Kochbuch: Von der Provence nach Pondicherry | Tessa Kiros

Tessa Kiros wurde in London geboren. Ihre Mutter kommt aus Finnland, der Vater aus dem griechischen Teil von Zypern – eine spannende Mischung. Als Tessa vier Jahre alt war, übersiedelte die Familie nach Südafrika. Nach der Schule begann sie, durch die Welt zu reisen und dabei in den verschiedensten Restaurants zu arbeiten; nebenbei schloß sie ein Fernstudium in Anthropologie und Soziologie ab. Heute ist sie mit einem Italiener verheiratet, lebt in der Toskana und widmet sich außer ihrer Familie ihren Leidenschaften – Kochen und Reisen. Bisher hat Tessa Kiros 10 Kochbücher veröffentlicht, dieses hier ist ihr Neustes.

Von Frankreich in die Welt

Tessa Kiros nimmt uns mit auf eine Reise, die von der Provence über Guadeloupe, Vietnam, Pondicherry und La Réunion schließlich wieder in die französische Normandie führt. Ihr habt es gemerkt – es geht um Frankreich und um seine ehemaligen Kolonialgebiete. Provence und Normandie waren die Ausgangspunkte der Seefahrt und auch alle gewählten Orte sind mit dem Schiff erreichbar.

Jedem Land bzw. jeder Region ist ein Kapitel gewidmet. Das beginnt mit so etwas wie einer gezeichneten Landkarte als Titelblatt, in der außerdem ein paar markante Eckpunkte aufgeschrieben sind – verschiedene Namen für die Region, an welchem Meer die Gegend liegt, Sprache, typische Produkte….Immer gibt es auch einen kleine Einführung in die Geschichte und Gewohnheiten der Region, und natürlich bekommt Tessa Kiros auch immer die Kurve und erzählt uns, wo genau denn der französische Einfluss sich bemerkbar macht.

Rezepte: Klassiker und Neuentdeckungen

Für jede Region gibt es bekannte, klassische Rezepte, aber auch welche, die man nicht so gut kennt. Wir bekommen in der Provence zum Beispiel Knoblauchhähnchen und Mangoldgratin, auf Guadeloupe Schweinefleisch-Ragout mit Yams und Gungobohnen oder kreolisches Ratatouille. In Vietnam warten Miesmuscheln mit Limette, Chili, Zitronengras und Kokos ebenso wie Bun cha, in Pondicherry essen wir Tomaten-Rasam oder ein mildes Fischcurry. La Réunion wartet auf mit Kartoffelpüree mit Bourbon-Vanille oder Wurst-Rougail und in der Normandie finden wir Cidre-Butter-Sauce oder Cidre-Sorbet mit Karamellsauce. Immer gibt es auch einige Grundrezepte für Würzmischungen oder Saucen, die man für die weiteren Rezepte benötigt.

Rezepte mit Geschichte

Das ist ein sehr persönliches Buch mit einem interessierten, liebevollen Blick auf die besuchten Regionen, ihre Menschen und ihre Lebensart. Tessa Kiros hat bei ihren Reisen den Menschen beim Kochen über die Schulter geschaut und sich die Rezepte geben lassen. Zu jedem Rezept gibt es auch einige einführende Worte, die oft nicht nur über Rezept und Zutaten erzählen, sondern auch über die Person, die es gestiftet hat, oder über den kulturellen Zusammenhang, in dem es steht. Das macht für mich das Besondere an diesem Buch aus –  Rezepte finde ich im Internet zuhauf, aber persönliche Geschichten nicht.

Die Rezepte stammen allesamt aus der jeweiligen Familienküche, sind also nicht so kompliziert und gut nachkochbar. Eine Grenze bilden einige der verwendeten Zutaten – grade bei La Réunion und Guadeloupe bin ich da manchmal ein wenig ins Grübeln gekommen.

Ich bin ja jemand, der ein gutes Register sehr zu schätzen weiß – und dieses Buch hat eines, geordnet nach Zutaten und und Gerichten. Man findet, was man sucht.

Romantik inklusive

Es geht um Essen, und es geht um die Menschen, die dahinterstehen. Da passen die wunderschönen, atmosphärischen Fotos von Manos Chatzikonstantis gut hinein. Sie sind hübsch, aber nicht aufgehübscht und nehmen einen mit in die entsprechende Region. Auch das Layout des Buches ist hübsch, ein wenig verspielt, man denkt ein bisschen an ein Tagebuch oder eine Reise-Kladde. Aber das passt ja zum Thema und übersichtlich ist es trotzdem.

Schon mal ausprobiert

Ich habe ein bisschen mehr gekocht, denn ich wollte aus jedem Kapitel ein Gericht ausprobieren.

Ich liebe ja Artischocken, da ist klar, dass ich die gefüllten Artischocken, ein Rezept aus der Provence, ausprobieren musste. Aber das Rezept und ich, wir wurden keine Freunde. Die Artischocken werden in einer Sauce aus Zwiebeln, Speck und Weißwein gegart, am Ende kommt noch Salat dazu. Füllung konnte ich keine finden im Rezept und habe deshalb einige der festen Saucenbestandteile zusammen mit dem Salat, der am Ende noch mitgegart wird, in die Artischocken gegeben. Aber irgendwie schmeckte das Ganze am Ende etwas langweilig.

Keine Enttäuschung war das Auberginen-Curry aus Pondicherry. Die Auberginen werden mit einer Menge Schalotten, einer Masala-Mischung, Ingwer und Knoblauch gebraten, dazu gesellen sich Tomaten und Tamarinde. Im Original auch noch Moringa-Schoten (Drumsticks). Ich habe leider keine bekommen und statt dessen auf Flügelbohnen zurückgegriffen. Am Ende kommt noch ein Würzöl über das Ganze und man bekommt ein Gericht mit zarten Auberginen, leichter Schärfe und Säure – perfekt.

