J. (ames) Kenji López-Alt wurde in in Boston Massachusettes als Sohn eines deutschstämmigen Chemikers und einer japanisch-stämmigen Mutter geboren. Er hat eigentlich ein abgeschlossenes Architekturstudium, hatte aber während der Studienzeit seinen ersten Job in einer professionellen Küche und ist diesem Metier seither treu geblieben: nach der Restaurant-Tätigkeit arbeitete er in den Testküchen von Zeitschriften und Kochsendungen und für Serious Eats; und nun sieht man, worauf das hier hinausläuft: Kenji López-Alt geht den Dingen gerne auf den Grund und geht das Kochen wissenschaftlich an. Aus einer entsprechenden Serie bei Serious Eats entstand sein erstes Grundlagenbuch „The Food Lab“, und dieses Buch hier, das befasst sich mit eben dieser Herangehensweise mit dem Kochen mit dem Wok.
Es ist ein dicker Wälzer geworden, der sich mit wirklich allen Fragen der Wok-Nutzung beschäftigt – und natürlich auch eine Menge Rezepte zum Ausprobieren bietet. Das beginnt mit einer Einleitung, die sich mit der Frage beschäftigt, was für einen Wok man sich überhaupt anschaffen sollte. Ich spoilere: Karbonstahl; ich nutze diesen hier*. Ein Wok ist eigentlich für das Kochen bei extremer Hitze gemacht, die man zuhause in aller Regel nicht erreicht. Um trotzdem die gewünschten Ergebnisse zu erzielen, arbeitet man am besten in kleinen Portionen.
Wenn die Basis-Fragen geklärt sind, geht es an die einzelnen Kochtechniken: zunächst Stir-Frying (sortiert nach Hühnchen, Schweinefleisch, Rind und Lamm, Fisch und Meeresfrüchten sowie Eier, Tofu und Gemüse). Danach geht es um Reis, dann um Nudeln, schließlich ums Braten (da sind Dinge wie Pfannkuchen und Teigtaschen gemeint) und Frittieren und schließlich ums Kochen, Dünsten und Schmoren.
Die Rezepte haben eine große Vielfalt – neben China, Japan, Korea und Thailand sind eigene Interpretationen vertreten und auch die chinesisch-amerikanische Küche. Wie gründlich die Rezepte aufbereitet sind, möchte ich gerne an einem Beispiel aufzeigen: für das chinesisch-amerikanische Kung-Pao-Hühnchen unten beginnt man mit einer detaillierten, bebilderten Anleitung zum Entbeinen von Hühnerschenkeln. Auch wie man eine Paprika putzt und schneidet, wird detailliert und bebildert erklärt. Dann gibt es eine bebilderte Schritt-Für-Schritt-Anleitung, die mit dem Vorheizen des Woks beginnt und bei Schritt 8 mit dem Andicken der Sauce endet. Und schließlich kommt das eigentliche Rezept, und selbst da gibt es noch ein paar zusätzliche Tipps. Vor allem steht da, was man vor dem Stir-Frying schon mal bereit stellen sollte, damit nachher alles reibungslos läuft.
Alles in diesem Buch geht ins Detail: wenn es also um Nudeln geht, werden erst mal die Begrifflichkeiten geklärt, es gibt eine Übersicht über gängige Nudelsorten – und da fehlt auch nicht der Hinweis, wie die Nudeln hergestellt werden – und dann erst geht es los mit Rezepten. Er hat viel ausprobiert und oft richtige Versuchsreihen aufgebaut, deren Ergebnisse er mit uns teilt. An manchen Stellen ist das sehr nerdy – so erreicht man in der heimischen Küche trotz aller Bemühungen den rauchigen Wok-Geschmack (wok hei) eher nicht, und da rät Kenji López-Alt zum Bunsenbrenner; dazu konnte ich mich noch nicht durchringen. Immer wieder gibt es auch Info-Kapitel – zu Fischsauce, zum Glutamingehalt von Lebensmitteln und zudem sind in den einzelnen Kapiteln auch eine Menge Grundzepte untergebracht, zum Beispiel für Chili-Öl oder geröstete Erdnüsse. Nebenbei wird nicht nur kochtechnisches (Grund)wissen vermittelt, sondern auch kulturelle Hintergründe und Geschichte.
