Kochbuch: Momofuku | David Chang mit Peter Meehan

Allerspätestens seit David Chang auf Netflix die Serie „Ugly Delicious“ hostet, muss man ihn wohl niemandem mehr vorstellen. Seine Karriere reicht aber viel weiter zurück. David Changs Eltern waren in den 1960er Jahren aus Korea in die USA eingewandert. Sie besaßen unter anderem mehrere Restaurants. Von ihren Kindern erwarteten sie, dass diese nicht in der Küche arbeiteten, sondern Berufe mit  – aus ihrer Sicht – mehr Prestige ausübten. Und so versuchte sich David Chang  nach dem Abschluß seines Studiums in verschiedenen Jobs – um dann am Ende nach einer kurzen Ausbildung im French Culinary Institute doch in der Küche zu landen. Er sammelte Eindrücke in verschiedenen Restaurant-Küche, doch was ihn andauernd antrieb, war seine Vorliebe für Ramen-Suppe. Mit dieser Mission eröffnete er 2004 sein erstes Restaurant „momofuku“ – und es sollte nicht bei einem Restaurant bleiben. Heute kann man guten Gewissens von einem Imperium sprechen.

Dieses nach seinem ersten Restaurant benannte Buch ist in den USA schon vor einigen Jahren erschienen und wurde jetzt dankenswerterweise übersetzt. Co-Autor ist der Journalist Peter Meehan, mit dem zusammen David Chang jahrelang auch das Magazin „Lucky Peach“ (das nämlich heißt momofuku – glücklicher Pfirsich) herausgab.

Wer nun ein reines Ramen-Kochbuch erwartet, der wird überrascht sein – da gibt es weitaus mehr. Das Buch ist unterteilt in drei Kapitel, von denen jedes eines der ersten drei Restaurants mit seinen Gerichten vorstellt. Es gibt sehr viel Lesestoff – David Chang erzählt die Geschichte seiner Restaurants, die untrennbar verwoben ist mit seiner Lebensgeschichte, er stellt Produzenten und Produkte vor – und auch jedes Gericht hat seine Geschichte.

Jetzt aber zu den Rezepten: Wir beginnen mit dem momofuku, das ursprünglich als Ramen-Bar startete; und so gibt es natürlich eine sehr ausführliche Anleitung für die legendären momofuku-Ramen. Ich habe andere Dinge ausprobiert als Ramen, aber für Interessierte: Petra hat sich vor Jahren ausführlich mit dem amerikanischen Original befasst: Projekt Momofuku-Ramen.

Es gibt aber noch viel mehr zu entdecken: Grundrezepte für Pickles und Kimchi, die ebenfalls berühmten Schweinebraten-Brötchen, Fried Chicken oder Chicken Wings laden zum Ausprobieren ein.

Das nächste Kapitel befasst sich mit der Ssäm-Bar, die ursprünglich eine Mischung aus Burritos und den koreanischen Ssäm, eine Art Salat-Wickel präsentieren sollte. Das Konzept wurde nicht angenommen, und so bietet man heute Gerichte an, die sich aus den Late-Night-Snacks der Ssäm-Bar entwickelt haben. Es gibt Austern mit verschiedenen Toppings, Landschinken mit Red-Eye-Mayonnaise, Schweine-Bauch-Ssäm oder Erdbeer-Shortcakes – denn mit der Ssäm-Bar kam Christina Tosi zum Momofuku-Team und damit auch sensationelle Backwaren.

Das letzte Kapitel schließlich befasst sich mit dem Ko, einem Restaurant, das seit Jahren mit 2 Michelin-Sternen ausgezeichnet ist. Entsprechend anspruchsvoll ist auch das Menü, das hier vorgestellt wird – es geht von roh marinierter Flunder mit Buttermilch, Soja und Mohn über gehobelte Foie gras mit Litchis und Pinienkernkrokant bis hin zu einer Apfeltasche als Dessert, die es wirklich in sich hat.

