Kochbuch: Bethlehem | Fadi Kattan

Fadi Kattan kommt aus einer angesehenen Bethlehemer Familie. Mütterlicherseits war man frankophil, die väterliche Seite der Verwandten tendierte eher ins Britische mit Aufenthalten in Indien, Japan und dem Sudan. All diese Einflüsse hat er seit seiner Kindheit verinnerlicht. Er machte eine Ausbildung als Hotelkaufmann und arbeitete in Paris und London, bevor er nach Bethlehem zurück kam und zunächst in das Familienunternehmen einstieg. Schließlich entschloß er sich, seiner Leidenschaft nachzugehen und zu kochen; und heute betreibt er das palästinenische Restaurant Akub in London und in Bethlehem das Restaurant Fawda sowie ein Boutique-Hotel. Als das Restaurant während der Pandemie schließen musste, begann er Filme über die traditonelle palästinensische Küche und die Küchengeheimnisse der Großmütter zu drehen – Tetas Kitchen kann man sich auf YouTube ansehen.

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Dieses Buch nun hat er der Küche seiner Heimatstadt gewidmet, er teilt Rezepte und Geschichten seiner Stadt und seiner Familie. Ich beginne mit den Rezepten, die sind nach den Jahreszeiten gegliedert. Fadi Kattan stellt sowohl klassische Gerichte vor wie zum Beispiel Makloube, den gestürzten Reis in einer Version mit Blumenkohl, die Teigtaschen Sish Barak , das Gemüse Moloukia oder Shawarma. Vielen Rezepte hat er aber auch seinen eigenen Stempel aufgedrückt und sie behutsam modernisiert – da gibt es eine Brioche, die mit Mastix aromatisiert wird, aus dem traditionellen Getreide Freekeh macht er Risotto und das ehrwürdige Grillhähnchen Mousakan wird zu einer Hühnerleberpastete.

Die Rezepte sind gut strukturiert und nicht schwer nachzukochen – einzig die Zutaten sind eine Grenze. Schafsschwanzfett konnte ich ebensowenig auftreiben wie frische Sumach-Beeren; beide Male habe ich mir beholfen.

In die Rezepte verwoben sind Geschichten, und die sind allesamt sehr persönlich, unabhängig davon, ob er über seiner Großmutte schreibt oder über den Händler, bei dem er seine Gewürze kauft. Das Buch beginnt mit der Schilderung des Frühstücksrituals im Elternhaus des Autors und endet mit der Erinnerung daran, wie seine Großmutter mit der Großfamilie das Weihnachtsfest zelebrierte. Dazwischen schildert er die Kultur der Bäckereien in Bethlehem; eine der größten wird vom Salesianer-Kloster betrieben, die auch Brot an Bedürftige verteilt. Er schreibt über die Salzgewinnung im Toten Meer und die Diskussion, aus welchem Ort nun das beste Olivenöl kommt und nimmt uns mit zum Gewürzhändler und zum Metzger. Die Geschichten werden von vielen Fotos untermalt, die die Menschen, Landschaften und Lebensmittel einfühlsam in Szene setzen.

Das Buch wurde vor dem brutalen Überfall der Hamas geschrieben und sozusagen von der Realität überholt. Fadi Kattans Restaurant und das Hotel sind geschlossen und auf den Märkten gibt es nicht mehr viel zu kaufen. Fadi Kattan hat ein Kapitel Um Nabil gewidmet, die 40 Jahre lang ihre Kräuter im Souk verkauft hat. Sie hatte die besten und gerne auch einige Überraschungen im Gepäck. Bisher konnte sie nichts abhalten, aber heute kann sie den Weg aus ihrem Dorf nicht mehr leisten.

Arayes Shrak sind gefüllte Fladenbrote, die gegrillt werden. Sehr fein, obwohl ich darauf verzichten musste, die gegrillten Brote mit Lammfett zu verfeinern. Sie haben aber auch mit Oivenöl geschmeckt.

Das ist Mujadara – Comfort Food aus Reis und Linsen mit einem Topping aus Röstzwiebeln. Jeder Haushalt hat sein eigenes Rezept für diesen Klassiker. Das von Fadi Kattan sticht hervor, weil er alles am Ende mit einem Dressing aus Zitronensaft und Frühlingzwiebeln besträufelt; das gibt dem ganzen eine wunderbar frische Note.

Der Mangold mit Tahinsauce ist ein weiterer Beweis dafür, dass Tahin einfach alles besser macht 😊.

Brokkoli gehört nicht zu den Gemüsen, die in der palästinensischen Küche traditionell verwendet werden. Hier wird der Brokkoli blanchiert und in einem Dressing aus Knoblauchpaste, Chiliöl, Zitronensaft und Selleriesamen gewendet – das steht ihm sehr gut.

Die Linsensuppe nach einem Rezept von Fadi Kattans Mutter punktet mit einer feinen Ingwernote, Croutons aus Fladenbrot und einem Klecks scharfer Shatta. Allerdings habe ich wesentlich mehr Flüssigkeit gebraucht als im Rezept angegeben.

Shatta hatte ich hier schon einmal gemacht. Diese Variante hier aus grünen Chilis kommt ohne Fermentation aus und ist toll, wenn man schneller einen Schärfekick braucht.

Das sind mit Feta und Tomate gefüllte Weinblätter, die auf einer Kräutersauce serviert werden. Die Weinblätter werden samt Füllung in Förmchen gepackt und im Ofen im Wasserbad gegart. Nach der relativ kurzen Garzeit waren die Weinblätter bei mir noch sehr fest; vielleicht lag das daran, dass ich eingelegte hatte und keine frischen.

Das ist ein Risotto auf Freekeh-Basis, aufgegossen mit Wein und Gemüsebrühe, gewürzt mit Safran und Kardamom und cremig dank Feta.

Fazit:

Das Buch gibt einen schönen Überblick über die palästinensische Esskultur mit Rezepten für jeden Anlaß, sowohl klassisch als auch modern. Auch Vegetarier*innen werden problemslos fündig. Die Rezepte in diesem Buch sind geprägt von Erinnerung. Der durch den Terror der Hamas ausgelöste Krieg hat dafür gesorgt, dass das tägliche Leben sich stark verändert hat und das kulturelle Erbe zu verschwinden droht. Fadi Kattan sagt dazu, dass sein Buch nun Hoffnung bringen soll – die Kultur am Leben erhalten, indem man die alten Rezepte kocht.

  • Herausgeber: Christian Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
  • ISBN: 978-3959619097
  • € 34,99

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