Kochbuch: The British Baking Bible | Regula Ysewijn

Regula Ysewijn kommt ursprünglich aus Belgien, hatte aber schon als Kind eine Vorliebe für alles Britische. Man sagt ihr nach, dass sie sich selbst zur Britin ausgebildet hat. Dabei hat sie ein besonderes Faible für britisches Gebäck aller Art entwickelt, das für sie Behaglichkeit und Wärme bedeutet. Sie ist außerdem bekannt dafür, dass sie Rezepten und Essensgewohnheiten auf den Grund geht – und so hat sie nun ein Buch vorgelegt, das sich mit britischem Gebäck und seiner Geschichte befasst.

Das Buch startet mit Kuchen, weiter geht es mit den üppigen Früchtekuchen, es gibt ein Kapitel über Lebkuchen, gefolgt von Keksen, süßen Brötchen, Frittiertem, Oatcakes, Broten und Pies und Tartes. Es gibt also Victoria Sponge Cake, Simnel Cake, Parkin, Crumpets, Welsh Cakes, Soda Bread….klassisches britisches Gebäck eben. Und die Rezepte sind wirklich klassisch gehalten. Regula Ysewijn hat den Originalen ihre Ehre erwiesen und auf neue Ideen und Modernisierungen verzichtet. Dafür ist sie den Dingen aber gründlich auf den Grund gegangen. Wer zum Beispiel nach einem Rezept für Bath Buns – süße, buttrige Hefebrötchen, sucht findet zwei Versionen – eine aus dem 18. Jahrhundert und eine aus 20. Jahrhundert.

Die Rezepte sind gut nachvollziehbar und stellen einen vor keine Schwierigkeiten. Außer vielleicht, das Nierenfett für die klassischen Beef-Pies aufzutreiben. Was ich angenehm finde, ist, das für die Weißbrote das etwas gehaltvollerer Weizenmehl Type 812 verwendet wird, das macht alles etwas herzhafter.

Die Autorin beschränkt sich aber nicht darauf, Rezepte zu teilen. Sie ist durch Großbritannien gereist, sie hat unzählige, auch sehr alte Kochbucher gewälzt und weiß zu jedem Rezept eine Geschichte zu erzählen. Und auch zu jeder Kategorie wie den süßen Brötchen oder dem Brot gibt es eine geschichtliche Einführung. Oder wußtet Ihr, dass bei den klassischen Fleischpies die Teighülle ursprünglich nur dazu da war, das Fleisch darin zu garen und den Saft einzuschließen? Die Teigreste wurden dann zu Almosen für die Armen. Der Originaltitel des Buches ist „Oats in the North, wheat from the South“. Wir erfahren nicht nur, dass im kalten und feuchten Norden Großbritanniens Hafer und Gerste besser wachsen als Weizen, weshalb man in diesen Regionen eher Flatcakes und Oatcakes wie die Stafordshire Oatcakes unten gebacken werden, man liest auch viel über Teesalons und traditionelle Bäckereien, das Buch ist da eine Fundgrube.

Noch ein Wort zu den äußeren Werten: es gibt sehr viele Fotos in dem Buch. Nicht nur die Gebäcke wurden stilvoll abgelichtet, es gibt auch viele atmosphärische Bilder von Landschaften und Bäckereien, teilweise auch alte Schwarz-Weiß-Bilder. Das alles läßt einen richtig eintauchen in die Geschichte der britischen Backkultur. Und wenn ich schon das Wort stilvoll verwende: die Autorin kommt auch vor. Sie ist mit ihrem 50er-Jahre-Look eine beeindruckende Erscheinung und passt sehr gut in dieses Buch.

Das ist ein klassisches Weißbrot, in der Kastenform gebacken. Man sagt, dass die Briten das Backen in der Form erfunden haben, um mehr Brote auf einmal in den Ofen schieben zu können. Wie auch immer, das Brot hat uns gut geschmeckt und war dank des verwendeten Weizenmehls 812 auch etwas gehaltvoller als ganz klassisches Weißbrot.

Der Lemon Drizzle Cake verdient die Bezeichung Zitronenkuchen wirklich – im Teig ist Zitronenabrieb und nach dem Backen wird er mit einem Sirup aus Zucker und Zitronensaft getränkt; der Kuchen ist also super zitronig und sehr saftig.

Das sind Kentish Huffkins. Der Legende nach soll die nette Form entstanden sein, weil eine schlecht gelaunte Bäckersfrau Löcher in die Brötchen ihres Mannes gedrückt hat. Jedenfalls sind die Brötchen außen knusprig und innen weich und das Herstellen macht ebensoviel Spaß wie das Essen.

Die Rich Tea Biscuits sind aus Mehl, Zucker, Butter und etwas Milch schnell gemacht und sind nicht nur zum Eintunken in den Tee super, sie sind zart schmelzend und schmecken auch einfach so. Und, sagt das niemandem in Großbritannien, sie sind auch super, wenn man sie in den Kaffee tunkt.

Aberdeen buttery Rowies sind ein Blätterteiggebäck mit Butter und Schweineschmalz; nicht so hübsch und herzhafter als Croissants. Wenn man meine Variante so sieht, versteht man, warum die Dinger auch „Roadkill Croissants“ heißen. Das Fett wird in die Teigplatte eingearbeitet, ohne dass zwischendurch gekühlt wird, das ist eine gute Herausforderung. Aber: die Rowies wurden weich und blättrig und haben uns gut gefallen.

Staffordshire Oat Cakes sind Pfannkuchen, die zu einem Großteil aus Hafermehl bestehen. Sie werden mit Hefe gelockert und sind eifrei. Die Pfannkuchen sind recht sättigend und man kann sie herzhaft und süß essen – wir waren alle zufrieden.

Für die Puddingtarte wird ein Mürbeteig mit Puddingmasse gefüllt. Das Spannende ist die Füllung: heute nimmt man eher Vanille, aber diese ältere Version mit Lorbeer und Muskatblüte ist viel interessanter.

Fazit:

Regula Ysewijn unternimmt eine Tour de Force durch britische Backtraditionen mit spannenden Rezepten für alles, was man sich an Gebäck vorstellen kann – von Kuchen über Brot bis hin zu Pasteten, Lebkuchen, Kleingebäck oder Pfannkuchen. Es fehlt nichts und es gibt außerdem liebevoll und fundiert erzählte Geschichten und wunderbare Fotos, die einen richtige eintauchen lassen in die Vielfalt britischen Gebäcks.

Platz

  • Herausgeber: Christian Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Gebundene Ausgabe: 264 Seiten
  • ISBN: 978-3989510074
  • € 39,99

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