Kochbuch: Heimatliebe | Nelson Müller

Heimat, was ist das eigentlich? Für Nelson Müller ist es schlicht der Ort, an dem man sich wohlfühlt. Und Essen spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle – ein gutes Essen kann durchaus dazu beitragen, dass man sich zu Hause fühlt.

Für die meisten von uns sind die Gerichte der Region, in der wir aufgewachsen sind und/oder leben ein Stück Heimat. So ist es auch bei Nelson Müller, dessen Lieblingsgerichte aus der deutschen Familienküche kommen. Die traditionellen Rezepte werden aber gar nicht mehr so viel zuhause gekocht und manche drohen in Vergessenheit zu geraten. Das hat Nelson Müller auf die Idee gebracht, diese Klassiker in einem Buch niederzuschreiben.

In dem Buch finden sich Rezepte quer durch Deutschland, geordnet ganz klassisch nach Imbiss und Kleinigkeiten, Suppen und Eintöpfe, Fisch und Meeresfrüchte, Fleisch, Geflügel und Wild sowie Süßes. Alle bekannten Klassiker sind versammelt: es gibt Heringshäckerle mit Pellkartoffeln aus Schleswig-Holstein, hessischen Handkäs mit Musik, Pichelsteiner aus dem Bayerischen Wald, Ruhrpott-Currywurst mit Kartoffelspalten, Pfälzer Saumagen, westfälische Götterspeise…  es fehlt an nichts. Die Rezepte sind im Großen und Ganzen klassisch gehalten; hier und da wurde aber behutsam modernisiert und oft findet man ein gewisses Etwas, das das Rezept zu etwas Besonderem macht.

Die Rezepte sind ordentlich strukturiert. Zu vielen Rezepten gibt es zusätzliche Küchentipps und immer findet man ein kleines Vorwort, in dem man mehr über das Gericht erfährt. Hübsch finde ich, dass bei jedem Rezept auf einer kleinen Deutschlandkarte die Region eingezeichnet ist, aus der das Essen kommt. Auch ein ausführliches Register fehlt nicht.

Zwischen die Rezepte sind immer wieder kleine warenkundliche Kapitel eingeschoben – in diesem sogenannten „Markthallenwissen“ erfährt man Basics über Kartoffel- und Apfelsorten, über Fisch, Fleisch und Wurzelgemüse.

Ein paar Worte zur Aufmachung: die ist hochwertig mit Leinenrücken und Fadenbindung. Das Layout ist hell und freundlich. Die vielen Fotos setzen nicht nur das Essen appetitlich in Szene, es gibt auch viele atmosphärische Landschaftsfotos aus allen Teilen Deutschlands.

Ich durfte bei der Buchpräsentation in München dabei sein, einen sympatischen Nelson Müller kennenlernen und sehr gut essen. Hier einige Eindrücke:

Es gibt, wie gesagt, Rezepte quer durch Deutschland, und je nachdem, aus welcher Gegend man kommt, sind natürlich bekannte Klassiker dabei. Kässpätzle und Schweinebraten habe ich also nicht probiert, sondern lieber Gerichte, die mir nicht so geläufig sind:

Pommerschen Kabeljau zum Beispiel: Das ist in Fischfond pochierter Kabeljau mit einer Senfsauce und Linsengemüse. Das hat uns gut gefallen, allerdings würde ich den Fisch beim nächsten Mal einfach garziehen lassen und den Fond nicht nochmals aufkochen, nachdem der Fisch hineingegeben wurde. Mein Fisch hat das übel genommen.

Quarkeulchen sind für mich eine Kindheitserinnerung, und sie schmecken auch heute noch: der Teig aus Pellkartoffeln, Quark und wenig Mehl und Zucker wird zu Bällchen geformt, in der Pfanne gebraten und mit Puderzucker bestäubt serviert. Ich kannte die Quarkbällchen frittiert, aber in der Pfanne gebraten mag ich sie heute tatsächlich lieber.

Eier in Senfsauce kannte ich –  Eier in süß-saurer Sauce hingegen waren mir neu. Die Sauce auf Bechamel-Basis mit Gemüsebrühe wird mit Essig und Zucker süßsauer abgeschmeckt, dazu gibt es Kartoffelstampf. Eine für mich ungewöhnliche Kombination, die mir gut gefallen hat.

Speckpfannkuchen gibt es hier eigentlich öfter – ich mache gerne erst einige salzige Pfannkuchen, bevor die süßen in die Pfanne kommen. Die Berliner Speck-Eierkuchen sind aber anders, nicht groß und flach, sondern etwas kleiner und dick und fluffig, was schlicht daran liegt, dass Eischnee untergehoben wird. Es ist außerdem Bier am Teig, das sorgt für zusätzliches Aroma.

Königsberger Klopse sind ein bekannter Klassiker – sächsische Klopse hingegen kannte ich gar nicht. Riesig sind die Unterschiede nicht  – aber sehr ausprobierenswert. An die Soße kommen Essiggurken statt Kapern (ich hatte milchsaueren Spargel, irgendjemand hatte das letzte Glas Gurken vernichtet), die Soße wird mit Essiggurkensud abgeschmeckt und mit Speisestärke gebunden. Die Klopse gibt es mal wieder.

Fazit:

Wenn ich mich in meiner Umgebung umschaue, stelle ich fest, dass zuhause immer weniger gekocht wird. Leider ist es auch so, dass die traditionellen Gerichte dadurch immer mehr in Vergessenheit geraten. Da passt es gut, dass in diesem Buch die bekannten Klassiker einmal zusammengefasst präsentiert werden. Nelson Müller möchte Lust darauf machen, die klassischen Gerichte aus dem deutschen Regionen wieder zu entdecken, und ich finde, das ist ihm gut gelungen.

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4 Kommentare

  1. Béchamel? Spannend. Ich kenne süss-saure Eier nur mit einer dunklen Roux (Fett, Mehl, Salz, Essig, Zucker, Pfeffer). Gab’s bei uns früher oft als Mittagessen mit Kartoffelstock.

  2. Ahh Quarkkeulchen, da such ich noch nach dem perfekten Rezept. Scheint ein lohnenswertes Buch zu sein-schließlich können wir nicht alle überall in Deutschland kochen gelernt haben.

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