Zeit für ein Geständnis: bis vor gar nicht allzu langer Zeit hatte ich die osteuropäische Küche gar nicht auf dem Plan. Neben all den exotischen Köstlichkeiten der asiatischen Küche und der Mittelmeerküche mit ihrem Urlaubscharakter war da kein Platz in meiner Küchenlandkarte. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Und so war ich gespannt, als dieses Buch hier bei mir eintrudelte.
Geschrieben hat das Buch Mariia Polonchuk. Sie ist Köchin und Food-Stylistin für kulinarische Zeitschriften und arbeitet außerdem als Fachberaterin in der Gastronomie. Die Fotos sind von Andrey Sheldunov; er ist spezialisiert auf Food-Fotografie für kulinarische Zeitschriften und für die Werbung. Es hilft mir nicht viel weiter, aber ich finde es witzig, dass das Buch zeitgleich in ukrainischer, englischer und deutscher Sprache erschienen ist.
Das Buch ist großformatig; etwas größer als A4. Es ist solide verarbeitet und bleibt aufgeschlagen liegen. Das Layout ist schön hell und übersichtlich. Zu jedem Gericht gibt es ein Foto; bei komplexeren Zubereitungsarten auch Step-by-Step-Fotos. Die Fotos sind natürlich gehalten, das Essen ist hier im Vordergrund.
Bevor es an die Rezepte geht, bekommen wir eine ausführliche Einführung in die Geschichte der ukrainischen Küche, in ihre unterschiedlichen Regionen und ihre typischen Produkte. Das ist sehr interessant zu lesen und ich habe viel Neues erfahren. Oder wusstet Ihr, dass die Küche der Ukraine unter anderem auch türkisch beeinflusst ist? Auch in den Rezeptteil sind immer wieder Info-Kapitel eingeflochten. Da gibt es zum Beispiel eines über Speck und Wodka und eines über Feste und besondere Feiertage. In diesen Kapiteln sind auch immer wieder Grundrezepte oder Rezepte für besonders traditionelle Speisen versteckt.
Jetzt zu den Rezepten: da gibt es Suppen, kleine Gerichte, kalte Gerichte, gefolgt von Hauptgerichten mit Fleisch und Geflügel, mit Fisch und fleischlose Hauptgänge. Den Schluss bildet ein Kapitel über Süßspeisen, also Kuchen und Desserts. Natürlich sind bei den Rezepten so bekannte Klassiker wie Salade Olivier, die überbackenen Krautrouladen Golubtsí oder Hühnchen Kiew vertreten. Es gibt aber auch viel unbekanntes zu entdecken. Ich muss unbedingt mal den Kwas aus Roter Bete ansetzen, die Wachteln in Rahmsauce mit Käse-Grieß-Schnitten ausprobieren, die mit Pilzen gefüllten Fischlaibchen und den Verwandtschaftskuchen.
Bei den Rezepte handelt es sich in aller Regel um eher kräftige Hausmannskost – eben das, was traditionellerweise in einem ukrainischen Haushalt auf den Tisch kommt. Die Rezepte wirken authentisch. Es werden gerne Sauermilchprodukte verwendet – und es kommt relativ häufig Fleisch auf den Tisch. Allerdings – Bei den meisten Gerichten ist es so, dass neben dem Fleisch auch großzügig Gemüse verwendet wird. Vegetarier können aber auch fündig werden: es gibt ja ein Kapitel mit fleischlosen Gerichten, und auch bei den Suppen, Vorspeisen und kleinen Gerichtes ist viel vegetarisches dabei. Nicht zu vergessen das Kapitel mit den süßen Sachen, da findet sich auch manches Hauptgericht.