Das klingt nach viel? Ist es auch. Aber glücklicherweise hat der Mann Humor und kann schreiben, die Lektüre ist wirklich kurzweilig und ich habe oft genug herzhaft gelacht.
Das war lang. Jetzt gibt es Essen:
Das ist chinesisch-amerikanisches Kung-Pao-Hühnchen: mariniertes Hühnchenfleisch vom Schenkel, gebraten mit etwas Gemüse und mit einer klassischen Sauce aus Sojasauce, Zucker, Reisessig und Sesamöl.
Für das koreanische Curry mit Reiskuchen werden Reiskuchen mit Zwiebeln, Karotten und Currypulver geschmort; zugegeben kein optisches Highlight, aber geschmacklich toll – und ein echtes Blitzgericht.
Diese Teigtaschen sind mit Aubergine und Pilzen gefüllt. Es wird Wert auf Struktur gelegt, damit die Füllung nicht langweilig ist – die Auberginen werden erst gedämpft, dann kurz mit allen anderen Zutaten gebraten und schließlich grob gestampft.
Zha Jiang Miàn in einer anderen, etwas schnelleren Version als hier. Als Ersatz für die süße Weizenpaste wird eine Mischung aus Hoisin-Sauce und Miso vorgeschlagen, das funktioniert prima. Die Nudeln werden kurz vor dem Servieren mit der Hackfleischsauce vermischt, dazu gibt es reichlich frische Toppings.
Für gebratenen Reis gibt es ein Extra-Tutorial – welchen Reis verwende ich, wie bereite ich die Zutaten vor, in welcher Reihenfolge brate ich… ich habe zuerst das Ei gebraten, wie ich das immer mache (das ist die Restaurant-Methode, ok 😁), dann die Zugaben wir Shrimps und Gemüse. Zwischendurch alles aus dem Wok genommen, dann den Reis gebraten und die restlichen Zutaten wieder zugegeben. Ich will ehrlich sein – so riesig war der Unterschied zu meinem bisherigen Vorgehen nicht – ich hatte immer erst das Ei gebraten, rausgenommen, restliche Zutaten gebraten, dann den Reis dazu und am Ende wieder das Ei. Der von mir verwendete Langkornreis allerdings hat sich exakt so verhalten, wie vorausgesagt – er ist etwas gebrochen.
Jian Bing sind ein chinesisches Imbissgericht, das auf einem Pfannkuchenteig basiert. Hier wird eine Abkürzung in Form von Weizentortillas genommen. Die Tortilla wird gebraten, mit einer Eimasse bestrichen und auf der Eiseite nochmals gebraten – das Gericht hat es bei uns schon mehrfach auf den Tisch geschafft, es macht richtig zufrieden und ist im Handumdrehen fertig.
Rührei mit Tomate gibt es hier oft – die Version von Kenji Lopez-Alt sieht auch nicht schöner aus als das, was ich normalerweise mache, hat aber eine paar Finessen, die ich beibehalten werden: die Eimasse wird sehr gründlich verrührt, es kommt etwas Butter daran und sie wird mit etwas Stärkemix gebunden, so bleibt sie wunderbar zart, auch wenn sie, wie bei mir, etwas zu lange im Wok war.
Das Rezept lautet auf grüne Longhorn-Chilis, gefüllt mit einer Garnelenmasse. Ich habe statt dessen Pimientos de Padron verwendet. Die Füllung wird sehr fein gehackt, die Schoten mit der gefüllten Seite zuerst gebraten, dann fertig gegart.
Ich hatte noch ein paar Pimientos übrig. Früher habe ich die gegrillt oder gebraten, diesmal brav nach Anleitung frittiert – und ich fürchte, ich muss das jetzt immer so machen.
Fazit:
Das Buch hat seinen Preis. Es ist aber auch ein dicker, aufwändig gestalteter Wälzer mit mehr als 650 Seiten, 200 Rezepte und 1000 Fotos. Ich habe gelesen und ein bisschen was ausprobiert, und allein das hat mich ein paar Wochen gut beschäftigt. Wer sich also näher mit dem Kochen mit dem Wok beschäftigen und dabei ordentlich etwas dazu lernen möchte, der wird an diesem Buch seine Freude haben – und zwar langfristig.
- Herausgeber: Christian Verlag
- Sprache: Deutsch
- Gebundene Ausgabe, 656 Seiten
- ISBN: 978-3959618083
- € 75,00