In meiner Familie gibt es eine genetische Disposition dafür, Krebs zu bekommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich irgendwann mal mit dieser Krankheit zu kämpfen haben werde, ist recht hoch. Ein Buch, das sich damit beschäftigt, wie man durch Ernährung dem Krebs ein wenig vorbeugen oder die Genesung unterstützen kann interessiert mich also.
Geschrieben hat das Buch Sybille Schönberger. Längere Zeit war sie Küchenchefin im Hessler in Maintal; ein Restaurant, das sich unter Doris-Katharina Hessler mit der Verwendung ausschließlich natürlicher Lebensmittel einen Stern erkocht hatte und diesen auch hielt. Sybille Schönberger hatte eine persönliche Motivation, dieses Buch zu schreiben: Ihr Vater ist viel zu früh an Krebs gestorben.
Das Buch ist hübsch aufgemacht mit seinem hellen, freundlichen Layout. Ein Lesebändchen gibt es auch. Zu jedem Rezept gibt es ein ganzseitiges Foto. Die Fotos setzen das Essen schön in Szene, auf aufwändiges Drumherum wurde verzichtet. Was mich allerdings etwas stört, ist dass ein Großteil der Gerichte mit essbaren Blumen garniert sind; das finde ich etwas zu viel des Guten. Teilweise sihet man vor lauter Blumen gar nicht, was da sonst noch auf dem Teller ist. Abgesehen davon stehen die Blümchen ja auch nicht das ganze Jahr über zur Verfügung.
Und der Inhalt? Im Buch gibt es nicht nur Rezepte, sondern auch Ernährungstipps. Die kommen von Prof. Dr. Hans Hauner, dem Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin an der TU München. Die Tipps sind alltagstauglich und kommen ohne erhobenen Zeigefinger aus.
Auch die Rezepte stellen den Genuss in den Vordergrund. Es geht nicht um eine Diät, die Krebs verhindern oder gar heilen soll, sondern einfach um eine ausgewogene Ernährung, die es der Krankheit schwerer machen soll, Raum zu gewinnen. Dieser Ansatz gefällt mir gut.
Der Rezeptteil startet mit kalter Küche. Da gibt es Salate und Brotaufstriche. Bei den Suppen finden wir Forellenbrühe, Kartoffelsuppe oder Gemüseeintopf. Die Kleinigkeiten für zwischendurch warten mit vegetarischer Pizza aus Quark-Ölteig auf, mit Quiches oder Ei im Glas. Es gibt Rezeptteile mit Fisch, Fleisch und Geflügel – Zanderstrudel mit Parmaschinken, Lammragout mit weißem Pfeffer, Äpfeln und Pflaumen oder Hähnchenragout. Der vegetarische Teil ist sehr kurz: es gibt Bärlauchrisotto, Sellerie-Cordon-Bleu, Ofenkartoffel, Käsefondue, Fankfurter Grüne Sauce mit Ei und Gebackenen Camenbert mit Tomaten-Basilikum-Kompott. Und auch Nachtisch finden wir: Crème Brûlée, Birnentarte und Obstsalat mit Minze, zum Beispiel. Die Rezepte sind in Ich-Form geschrieben, das wirkt schön persönlich. Zudem gibt es zu jedem Rezept ein Nährwertprofil; es wird angegeben, ob der Kalorien-, Fett-, oder Ballaststoffgehalt hoch, mittel oder niedrig ist.
Um ehrlich zu sein, haben mich die Rezepte etwas enttäuscht. Sybille Schönberger wird ja immer angekündigt als „jüngste Sterneköchin Deutschlands“ – da hätte ich mir etwas mehr Raffinesse erwartet. Das ist die eine Seite. Zum anderen sind die Rezepte sehr kurz gefasst, oft leider recht unpräzise und nicht unbedingt gelingsicher. Das Ganze wirkt wie mit heißer Nadel gestrickt. Mal sind die Anleitungen auffällig kurz („ich schmelze die Kuvertüre), mal steht da nicht, wie schwer das Schweinefilet eigentlich sein soll, das nur 5 min im heißen Ofen verbringt, mal passen Bild und Rezept nicht zusammen. Es ist das erste Mal, dass ich in einem Buch das Brotrezept nicht ausprobiert habe – 1 Liter Flüssigkeit und 40 gr. Salz auf 1 kg Mehl, dafür aber keine Angaben zu Ruhezeiten, Backtemperatur oder Backzeit.