Das Rezept  für die Fischsuppe kommt aus Guadeloupe. Dafür wird Snapper in einer würzigen Brühe pochiert und dann filetiert. Die rote Farbe kommt von einer mit Annato-Samen und Paprika aromatisierten Butter.

Die würzigen Bohnenküchlein aus Martinique haben in der Herstellung gewisse Ähnlichkeit mit Falafel: eingeweichte Bohnen werden gemixt und die Masse wird hinterher ausgebraten. Die Würzung ist aber eine ganz andere: Kurkuma, Kreuzkümmel, Koriandergrün und Petersilie sowie frische Chilischote  – so machen sie ihrem Namen alle Ehre.

Weiter geht es in die Normandie. Da fallen uns erst mal Milch, Butter und Käse ein – und so gibt es ein einfaches Hähnchenschnitzel mit einer Camembert-Sauce. Für das Schnitzel werden Hähnchenbrustfilets geschnitten, geklopft und paniert und die Sauce besteht im Wesentlichen aus Camembert und Sahne. Zusammen mit einem Salat und Kartoffeln ein schönes Alltagsessen.

Das in Rotwein geschmorte Rinderragout aus Vietnam ist richtiges Fusion-Food, und ein Knaller.  Rind, Rotwein, Kartoffeln und Karotten vertragen sich bestens mit den verwendeten Gewürzen wie Sternanis, Fischsauce, Ingwer, Sichuan-Pfeffer und Cassia, und  dank einer vorhergehenden Marinierzeit ist das Fleisch wunderbar zart und aromatisch.

Fazit

Tessa Kiros ist eine Geschichtenerzählerin. Ich oute mich als Fan, ich habe viele ihrer Bücher und ich nutze sie dauernd. Und zwar genau deswegen – es gibt Rezepte, sie sind authentisch, sie passen in unseren Alltag. Aber sie sind auch liebevoll erzählt; immer gibt es auch eine Geschichte hinter dem Rezept.

  • Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
  • Verlag: Gerstenberg Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 978-3836921411
  • 34,00
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10 Kommentare

    • Ja, stimmt. Und immer ein Bezug zum „Mutterland“ ;-). Ok, im Ernst es ist ein Potpourri mit roten Faden; auf die Idee muss man erst mal kommen….

      • Danke Dir :), ich verstehe jetzt. Ich kann es nachvollziehen. Beil der Vielfalt der Auswahl kann man sich kaum entscheiden, was man nimmt und die Neugierde finde ich wunderbar, weil man nie stehen bleibt, nie bei Pommes und Schnitzel verweilt. Die Reise geht immer weiter :), Du hast recht. Und die Familie zieht einfach mit, was schön ist :).

        Hab noch einen schönen Abend und bin natürlich auf nächste Rezepte und Bücher gespannt.

        • Sagen wir so… wenn ich mich unbedingt entscheiden müsste, dann würde ich dauernd chinesisch essen. Dann würde mir aber das Brot fehlen.

          • Nun die chinesische Küche ist eine Wissenschaft an sich und schmeckt der ganzen Welt.
            Und der Reis dabei ist zwar kein Brot, aber einbißchen als Ersatz könnte er dienen.

  1. Liebe Süsanne,
    Ich bitte um Verzeihung, weil ich nicht ganz zum Thema beitrage, jedoch möchte ich
    meine Gedanken loswerden, da sie schon lange Zeit in meinem Kopf tanzen.

    Solch eine Unmenge an Kochbüchern hast du gelesen und ausprobiert.
    Uns verschiedensten Küchen aus allen Weltecken gezeigt und erklärt.
    Du hast schöne Geschichten über das Essen, das Du kochst und über all die Bücher, die Du uns präsentierst, erzählt.
    Was mir allerdings fehlt ist etwas von Dir selbst. Deine eigentlichen Rezepte, die Gedanken und Gefühle beim Kochen deiner eigenen Kreationen.

    Nach jahrelangen Erfahrungen mit unzähligen Rezepten und Zutaten wo ist die Susanne selbst?
    Welche Küche würdest du erfinden, wenn Du all die Kochbücher nicht hättest?

    Ich bin richtig neugierig, muss ich sagen.

    Viele Grüße

    • Oh, Maria – danke :-).Stimmt, ich erzähle hier nicht unmittelbar so viel Persönliches. Es ist aber auch ein Foodblog und kein tagebuch über meine Befindlichkeiten…wenn ich so in mich gehe, bin ich mir nicht sicher, ob das irgendjemand wissen will.;-)
      Ok, im Ernst. Die Susanne selbst, tja, die hat einen Mann und zwei Kinder und kocht andauernd für die. Die Herrschaften wären, denke, ich dankbar, wenn es öfter mal etwas konventionelleres Essen gäbe – Schnitzel mit Pommes, oder so. Gibt es dann auch hin und wieder. Aber insgesamt bin ich furchtbar neugierig; ich verstehe also Deine Frage. Wenn es was Neues gibt, muss ich das probieren. Das ist sozusagen der Punkt – Neugierde. Wenn ich etwas erfinden sollte, dürfte, vor lauter Neuigkeiten die Zeit dazu finden würde….hm. Naja. Ich würde vermutlich China und Frankreich und die Türkei in einen Topf werfen und vielleicht noch Äthiopien dazu, aber uff, da gibt es so viel. Möglicherweise kann ich mich einfach nicht entscheiden.

    • Es ist ein schönes Buch, eine kleine Weltreise, ausgehend von Frankreich. Wenn Du schon ein Buch von ihr magst, dann gefällt Dir dieses hier sehr wahrscheinlich auch richtig gut :-).

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