Kochbuch: Ein unverschämt gutes Kochbuch | Joshua Weissman

Joshua Weissman ist eine Institution, jedenfalls in den USA. Für das Kochen interessierte er sich schon als Kind, später folgte eine Ausbildung in Spitzenrestaurants; unter anderem tauchte er im preisgekrönten Restaurant „Uchiko“ tief in die japanische Küche und die Kunst des Fermentierens ein. Seit 2015 teilt er seine Rezepte und Techniken auf YouTube – mit derzeit gut 5,5 Mio Abonnent:innen.

Ich bin keine besonders begeisterte YouTube-Schauerin, ich mache das nur, wenn ich eine Technik genau vorgeführt haben möchte, für anderes fehlt mir die Geduld. Einen Blick auf Joshua Weissmans Kanal habe ich trotzdem geworfen – hui, der Kerl ist exaltiert, das ist lustig. Und es deckt sich mit seiner Einstellung zum Kochen, das für ihn nicht einfach ein Handwerk ist, sondern eine Form von Kunst, mit der man seine Persönlichkeit ausdrückt.

Extrem wichtig ist ihm dabei, nicht auf fertige Produkte zurückzugreifen, sondern alles selbstzumachen. Und genau dazu soll uns sein erstes Kochbuch befähigen: es startet mit einem ausführlichen Grundlagenteil. Mir fällt gerade nichts ein, was da nicht selbstgemacht wird. Ach, doch – Wurst und Speck, aber sonst alles: Pickles, Konftüre, Brot, Brühe, Butter, Käse, Ketchup, Pesto, Saucen und Dressings, Pasta, Weizentortillas – die Grundlagen sind üppig. Und auf die so geschaffenen Basics baut dann ein Großteil des eigentlichen Rezeptteils auf. Da gibt es dann zum Beispiel Marmeladentoast mit Salzbutter zum Frühstück – mit selbstgebackenem Toast und selbstgemachter Marmelade und Butter. Snacks gibt es, Fisch, Fleisch, Pasta und Sandwiches, Gemüse und Salate, Suppen und natürlich auch Desserts. Ich habe da noch einiges auf meiner Liste, was ich ausprobieren möchte – Cubanos zum Beispiel, ein Sandwich mit in Mojo geschmortem Pulled Prok, das in selbstgebackenen Kubanischen Broten serviert wird oder die Pilzsuppe mit Knoblauchrahm oder den Bananasplit mit warmer Schokosauce.

Die Rezepte sind genau erklärt und erfordern keine besonderen Zutaten. An Gerichten wie Erdnussbuttercookies, Hähnchenbrust mit Parmesan, Smash-Burger oder Cobb Salat merkt man, dass die dahinterliegende Esskultur US-amerikanisch ist – logisch. Ich weiß nicht ob, das eine Folge davon ist, aber ich vermisse ein wenig Inspiration für Gemüsegerichte – Gemüse und Salat ist ein sehr kurzes Kapitel.

Bei allen Rezepten ist Vor- und Zubereitungszeit vermerkt und auch, wie die Ausbeute ist. Immer gibt es auch ein paar einführende Worte – dafür habe ich ja eine Vorliebe, weil das eine persönliche Note mitbringt. Das trifft hier auch zu, denn neben Infos zum Rezept erzählt Joshua Weissman auch oft, was das einzelne Rezept für ihn bedeutet – und der Schreibstil macht großen Spaß.

Ein paar Worte zu den äußeren Werten: das Layout ist schön aufgeräumt – jedes Rezept hat eine Doppelseite, bei dem das Foodfoto dem Rezept gegenübersteht. Die Rezepte sind übersichtlich in Spalten – eine für die Zutaten, eine breitere für die Arbeitsanleitung – dargestellt. Und mir fällt gerade auf, dass die Fotos wirklich ein Kunststück vollbringen – sie sind auf das Wesentliche reduziert und unglaublich einladend. Man muss es wirklich erst mal schaffen, einen Marmeladentoast ganz ohne Chichi so mundwässernd abzulichten.