Die Schoko-Popcorn-Lollis sind eine nette Idee: Popcorn wird zwischen zwei Schichten geschmolzener Kuvertüre versteckt, verfeinert wird mit verschiedenen Gewürzen und getrockneten Blütenblättern. Besonders die Kinder waren begeistert. Die 50 gr. Popcorn, die im Rezept stehen, habe ich aber nicht gebraucht, sondern höchstens 1/10 davon.
Ein Eintopf tut ja eigentlich immer gut – so auch der Schmortopf mit Huhn und Gemüse. So knackig und farbenfroh wie auf dem Foto im Buch allerdings war mein Gemüse nicht mehr. Dabei habe ich die Schmorzeit schon verkürzt: nicht 2 Stunden bei 200°C, wie es im Rezept steht, sondern nur 11/2. Das Rezept hört außerdem etwas früh auf: Man schiebt alles in den Ofen, am Ende nimmt man es heraus und garniert mit Thymian. Davon, dass man das Hühnchen auslösen soll, steht im Rezept nichts; auf dem Foto aber sieht man einen Eintopf mit ausgelöstem Hühnerfleisch, kein ganzes Hühnchen.
Der Rote-Bete-Aufstrich ist simpel: gekochte Rote Bete wird mit Sonnenblumenöl und -kernen, Zwiebel und Knoblauch püriert. Einfach und nett, aber beim nächsten Mal würde ich ein wenig mehr an der Gewürzschraube drehen.
Der Karottensalat mit gerösteten Kürbiskernen – einfach klasse. Auch hier wieder: alles ganz einfach. gestiftelte Karotten, ein wenig Pflücksalat, geröstete Kürbiskerne. Das Dressing aus Sonenblumen- und Kürbiskernöl, Honig, Senf und Weißweinessig hat mit gefallen, dass war schön fruchtig und wird hier in Zukunft öfter den Salat veredeln.
Birnen, Bohnen und Speck, das hat uns gut gefallen. Der Eintopf wird mit getrockneten Bohnen statt frischen grünen Bohnen gemacht und mit ausgebratenen Speckscheiben garniert. Ich habe statt der weißen Bohnen aus der Dose frisch gekochte Flageolets verwendet, die ich mir aus Frankreich mitgebracht habe. Ein kleiner Wermutstropfen: der Eintopf war sehr süß; das lag wohl an der von mir verwendeten Birnensorte.
Letztendlich war das Schweinefilet mit Malzbiersauce eine feine Sache. Aber ach, das Rezept. Vier Kartoffeln waren für das Rösti verlangt….ich hätte gerne gewußt, welche Kocheigenschaften die Kartoffeln haben sollten. Ich habe vorwiegend festkochende genommen, die gehen für das meiste – die Rösti wurden gut. An die Sauce sollte eine Flasche Malzbier; meine hatte 500 ml, das kam mir sehr viel vor. Malzbier gibt es ja auch in kleineren Flaschen. Ich habe 300 ml verwendet, das hat gepasst. Salz kommt im Saucenrezept nicht vor….ohne Salz hat sie uns aber nicht geschmeckt. Auch das Rezept für das Schweinefilet ist ungenau – „ein Schweinefilet“ sollte man braten. Nun, mein Filet hatte 500 gr, und ich hätte es nicht essen wollen, wenn ich es rundherum kurz angebraten und dann noch 5 min bei 180°C im Ofen gegart hätte. Es hat länger gebraucht.
Um jegliche Art von Sellerieschnitzel habe ich mich bislang immer erfolgreich gedrückt. Das Selleriecordonbleu hat dem ein Ende gesetzt: kurz vorgegarte Selleriescheiben in einer mit Walnüssen und Thymian angereichterten Panade und einer Füllung aus Blauschimmelkäse. Könnte man auch öfter machen.
Das Hähnchenragout mit Estragon und Tomatenreis ist ein feines, rasch gemachtes Essen. Für den Tomatenreis wird gegarter Reis mit Tomaten, Tomatenmark und Basilikum in der Pfanne nochmals erwärmt. Die Sauce für das Hühnchen besteht aus Sahne, Geflügelbrühe und Estragon. Ich habe mal vermutet, dass die Estragonblättchen gehackt werden sollen; auf dem Foto sieht es so aus. Im Rezept steht davon nichts. Die Sauce fand ich ein wenig flach; ich habe mit etwas Zitronensaft und Piment d’Espelette nachgeholfen.
