiszutaten das Beste herauszuholen. Wenn ich mal zitieren darf: „Improvisation gehört dazu, und so lange hinter dem Wahnsinn eine gewisse Methode erkennbar bleibt, sind die Ergebnisse immer beeindruckend“.
Die drei Basiszutaten, auf denen die Rezepte aufbauen, sind nicht immer rohe Produkte. Manche Zutat muss erst mal hergestellt werden: eine Teigkruste, ein Tomatenpüree, ein Pizzateig….manchmal ist es so, dass für komplexere Zubereitungen dann auch Alternativen angeboten werden. Es gibt extrem einfache Zubereitungen wie in der Pfanne geröstetes Brot mit Ei und Tomate oder Spaghetti mit Knoblauch und Olivenöl, aber auch Anspruchsvolleres wie Kürbis(Gnocchi) mit Käse oder selbstgepökeltes Rindfleisch mit Kohl und Kartoffelpüree.
Die Rezepte im Buch fangen beim Salat an. Da gibt es zum Beispiel: Sellerie, Rosinen, Linsen; Blumenkohl, Tomaten, Kapern oder auch Chicorée, Pfirsich, Blutwurst. Danach gibt es Vorspeisen. Für HFW sind sie der beste Teil des Essens – und auch ich bin oft in der Versuchung, lieber zwei oder drei Vorspeisen zu bestellen als ein Hauptgericht. Entsprechend vielfältig kommt das Kapitel daher: Ei, Brokkoli, Garam Masala oder doch lieber Makrele, Wachholder, Lorbeer? Oder eine schmeichelnde Suppe mit Räucherfisch, Lauch, Kartoffel? Mein Buch ist gespickt mit Markern.
Fasziniert hat mich auch das Kapitel mit Snacks und Beilagen. Ich weiß, man isst gerne Sandwiches in Großbrittanien. Trotzdem, die Auswahl der Brotbeläge hat mich beeindruckt. Ein Brot mit gegarten Würstchen, Ei und Petersilie gibt es da, Toast mit Petersiliengemüse und pochiertem Ei, Röstbrot mit Brandade und Tomaten, aber Snacks und Beilagen wie Kartoffelpuffer mit Käse und Thymian, Graupen mit Paprika und Rosinen, oder Gurke mit Apfel und Joghurt findet man auch.
Spätestens seit „Täglich vegetarisch“ weiß die Welt ja von HFWs Liebe zu Gemüse. Klar, dass „Drei gute Dinge“ mit Gemüsetrios aufwartet. Spargel mit neuen Kartoffeln und Halloumi wird hier auf dem Tisch stehen, wenn Spargel Saison hat. Es gibt aber auch Kartoffel, Steckrübe, Ei – Ei, im Ofen gegart in einem Nest aus Gemüsepüree – oder einen Eintopf aus Kürbis, Kokos und Chili, gefüllte Kartoffeln mit Pilzen und Curry, oder….
Im Fischkapitel finden wir Muscheln mit Lauch und Cidre ebenso wie Krebsfleisch mit Erbsen und Chorizo oder Forelle mit Brunnenkresse und Dinkel. Auch Fleischliebhaber kommen auf ihre Kosten: es gibt unkompliziert im Ofen gegartes Huhn mit Tomaten und Estragon, Lamm mit Grünkohl und Quitte, aber auch Speck mit Radiccio und Schalotte oder Wurst mit Pastinake und Zwiebel.
So, nun brauchen wir aber Kohlehydrate: Reis mit Linsen und Sauerampfer vielleicht, oder Polenta mit Blauschimmelkäse und grünem Blattgemüse. Etwas Obst hinterher könnte auch nicht schaden. Vielleicht ein simples Kompott mit Apfel, Orange und Zitrone? Oder doch lieber ein elaboriertes Dessert aus getrockneten Aprikosen, Earl Grey und Mascarpone? Oder wir schlagen richtig zu und nehmen was Süßes. Sowas wie kleine Schokotörtchen mit Trockenpflaumen und Weinbrand. Oder Mandelkuchen mit Honig und Orangen.
Ich könnte ja weitermachen, aber irgendwann werden Aufzählungen langweilig. Also erwähne ich noch kurz, dass der Rezeptteil abschlossen wird mit Tipps dazu, was man immer in Vorratsschrank und Tiefkühle haben sollte. Und mit einem perfekten Register, feinsäuberlich geordnet nach Zutaten. Zur Qualität der Rezepte reicht eine kurze Anmerkung: sie sind übersichtlich strukturiert und funktionieren ohne „Wenn“ und „Aber“.
Die Optik? Das Layout ist hell und übersichtlich. Zu jedem Gericht gibt es ein Foto – schön abgelichtet, aber realistisch. Zu Anfang jeden Kapitels gibt es eine Einleitung – und davor ein Foto von HFW, nett ausgeschmückt durch Zeichnungen. So viel Show muss sein, aber es ist alles im richtigen Maß.
Sellerie steht im Grunde nicht ganz oben auf meiner Liste der essbaren Gemüse, und schon gar nicht roh im Salat. Sellerie, Kohl, Senf mußte ich trotzdem probieren. Hier werden fein geschnittener Sellerie und Weißkohl (ich hatte Spitzkohl) mit einer selbstgemachten Mayonnaise mit zwei Sorten Senf serviert. Das hat nicht nur mir geschmeckt, sondern auch den Gästen, die allesamt das Rezept haben wollten.
Hinter Pastinake, Knoblauch, Blauschimmelkäse verbirgt sich eine Suppe. Pastinake und Knoblauch werden im Ofen geröstet und dann mit mildem Blauschimmelkäse zu einer Suppe aufgemixt. Die Optik hatte etwas von Babynahrung, aber geschmeckt hat die Suppe mit ihren Röstaromen zum Reinlegen.