Die beste Hühnerbrust – ganz schön hochgegriffen, stimmt aber, denn sie war zart, aromatisch und sehr saftig. Ohne Equipment kommt man da nicht aus – die Hühnerbrust wird erst Sous Vide gegart und dann kurz angebraten.

Zum Sous-Vide Garen habe ich die Hühnerbrust nur mit Salz und Pfeffer gewürzt und dann anschließend in dieser Buttermischung gebraten: Butter mit Salz, Knoblauch und MSG – ja, das weiße Pulver aus dem Asiamarkt. Die Butter mit der Mischung aus Fett, Knoblauch und Umami ist wirklich ein Gamechanger. Und inzwischen weiß man, dass MSG mitnichten schädlich ist (und das China-Restaurant Symptom von Rassismus geprägt ist). Genauer nachlesen könnt Ihr dazu hier bei eat this.

Zum Hühnchen haben wir Patatas Bravas gegessen – diese Kartoffeln in scharfer Tomatensauce wollte ich schon lange ausprobieren. Hier kommen sie mit einem Twist, oder eher zwei: sie werden als Smashed Potatoes serviert, die Kartoffeln werden erst gegart, dann angedrückt und im Ofen knusprig gebacken. Und abgerundet wird alles mit einem Klecks selbstgemachter Mayonnaise.

Hühnersuppe, Mom’s Hühnersuppe genaugenommen. Es ist ein Twist dabei: für die Suppe wird zunächst eine Hühnerbrühe aus Karkassen aus dem Kapitel mit den Grundrezepten gekocht, und in dieser Brühe wird dann das Huhn gekocht, das in der eigentlichen Suppe landet. Und auch die Nudeln werden in Hühnerbrühe gegart – mehr Aroma geht kaum.

Bagel-Brot – ja es ist, wonach es klingt. Ein recht einfaches Hefebrot, das aber wie ein Bagel vor dem Garen gebrüht wird. Die Konsistenz ist dann tatsächlich so chewy wie bei einem Bagel und das Everything-Bagel-Topping ist auch toll. Im Rezept steht Weizen 812, das habe ich verwendet und finde den robusten Geschmack auch gut. Abgebildet ist im Buch aber ein astreines Weißbrot.

Das Brot habe ich (unter anderem) für Tuna-Melt-Sandwiches benutzt: in Butter (bei mir die MSG-Butter von oben) gebratenes Brot, belegt mit einer Masse aus Thunfisch, Mayonnaise, Dillgurken, Staudensellerie, und Dill und dann mit Käse überbacken. Und klar, dass die Rezepte für Mayonnaise und Dillgurken im Buch zu finden sind.

Das ist nicht ganz rezeptgetreu, denn original wird der geröstete Brokkoli mit Brokkolini gemacht; bei mir musste normaler Brokkoli herhalten. Aber entscheidend ist sowieso das Topping aus gerösteten Erdnüssen, Chiliöl und Zitronenabrieb.

Der Backfisch im Bierteig mit Sauce Gribiche ist sozusagen der Fischteil von Fish and Chips – und weitaus besser als das, was ich in Großbritannien serviert bekommen habe. Joshua Weissman findet Pommes frites dazu überflüssig, wir hatten trotzdem welche dazu.

Fazit:

Das ist ein Buch, das man immer griffbereit haben kann. Sei es, um einfach nur auf die Grundrezepte zurückzugreifen, oder um sich Inspiration für das Kochen zu holen. Die Rezepte sind gelingsicher und haben einen ganz eigenen Stil. Und dank des lockeren Schreibstils macht auch das Lesen im Buch Spaß.

  • Herausgeber ‏: ‎Dorling Kindersley Verlag
  • Sprache ‏: ‎Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏: ‎264 Seiten
  • ISBN-13 ‏: ‎978-3831044245
  • € 24,95