Wareniki – Teigtaschen also. Wen wundert es, dass ich die ausprobieren musste? Im Buch gibt es ein Rezept für die Teighülle und verschiedene Vorschläge für die Füllung. Ich habe mich für die Kartoffelfüllung entschieden. Im Teig wird Kefir als Flüssigkeit verwendet – das macht die Teighülle wunderbar seidig und zart. Allerdings war die Flüssigkeitsmenge im Rezept zu knapp bemessen. Die Füllung ist relativ einfach – gegarte Kartoffeln, etwas Zwiebeln, Salz und Pfeffer. Die Wareniki ließen sich gut herstellen und haben geschmeckt. Allerdings…..vom Teig blieb mir sehr viel übrig; da war zu wenig Füllung eingeplant.
Auch den klassischen Borschtsch musste ich probieren – und der war herrlich. Die Brühe dafür wird aus Schweinerippchen gekocht. Einige Gemüsesorten werden getrennt angebraten und in die Brühe gegeben, andere gleich darin gegart. Das war bestimmt nicht der letzte Borschtsch meines Lebens 🙂 Zum Eintopf wird klassischerweise frisches Brot serviert – zum Beispiel Pampúschki. Das sind winzig kleine Brötchen. Obwohl sie aus einem einfachen Hefeteig bestehen, waren die Pampúschki wunderbar flaumig und buttrig. Allerdings: ich musste viel mehr Flüssigkeit an den Teig geben. Und 30 min Backzeit – davon 15 bei 250°c – das hätte sicher Kohle ergeben und keine kleinen Semmeln.
Der Apfelkuchen ist ein einfaches Rezept – die in Stücke geschnittenen Äpfel werden unter den Teig gemischt. Das macht den Kuchen schön saftig. Leider ist aber die Backzeit zu knapp bemessen – mein Kuchen war an einer kleinen Stelle in der Mitte nicht durchgebacken, obwohl ich in die Verlängerung gegangen war.
Schwiegermutterzungen – gebratene Auberginenscheiben werden mit einer Sauerrahm-Kräutermischung bestrichen, mit einem Stück Tomate belegt und aufgerollt. Eine feine Sache.
Die Galuschki sind kleinen Nudelteignocken – Mehl, Wasser, Eier, etwas Sauerrahm. Sie werden in Wasser gegart und dann in Butter angeschwenkt. Die Kinder waren begeistert 🙂
Fazit? Ich mag dieses Buch sehr und würde es jedem ans Herz legen, der sich für die ukrainische Küche – und sicherlich gibt es da Überschneidungen mit anderen Gebieten der ehemaligen UdSSR – interessiert. Sicher, bei manchen Rezepten ist ein wenig Mitdenken gefragt, aber man bekommt einen wunderbaren Einblick in die Küche der Ukraine, ihre Geschichte und ihre Bräuche.
- Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
- Verlag: Stocker, Leopold
- ISBN-13: 978-3702015619
- € 24,90
Galuschki – bitte poste mal das Rezept,
also wenn die Kinder begeistert waren,
Herr netzchen möchte eh immer größere Spätzle auf dem Teller,
das ist doch sowas oder?
lg netzchen
Das ist so eine Mischung aus Spätzle und Knödeln. Du brauchst 450 g Mehl, etwas Salz, 2 Eier, 75 ml Wasser, 100 g Sauerrahm und 20 g weiche Butter. Das verknetest Du zu einem Teig (womöglich braucht es etwas mehr Flüssigkeit), den du dann 30 min ruhen läßt. Den Teig teilst Du in 4 Teile, aus denen formst du flache Rollen. Von den Rollen schneidest du flache Scheiben ab, die du in Salzwasser ca. 10 min garkochst. Dann abtropfen lassen und in der restlichen Butter anrösten. Schon fertig 🙂
Die Schwiegermutterzungen hören sich gut an! Ansonsten vermutlich insgesamt etwas zu fleischlastig für meinen Gebrauch 🙂 Aber du hast Recht: An Osteuropa/Russland taste ich mich auch erst so langsam ran. Irgendwie war das bisher unterm Radar 🙂 Liebe Grüße, Tring
Ja stimmt, es gibt viel Fleisch. Aber das ist ja in vielen traditionellen Küchen so.