Wie klingt Rosenkohl, Blutwurst, Speck? Kommt vermutlich darauf an, wie man geschmacklich veranlagt ist 🙂 . Ich fand das grobe Püree aus Rosenkohl und etwas Sahne zusammen mit gebratenen Blutwurst-Scheiben und ein paar knuprigen Speckscheibchen … einfach und genial.
So. Dann waren ja von vorangegangenen Gerichten Sellerie, Rosenkohl und Speck übrig. Das gab eine Suppe. Sellerie und Rosenkohl püriert, knuspriger Speck als Einlage. Einfach und genial. Aber ich wiederhole mich, Entschuldigung.
Fladenbrot mit Fleischbällchen und dicken Bohnen standen als einfaches Abendessen auf dem Tisch. Die Fleischbällchen werden mit reichlich Gewürzen zubereitet und erinnern geschmcklich an die von mir so geliebte Merguez, die ja in guter Qualität leider nicht so einfach zu bekommen ist. Folglich haben mir die Bällchen gut gefallen.
HFW rühmt sich, dass das Ausdenken immer neuer Pizza-Beläge zu seinen Hobbies zählt. Meinetwegen darf er dieses Hobby gerne weiterpflegen, denn die Pizza mit einem Belag aus weißen Bohnen und Oliven war klasse.
Vegetarisches Sushi mit einer Füllung aus Avocado kennt Ihr bestimmt. Nun Reis, Avocado, Algen ist sozusagen Sushi als Tellergericht. Das hat was, wenn man wie ich, gerne Sushi mag, aber zu träge zur Herstellung ist….
Die kleinen Puffer aus Mais, Räucherfisch und Ausbackteig haben uns zum Abendessen erfreut….mit etwas Chilisauce als Dipp – fix, einfach und gut.
Das Gratin von Pilzen unter der Teigkruste hat uns zusammen mit einem Klecks Sauerrahm erfreut – keine Fotomodell-Schönheit, aber ein richtiges Wohlfühlessen.
Was Süßes zum Abschluß? Der Kuchen aus Vollkornkeksen, Schokolade, Ingwer hat mich stark an den „Kalten Hund“ meiner Kindheit erinnert. Meine Kinder haben sich genauso begeistert darauf gestürzt wie ich früher; und mir hat der kandierte Ingwer im Kuchen gefallen.
Mein Resumée kann ich kurz halten: wer ein wenig neuen Schwung in seine Alltagsküche bringen will, ist hier goldrichtig. Das Buch kann man direkt hier beim Verlag kaufen.
Ich habe es schon bereit liegen, bin auch sehr begeistert! Vorstellung folgt bald, auch wenn ich noch nicht so viel daraus zubereitet habe, wie Du – die ganzen Fotos – wirklich großartig!!
Ich bin gespannt, was Du sagst…ich war vorweg etwas misstrauisch, abe rdas war unbegründet.
Das klingt definitiv nach einem inspirierenden Buch, zumal du schon so viel daraus gemacht hast und immer noch so begeistert bist. 😉 Kommt auf meine Liste, bislang habe ich seinen Namen zwar gehört, aber das war’s auch, sieht aus, als müsse ich das ändern!
Ich kann gar nicht so viel kochen, wie ich da drin Ideen finde.
HFW zählt zu meinen Lieblingen; in GB ist er eine feste Größe. Keine Ahnung, warum es so lange gedauert hat, bis sich ein Verlag gefunden hat, der die Bücher auf Deutsch herausbringt.
Dann muss dieses Buch also auch auf den Wunschzettel!
HFW mag ich auch gerne, sein „Täglich vegetarisch“ ist seit einem halben Jahr (so lange besitze ich es nämlich) mein Lieblingskochbuch.
HFW ist übrigens eine gute Abkürzung, ich fühle mich bei dem Namen nämlich immer ein wenig an den Sketch „Die englische Ansage“ mit Evelyn Hamann erinnert.
HFW ist genial, mir ist bisher tatsächlich noch nichts untergekommen, das ich nicht mag.
Ziemlich britisch, der Name, isn’t it ;-). Es gibt das noch einen Spitznamen….“Hugh fearlesly eats it all! 😉
Schon wieder geht es mir wie meiner Namensvetterin, der Kochpoetin: gehört habe ich schon von ihm, aber es gibt hier noch kein Buch von ihm. – nach deiner ‚auf ihn Lust machenden‘ Rezension muss das schnellstens geändert werden! Danke dafür.
Gerne; für mich sind die Bücher ein Must-Have; das vegetarische hat glaube ich, in Deutschland auch ziemlich eingeschlagen.
Gradlinige und schnörkellose Küche, das ist auch mein Ding. Ich glaub das Buch hole ich mir in meine Sammlung. (Für ein Kochbuch mehr, finde ich imme rnoch einen Platz!)
Was neue Kochbüher angeht…..bei mir muss mal Regalfläche angebaut werden…..
Dein Blog mag leider nicht nach oben wandern auf meiner Blogroll, wenn du etwas Neues postest, daher finde ich diesen Beitrag erst jetzt. Und ich hab mir das Kochbuch gerade aufgeschrieben und werde das am Montag gleich bei meinem Buchhändler bestellen. Ich mag HFW sowieso gern und so ein Konzept mit einigen wenigen Zutaten klingt nach extremer Alltagstauglichkeit.
Danke für die schöne Rezension!
Die Alltagstauglichkeit stimmt auf jeden Fall; und mir gefällt, dass aus einfachen Dingen viel gemacht wird….