Malin Elmlid hat lange Zeit in der Modebranche gearbeitet. Sie verspürte einen gewissen Druck, was ihre Kleidergröße angingt und sah sich zum Verzicht auf Kohlehydrate genötigt. Kein Zucker im Kaffee, keine Kartoffeln, keine Pasta. Ok. Aber auf Brot wollte sie nicht verzichten. Dann halt wenig Brot, dafür aber richtig Gutes. Das Brot, dass sie essen wollte – auf der Basis von Weizensauerteig und ohne Bäckerhefe und Zusatzstoffe – war in Berlin, wo sie lebt, nicht zu finden. Und so begann sie selbst zu backen. Um das für sie selbst perfekte Brot zu entwickeln, backte sie viel. Sehr viel. Mehr als sie essen konnte. So wurde erst Brot an Freunde und Nachbarn verteilt und bald wurde der Kreis derjenigen, die ein Brot von Malin bekamen, größer. Um das Brot auch über ihren Bekanntenkreis hinaus tauschen zu können, rief sie „The Bread Exchange“ ins Leben. Und was passierte? Malins Brot entwickelte sich zur Tauschwährung. Sie bot Brot an und bekam – alles Mögliche: Geschichten, Übernachtungsmöglichkeiten, Bücher, Rezepte, Lebensmittel. Sie nimmt alles für ihr Brot, nur kein Geld.
Malin nahm ihren Sauerteig mit auf Reisen, backte auch unterwegs uns tauschte ihr Brot. So ist dieses Buch entstanden. Es berichtet vom Brot, von den Reisen, den Menschen und ihren Geschichten.
Es ist ein schönes, hochwertiges Buch geworden. Ein ruhiges Layout in gedeckten Farben lädt zum Blättern und Lesen ein. Das Papier ist grundsätzlich matt, ein paar Blöcke mit Hochglanzseiten sorgen für Abwechslung. Es gibt sehr viele Fotos, auch hier Abwechslung durch Farbe und Schwarz-Weiß. Die Fotos erzählen Geschichten: vom Brot, den Reisen, den Menschen die Malin getroffen hat. Es macht Freude sie anzusehen. Einen Einwand aber muss ich anbringen: die Fotos, die Malin beim Backen zeigen, die wirken auf mich sehr gestellt. Davon hätte es auch ein bisschen weniger sein dürfen.
Das Buch beginnt mit einer Anleitung zum Ansetzen von Sauerteig und einigen Rezepten für das Brot, das Malin backt. Ich habe nach ihrem Vorschlag Weizensauerteig angesetzt: hierfür wird etwas vorhandener Roggensauerteig innerhalb von 2 Tagen umgezüchtet. Das hat wunderbar funktioniert – der Weizensauerteig blubbert eifrig vor sich hin.
Danach geht es an die Reisen und an die Geschichten. Wir werden mitgenommen in den Sinai, nehmen am Bread-Exchange-Dinner in Berlin teil, feiern eine Flusskrebs-Party in Stockholm und Brunchen in Bayern. In Warschau gibt es Suppen für kalte Tage, in New York eine Party auf der Dachterrasse. Wir bekommen Tipps für den Mittsommerzauber und wandern mit Malin durch Kabul. In Antwerpen gibt es Waffeln und Muscheln, der Roadtrip durch Kalifornien bringt uns Sauerteigpfannkuchen und schließlich reisen wir noch nach San Francisco in die Heimat des weißen Sauerteigs.
Malin schreibt hinreißend. Oder auch mitreißend. Man erlebt mit, was sie erzählt. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass es faszierend ist zu erfahren, wie bereitwillig die Menschen sich in unserer sehr auf Geld ausgerichteten Welt sich auf Tauschgeschäfte einlassen. Das macht Mut.
Für mich liegt der Schwerpunkt des Buches nicht auf den Rezepten, sondern auf den Reisen, den Begegnungen und den Geschichten. Aber natürlich habe ich trotzdem etwas ausprobiert:
Man glaubt es kaum – ich habe mit Brot angefangen. Allerdings nicht mit einem von Malins Rezepten, denn ich musste erst mal den Roggensauerteig auf Weizen umerziehen. Angelacht hat mich das dänische Roggenbrot des legendären Chad Robertson. Das ist ein Roggenbrot mit einem großzügigen Anteil an Saaten. Roggensauerteig und lange Teigführung – schön. Das Brot ist geschmacklich wunderbar und überraschend sanft. Trotzdem durfte ich es alleine essen. Grund sind die ganzen Roggenkörner. Die werden ca. 5 h in kaltem Wasser eingeweicht. Nach dem Backen sind sie leider im Inneren noch ziemlich hart geblieben. Das ist schade. Ich werde das Brot nochmal backen, aber dann werde ich die Körner in heißem Wasser einweichen.