Fazit? Mir gefällt der Grundgedanke des Buches sehr gut. Eine Zierde im Regal ist es auch. Aber ich finde es schade, dass bei der Formulierung der Rezepte nicht genauer gearbeitet wurde. Wer kochen kann und sich nicht auf die Rezepte verlassen muss, findet schöne Anregungen für die alltägliche Küche; wer aber zuverlässig formulierte Rezepte zum Gelingen braucht, der wird nicht viel Freude haben an dem Buch.
Das Buch ist entstanden in Zusammenarbeit mit der DMKS Life. Von jedem verkauften Exemplar gehen 2 € an diese Stiftung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Krebspatienten zu mehr Lebensfreude zu verhelfen.
- Lust auf Leben: Kochen gegen Krebs
- Sybille Schönberger
- Gebundene Ausgabe: 196 Seiten
- Verlag: 99 Pages
- ISBN: 978-3942518253
- EUR 36,-
Zumindest mal ein Ansatz zu zeigen was der Mensch tun kann- und nicht nur was man lassen soll, insofern schon begrüßenswert. Ob auch empfehlenswert? Wer macht sich schon im Vorfeld Gedanken? Nach meiner beruflichen Erfahrung viele ja noch nicht mal wenn sie die Krankheit bereits erwischt hat. Schwieriges Thema, für einen Sonntag…. trotzdem einen schönen solchen!
Ach, du hast recht. Und wenn man sich Gedanken macht, nutzt das was? Ich finde den Ansatz trotzdem gut.
1 l Wasser auf 1 kg Mehl? Das klingt eher nach einer Art Brei, völlig abstrus. Den Gedanken, vorzubeugen statt nachzubessern hingegen finde ich klasse. Aber ist das bei genetischer Disposition überhaupt möglich??? Ich bin wirklich sehr, sehr, dankbar, dass diese vermaledeite Krankheit in meiner Familie nicht besonders verbreitet ist, aber das feit einen ja auch nicht. Was soll ich sagen, ich wünsche dir auf jeden Fall das Beste, bessere Worte fallen mir leider gerade nicht ein, verzeih‘!
Danke, Eva 🙂
Ja, das Brotrezept ist denkwürdig. Einiges andere leider auch 🙁
Das Brotrezept klingt tatsächlich ausbaufähig.
Und ich dachte schon, dich kann jedes Kochbuch zu Begeisterungsstürmen hinreißen. 😀
Ausbaufähig ist gut 🙂
Na, es gibt Abstufungen bei der Begeisterung 😉 Also, ich versuche gerecht und objektiv zu sein. Es gibt ja auch Bücher, die sind toll gemacht, sprechen einen aber trotzdem nicht an. Da halte ich mich zurück…die Geschmäcker sind halt verschieden. Sachliche Fehler mag ich aber nicht, die sind einfach ärgerlich.
Ja, so ungenaue Rezepte sind ärgerlich – aber ähnlich ärgerlich finde ich persönlich, wenn auf so einem Buch mit – wie Du schreibst – eher allgemeinen Tipps zur guten Ernährung dann reißerisch draufsteht: „Kochen gegen Krebs“. Das schürt doch die Hoffnung, man müsste nur tolle Superfoods essen und permanent grüne Smoothies trinken, und dann könnte einem die Krankheit nichts mehr anhaben. Schön, wenn es so simplizistisch nicht drinsteht – aber dieses „Versprechen“ auf dem Cover hätten sie sich dann auch sparen können.
Hm, naja….in den Texten steht schon klar, dass es keine Super-Diät gegen Krebs gibt. Von den Ratgebern, die man dazu findet, wird eher abgeraten. Ich finde es halt lästig, dass das Buch zu ausgewogener Ernährung und selbst kochen animieren will, man aber Misserfolgen ausgesetzt ist, wenn man es nach dem Buch versucht. Das wirkt dann eher demotivierend.
Ein interessantes Buch!
Das Dressing für den Salat klingt wirklich sehr gut, alleine schon weil ich Honig-Senf sehr mag. Da noch Kürbiskernöl dazu – muss ich unbedingt versuchen. Und auch die Malzbiersauce könnte genau mein Geschmack sein…
Bin gespannt, welches Rezept Du vorstellen wirst 😀
Also das Dressing ist gut und einfach: 30 ml Sonnenblumenöl, 20 ml Kürbiskernöl, 1 EL Honig, 1/2 TL Senf, 30 ml Weißweinessig