Und es ist schon komisch….obwohl ich ja gern Neues versuche und mir einbilde, halbwegs offen zu sein, hatte ich bis vor kurzer Zeit Osteuropa nicht auf dem Schirm. Aber man ist ja lernfähig 🙂
Die Backrezepte scheinen jedenfalls nicht unbedingt anfänger-geeignet… trotzdem, interessant ist das Buch bestimmt!
Bei mir ging eine Bestellung von Borschtsch ein, ist es zu fassen? Vielleicht wär dein Rezept das Richtige.
So macnhes Rezept hat seine Tücken; aber der Überblick und die Hintergrundinfos sind klassen.
…Borschtsch gibt es morgen 🙂
Mir geht’s wie dir. Ukrainische Küche??? Den Borretsch hätte ich eher so ins nicht mehr existierende russische Großreich verortet. 😉 Egal. Bin schon sehr gespannt, welches Rezept du näher vorstellen wirst. 🙂
(Und nein, Pomeranzen haben wir am Samstag leider nicht bekommen…)
Vermutlich gibt es den Borschtsch nicht nur in der Ukraine. Ich hatte es nicht erwartet, aber er ist toll.
Das mit den Pomeranzen ist blöd. Hier gibt es die, wenn man Glück hat, auf dem Viktualienmarkt, beim italienischen Lebensmittelhandel ganz am anderen Ende der Stadt oder grade auch bei Eataly.
Hallo Susanne, ich hatte das Buch auf der Buch Wien in der Hand und es hat mir auch sehr gut gefallen, auch das mit der böhmischen Küche. Und was du schreibst klingt sehr interessant, genau meins,..kalorienreich und deftig gg 🙂
Schöne Rezension, wie immer!
Liebe Grüße Sina
Kalorienreich und deftig trifft es. Ich hab früher Asylbewerber betreut, da war mal ein russisches Paar dabei. Die haben mich eingeladen und gekocht……und als ich echt am Ende war, gab es noch Torte. Puuhhhh…..
Genauso stell ich mir das vor ggg 🙂
Und ich bin ja nicht zimperlich…. ich kann schon ein bisschen was essen…..
eben,…ich kenn das von den Balkanländern auch, da gibt’s nochwas und noch was und …dann platzt ma gggg
Die Küche aus der ehemaligen SU ist wirklich sehr gehaltvoll. Ich war auch schon in Russland: Fett und Wodka gibt es reichlich.
Nicht alles mag ich. Kaviar fand ich ekelig. Der ist glibberig, schmeckt nach abgestandenen Teichwasser und ist salzig. Pur gegessen ist das nichts für mich.
Die Borschtsch-Suppe ist aber wirlich der Brenner. Wenn Russen Rote Beete in die Hand bekommen, wird es immer sensationell.
Bei Kaviar kann ich nicht mitreden 🙂
Und was die rote Bete angeht…ich muss mal diesen Rote-Bete-Kwas ansetzen, der ist bestimmt auch gut.
Muss man nach meiner Ansicht auch nicht. 🙂
Mach das mal. Rote Beete Kwas ist lecker und sieht auch toll aus. Aber auch hier bitte frisch (die Knolle muss fest sein) und auch nicht die vorgegarte. ZItrone muss immer ran, schon wegen dem Nitrat in der Knolle.
Der rote Farbstoff der Roten Beete wird vom Körper nicht abgebaut. So färbt sich der Urin rot, als wenn man eine schlimme Nierenbeckenentzündung hätte. Nach 2-3 Tagen ist der Effekt aber auch verschwunden und macht überhauptnichts. 🙂
Hör mal, dass ich frische Produkte verwende, sollte doch eigentlich klar sein, oder? 😉
….und ja, der Gang zum Klo nach dem Genuss von roter Bete bringt Farbe ins Leben, defintiv 🙂
🙂
Du machst mit den Mund gerade sehr wässrig! Sowohl nach dem Essen als auch nach dem Kochbuch. 🙂
Das Buch macht Spaß und ist interessant, auch wenn bei manchen Rezepten etwas Denkarbeit gefragt ist.