Äthiopien, seine Geschichte, seine Kultur und auch sein Essen faszinieren mich schon lange. Angefangen hat es mit dem Essen – die erste Platte, serviert mit Injera und verschiedenen Gerichten, hat mich infiziert. Und habt Ihr schon mal äthiopischen Kaffee getrunken? Er ist eine Sensation.
Äthiopien ist ein großes Land mit verschiedensten Volksgruppen und geografischen Bedingungen, die das Essen so vielfältig machen. Nach 1935 war es vier Jahre lang italienisch besetzt, aber es war nie eine Kolonie. Einen spannenden, wenn auch subjektiven Einblick in die neuere Geschichte gibt Prinz Asfa-Wossen Asferate hier*. (Und übrigens hat er auch ein Buch über europäische Manieren geschrieben). Die Zeiten der sozialistischen Militärdiktatur und der schlimmen Hungersnöte sind vorbei. Noch immer ist es eines der ärmsten Länder Afrikas, aber die Wirtschaft wächst rapide. Viele Menschen, die Äthiopien verlassen hatten, kehren zurück.
So auch Yohanis Gebreyesus. Er ist in Addis Abeba geboren und war schon früh interessiert an allem, was mit Essen zu tun hat. Sein Weg führte ihn zunächst nach Frankreich ans Institut Paul Bocuse, in südfranzösische Edelrestaurants und nach Kalifornien. Nun arbeitet er wieder in Äthiopien, wo er nicht nur Restaurants betreibt, sondern auch ein bekannter Fernsehkoch ist.
Nun aber zum Buch: Unterteilt in Injera und Fladenbrote, Gewürze, Frühstücksgerichte, Gemüse, Hülsenfrüchte und Getreide, Fleisch (Rind, Lamm und Ziege), Geflügel, Eier und Fisch sowie Snacks und Getränke stellt es uns äthiopische Küche vor.
Herzstück der Küche ist das Fladenbrot Injera. Es ist ein Sauerteigbrot, dass aus Teffmehl hergestellt wird. Teff oder Zwerghirse ist ein Süßgras und glutenfrei. Injera wird als Besteck verwendet und seine schwammartige, von Blasen durchzogene Oberfläche ist wichtig: in der äthiopischen Küche dominieren Schmorgerichte, und die Struktur des Injera sorgt dafür, dass man möglichst viel Sauce aufnehmen kann.
Ich liebe Injera – und bin schon oft genug an der Herstellung gescheitert, die einer Wissenschaft gleich kommt. Yohanis Gebreyesus hat zwei Injera-Rezepte in seinem Buch: eines für die klassische Variante, deren Zubereitung sich über eine Woche hinzieht und eine schnelle Version, die nach 24 Stunden auf dem Tisch steht. Ich habe beide ausprobiert. Die Rezepte sind genau und detailreich geschildert und ich habe endlich zufriedenstellendes Injera auf den Tisch gebracht. An meiner Technik muss ich aber noch arbeiten, deshalb verrate ich Euch die Rezepte jetzt noch nicht.
Man lebt ja nicht vom Injera allein, und so gibt es entsprechend viele Gerichte, die ich unbedingt noch ausprobieren muss: die Haferpfannkuchen zum Beispiel, die ihre typische Oberfläche davon bekommen, dass man auf sie pfeift. Die mit Ei gefüllten Pasteten klingen toll, ebenso wie die gefüllten Chilischoten oder die Teff-Tagliatelle mit Bockshornkleesprossen. Es gibt viele traditionelle Gerichte wie Shiro, ein Brei, der aus dem gerösteten, gewürzten Mehl von Hülsenfrüchten gemacht wird, geräucherte Milch – eine traditionelle Methode der Haltbarmachung – oder Fitfit, das aus zerzupftem Injera und einer Sauce aus Hülsenfrüchten besteht.
