Denise Snieguolė Wachter ist gelernte Journalistin und arbeitet als Kulinarik-Expertin beim Stern. Ihre Mutter kommt aus Litauen und so hat Denise Snieguolė Wachter von Kindesbeinen an viel Zeit in Litauen, besonders in der Hauptstadt Vilnius, verbracht. Litauisches Essen ist für sie ein Stück Heimat, und nun hat sie ihm dieses Buch gewidmet.
Das Buch startet mit kleinen Gerichten, es folgen Rezepte für den Alltag, Ideen für die Vorratskammer und etwas aufwändigere Gerichte, zu denen man sich gerne mit Gästen an den Tisch setzt. Pilze und Kartoffeln spielen eine große Rolle in der litauischen Küche und so ist es kein Wunder, dass diese Lebensmittel jeweils ein extra Kapitel bekommen haben. Und natürlich gibt es auch Durstlöscher und Süßes.
Die litauische Küche ist vielseitig und besonders in der Hauptstadt geprägt vom Zusammenleben verschiedener Kulturen. Jüdische Einflüsse zeichnen sich beim Kartoffelauflauf Kugelis ab und die Turkvölker brachten Schaschlik mit. Und seit sich die Grenzen geöffnet haben, ist die Esskultur noch vielfältiger geworden: man interpretiert klassische Rezepte neu und setzt die traditionellen Lebensmittel kreativ ein.
Auch Denise Snieguolė Wachter stellt nicht nur klassische Rezepte vor, sondern hat einiges kreativ neu interpretiert – so gibt es nicht nur die klassischen Cepelinai (die habe ich hier bereits vorgestellt) mit Hackfleischfüllung, sondern auch eine rosarote Variante mit roter Bete in der Hülle und einer vegetarischen Füllung aus Hüttenkäse. Die klassischen Rezepte haben auch einen litauischen Rezepttitel, die modernen nicht, das ist ein praktisches Unterscheidungskriterium.
Die Rezepte sind mit gut erhältlichen Zutaten problemlos nachkochbar und alltagstauglich; einzig die Menge Rezepten mit Steinpilzen und Pfifferlingen ließ mich als Nicht-Sammlerin seufzen, und zwar sehnsüchtig. Zudem haben die meisten Rezepte eine kleine persönliche Vorrede bekommen, in denen man etwas über seine Herkunft erfährt oder manchmal auch eine Familiengeschichte zu lesen bekommt.
Es geht aber nicht nur um Rezepte im Buch, es ist auch ein kleiner kulinarischer Reiseführer durch Vilnius. Die Gastroszene dort ist im Aufbruch und viele junge Küchenchef*innen haben Spannendes zu bieten. Einigen von ihnen widmet das Buch Porträts – und es werden nicht nur die Menschen, Restaurants oder Läden vorgestellt, sondern es gibt auch jeweils ein Rezept. Diesen Food-Guide baut die Autorin weiter aus, über einen QR-Code im Buch kommt man auf eine Liste in Google-Maps, die laufend erweitert wird – ein Reiseführer für die Tasche.
Im Übrigen ist das ein Buch, in dem man gerne blättert. Das Cover verrät schon den Stil der Food-Fotos – ein wenig verspielt, aber nicht zu sehr, das Essen steht im Mittelpunkt. Das Layout ist schön übersichtlich mit in Spalten gehaltenen Rezepten und fett gedruckter Zutatenliste.
Die Tomatensaison wollte genutzt werden – ich habe erst mal Kirschtomaten eingelegt. Im Glas landen neben der Lake auch noch Knoblauch, Dill und Johannisbeerblätter (die enthaltenen Tannine sorgen für eine knackige Konsistenz).
Den selbst gemachten Quarkkäse Varškės sūris fand ich spannend – das ganze ist recht einfach, die frische Milch wird mit Zitronensaft zum Gerinnen gebracht. Würzen, formen, einen Tag ruhen lassen und schon hat man einen angenehm milden Käse, der vielseitig verwendbar ist.
Man isst gerne Pfannkuchen in Litauen – und hier auch. Ich habe mich für die süße Variante mit einer Quarkfüllung und karamellsierten Birnen entschieden – sehr fein.
Das ist Charčio Sriuba, eine georgisch inspirierte Suppe mit Rinderhack, reichlich Gemüse, Reis und einer netten Schärfe. Schmeckt am nächsten Tag tatsächlich noch besser, auch wenn bei uns nur wenig für diesen Test übrig geblieben ist.
Das Steinpilz-Risotto wird mit getrockneten Steinpilzen gemacht, ist also saison-unabhängig. Die Besonderheit; statt mit Wein wird mit dunklem Bier aufgegossen, das gibt eine sehr aparte Note.
Kugelis ist ein Kartoffelauflauf aus der jüdischen Küche: geriebene Kartoffeln werden mit Zwiebel, Ei und Milch gegart. Dazu gibt es in der litauischen Version eine üppige Sauce mit Sahne, Sauerrahm und Speck.
Fazit:
Ein sehr persönliches Kochbuch, das mehr als nur einen Überblick über die Küche Litauens und seiner Hauptstadt bietet. Es gibt eine spannende Mischung traditioneller und modern interpretierter Gerichte, persönliche Geschichten und einen Überblick über die boomende Food-Szene in Vilnius.
- Herausgeber: AT-Verlag
- Sprache: Deutsch
- Gebundene Ausgabe, 240 Seiten
- ISBN: 978-3039022373
- € 36,00
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