Dann gab es Malins einfaches Sauerteigbrot, angereichtert mit Goji-Beeren und Rosmarin. Da gab es nichts zu meckern, das ist ein gutes Brot. Es ist ein No-Knead-Bread mit langer Teigführung. Weil der Teig „nur“ gefaltet wird, hatte ich ein wenig Schwierigkeiten, die Beeren gleichmäßig zu verteilen.
Ashak sind Teigtaschen aus Afghanistan, gefüllt mit Frühlingszwiebeln. Dazu gibt es eine Joghurt-Knoblauchsoße und eine Hackfleischsoße mit Tomaten. Die Taschen waren gut herzustellen und und haben wunderbar geschmeckt.
Das finnische Wohlfühlbrot ist eigentlich untypisch, denn es wird mit Roggensauerteig gebacken. Es ist ein dichtes, mild-aromatisches Roggenbrot, das mir gut gefallen hat.
Richtig gutes, frisches Brot schmeckt zwar auch für sich allein, aber dennoch – Aufstriche können nicht schaden. Der Dollsche Frischkäse zum Beispiel, für den Frischkäse mit Karotte, Frühlingszwiebeln und Kräutern aufgepeppt wird.
Fazit: Natürlich, erst mal geht es um Brot. Und wer sich an Malins Anleitung hält, der wird auch gutes Brot backen. Und ja, es gibt Rezepte. Auch die sind reizvoll. Ich werde bestimmt noch einiges ausprobieren, die Sauerteigpfannkuchen zum Beispiel, die Frühstücksquiche ohne Boden oder die Saure-Gurkensuppe mit Dill. Was aber den besonderen Reiz des Buches ausmacht sind die Geschichten, die es erzählt. Die machen es zu etwas Besonderen und sorgen dafür, dass ich dieses Buch immer wieder zur Hand nehmen werde.
- Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
- Verlag: Prestel Verlag
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 978-3791382111
- € 29,95
Mir gefällt das Buch auch sehr gut und Deine Rezension ist mal wieder klasse!
Danke 😊
Wäre sicher einen Blick wert, das Buch, scheint recht abwechslungsreich zu sein was es da zu lesen gibt.
Es gibt zwar viele Rezepte, aber das wirklich Beeindruckende sind die Geschichten, die dahinter stehen.
Brot als Währungs – was für eine schöne Idee. 🙂
Ich selbst kann leider nicht backen. Brot gelingt bei mir nie. Daher wäre ich gerne bereit mit ihr zu tauschen. 😉
Liebe Grüße zu dir!
Sarah
Ah… schau mal auf ihre Website. Vielleicht kannst du Brot im Austausch bekommen👍
Wollte dieses Buch schon seit längerem in die Hand nehmen. Umso mehr freu ich mich über diesen Einblick. Ich glaube Geschichten von Menschen und Brot könnten mir sehr gefallen :))
Die Geschichten sind fesselnd. Und ich finde es ermutigend, dass in unserer Zeit solche Tauschgeschäfte funktionieren.
Die Bücher vom Prestel Verlag sind wirklich toll! Um dieses hier schleiche ich schon eine Weile herum, aber nachdem du schreibst, es ist hinreißend und mitreißend, wird es dann wohl auch hier einziehen. 🙂
Das ist tatsächlich das erste, was ich von Prestel in den Händen halte. Es wird wohl nicht das letzte sein.
Irgendwer hat das Buch kürzlich schon einmal vorgestellt, war’s Cooketeria??? Du hast mich auf jeden Fall (wie meist) sehr neugierig gemacht! 🙂
Geh mal schauen. Das Buch ist spannend, auch ( oder vor allem) jenseits der Rezepte. Es ist schon durch die Blogs begeistert, ich weiss aber nicht mehr, wo überall.
[…] Brot hatte ich für die Rezension von „The Bread Exchange„* schon einmal gebacken. Das Fazit damals war wie befürchtet: […]