Es gibt ein Kapitel mit Gewürzmischungen – da gibt es mehr als Berbere -, und natürlich ein Rezept für Niter Kibbeh, die geklärte Gewürzbutter. Und auch sonst erfahren wir viel über das Land, seine Geschichte und Esskultur: klar, dass es eine Einführung in die Geschichte des Landes gibt. Wir erfahren aber auch Wissenswertes über Ensete, ein Bananengewächs, das auch „Baum gegen den Hunger“ genannt wird, über die Kaffeezeremonie, über die Kurt-Kultur ( Fleischplatten aus rohem Rindfleisch), über den Honigwein Tej, über Klöster der äthiopisch-orthodoxen Kirche, über das muslimische Äthiopien…..
Die vielen Fotos tun Ihr Übriges – da gibt nicht nur schöne, auf das Wesentliche konzentrierte Food-Fotos, sondern auch viele Bilder von Land und Leuten. Man wird hineingezogen in das Land. Schön sind auch die einführenden Texte zu den Rezepten – man erfährt Wissenswertes zum kulturellen Hintergrund und auch, worauf es beim jeweiligen Rezept ankommt und wie es gerne gegessen wird.
Ich fand es nicht einfach, mich für Rezepte zu entscheiden – es war die Qual der Wahl. Und so habe ich mich ein wenig danach gerichtet, was ich grade im Haus hatte.
Da waren rote Bete, die ich nach Rezept geschmort habe. Das ist einfach und nicht besonders exotisch; die Knollen werden in pommes-frites-große Stifte geschnitten, mit Zwiebel und Knoblauch geschmort und nach dem Abkühlen mit Zitronensaft und frischer Chili serviert.
Injera – ich bin oft genug daran gescheitert. Das hier ist ein schnelles Injera, dafür muss der Teig nur einen Tag ruhen. Perfekt gelungen ist es mir nicht, aber sehr viel besser als alles, was ich vorher probiert hatte.
Dazu gab es ein Ragout aus in Kurkuma und Zwiebeln geschmorten Kartoffeln und Karotten – aromatisch und einfach.
Noch scharfe Linsen dazu: die Linsen werden vorgegart, dann mit Zwiebel, Knoblauch und einer schönen Portion Berbere und Schwarzkümmel aromatisiert – sie heißen nicht umsonst scharfe Linsen, sind aber zugleich sehr aromareich.
Nochmals Injera – diesmal die originale Zubereitung mit Sauerteig. Das Rezept hat gut funktioniert, das Brot wurde fein säuerlich und hat die erwünschten Bläschen an der Oberfläche – an meiner Technik muss ich aber noch arbeiten.
Das originale Injera war das Besteck für Rindfleisch mit Blattgemüse. Das klassisch äthiopische Blattgemüse habe ich durch Spinat ersetzt. Der Eintopf bekommt eine würzige, scharfe Note durch geklärte Gewürzbutter und die scharfe Gewürzmischung mitmita.
Äthiopische Gnocchi – das sind keine Kartoffelknödel. Grundlage ist Besso, in der Pfanne geröstetes Mehl. Hier ist es Weizenmehl. Die Gnocchi bestehen aus einer Art Brandteigmasse, werden mit mitmita gewürzt und mit Bechamelsauce und Käse überbacken.
Fazit:
Da gibt es viel zu entdecken – traditionelle äthiopische Rezepte sind in der Mehrzahl, aber wir finden auch einige moderne Interpretationen, denen man anmerkt, das Yohanis Gebreyesus im Ausland ausgebildet wurde. Äthiopische Küche, das mag exotisch klingen und manche Kombination ist es auch. Dennoch sind die Zutaten gut zu beschaffen (Teffmehl gibt es inzwischen im gut sortierten Supermarkt) und die Rezepte sind gut umsetzbar.
- Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
- Verlag: Knesebeck
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-3957283238
- € 32,00
Oh, da bin ich aber super gespannt auf das Injera-Rezept – denn mit meinen Versuchen habe ich bisher nur Bauchplatscher geschafft 😉 Und ich liebe diese Fladen. Teff-Mehl habe ich sogar am Start… liebe Grüße
Es dauert noch ein wenig bis zum Rezept…. ich muss üben. Ich denke, meine Teige waren etwas zu dick, dünner würde die spezielle Technik, mit der der Teig in die Pfanne gegossen wird, wohl besser klappen. Und dann gibt es auch eine Oberfläche mit regelmäßigen Bläschen. Ich arbeite dran :-).
Liebe Grüße zurück.