Die Rezepte sind allesamt eher aufwändig und haben gerne ein paar Komponenten mehr.  Auch um einen Besuch im Asia-Shop kommt man nicht herum. Auch die Portionen sind oft großzügig – Ramenbrühe anzusetzen lohnt sich eben nicht für zwei Personen, nur als Beispiel. Es ist aber alles gut aufgeschlüsselt und erklärt, und wer ein wenig Zeit investiert, wird mit spannenden Geschmackserlebnissen belohnt.

Noch ein Wort zur Aufmachung: es ist ein hochwertiges Hardcover mit Lesebändchen. Es gibt sehr viele Fotos. Die Foodfotos sind schön minimalistisch und konzentrieren sich auf das Essen. Eine Menge Fotos aus den Restaurant-Küchen gibt es auch, die gewähren interessante Einblicke.

 

Ich habe eine Schwäche für Reiskuchen. Eine Packung Mochi (in der neutralen Variante, keine süßen) habe ich immer im Vorrat. Aus der japanischen Küche kenne ich sie gegrillt und mit Sojasauce serviert. Diese Variante aus der koreanischen Küche, in der die Reiskuchen in einer würzigen Red-Dragon-Sauce serviert werden, hat mich also im Sturm erobert.

Muscheln liebe ich. Es gibt sie oft in klassischer Weißweinsauce und mit Pommes frites. David Chang nennt sein Gericht „Muscheln in orientalischer Sauce“ – sie werden in Sake gegart und dann mit einer Paste aus Doenjang (eine Art koreanisches Miso), Ingwer, Knoblauch und Frühlingszwiebeln gewürzt.

Die eingelegten Shiitake sind eigentlich als Resteverwertung entstanden, denn bei den großen Mengen Ramen-Brühe, die im Momofuku gekocht werden, bleiben viele Shiitake übrig. Es lohnt sich aber, Shiitake für dieses Rezept zu kaufen, denn die eingelegten Pilze sind ein Knaller. Sie werden in Sojasauce, Zucker, Ingwer und Essig gegart  und haben wirklich Suchtpotential. Man kann sie als Zutat verwenden. Oder einfach so naschen. Und den Sud kann man auch weiter verwenden, zum Beispiel für japanische Nudeln oder als Salatdressing.

Die Rosenkohl-Saison genieße ich ja in vollen Zügen. Besonders gern mag ich ofengerösteten Rosenkohl, aber das kann man noch steigern: der geröstete Rosenkohl wird hier mit einer vietnamesischen Fischsaucen-Vinaigrette serviert, dazu gesellen sich noch frittierte Korianderblättchen und mit Shichimi-Togarashii aromatisierter Puffreis (der bei mir gepuffter Buchweizen war). Wenn ich so etwas kriegen kann, brauche ich nichts anderes mehr.

Warum das Gericht Schweinewurst mit Reiskuchen heißt, ist mir nicht ganz klar, denn es ist eine Hackfleischpfanne. Zum Fleisch gesellen sich neben einer schönen Schärfe von Chili und Sichuan-Pfeffer ausserdem Reiskuchen und Pak Choi – sämig, würzig und mit einer angenehm zähen Konsistenz von der Reiskuchen. Die im Rezept veranschlagten 40 g getrockneten Chilischoten habe ich nicht verwendet – ordentlich scharf war das Ganze trotzdem.

Fazit:

momofuku stellt spannende Rezepte vor: außer den legendären Ramen gibt es noch viel zu entdecken. Mir gefällt besonders die Art, wie David Chang gekonnt koreanische, japanische, vietnamesische und amerikanische Küchentraditionen verbindet und den Gerichten so seinen ganz eigenen Stempel aufdrückt. Daneben gibt es auch viel Lesestoff.

  • Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
  • Verlag: Christian Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 978-3959613828
  • 32,99
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