Kochbuch: Sweet | Yotam Ottolenghi, Helen Goh

So. Der 25. Mai ist vorbei und wir leben noch. Uff. Die Erde dreht sich erstaunlicherweise einfach weiter; aber ich glaube, es ist  Zeit für etwas Nervennahrung. Und einen kleinen Hinweis, oder besser gesagt, einen Rant.  Ja, Dorling Kindersley hat mir dieses Buch kostenfrei zur Verfügung gestellt. Vielen Dank  dafür. Und nein, über dem Beitrag steht nicht Werbung. Weil – ich schreibe hier keinen einseitig gepolten Werbeartikel. Ich habe mich gründlich mit dem Buch befasst, mich durchgekochtgebacken und mir eine Meinung gebildet. Ich preise nichts an, ich will Euch nichts verkaufen, ich habe eine Meinung und stelle Euch diese hiermit vor. Das hier ist keine Werbung, das ist verdammt nochmal ein redaktioneller Beitrag. Wenn ich Werbung machen wollte, würde ich den Pressetext abtippen und die Foodfotos des Verlages verwenden. Oder, in ganz kurzen Worten: an dem Tag, an dem ich mich gezwungen fühle, Buchvorstellungen mit „Werbung“ zu überschreiben, wird es hier keine mehr geben. Punkt. So. Und jetzt zum Süßkram.

Ein Buch über Kuchen und Desserts aus dem Hause Ottolenghi – das wurde ja eigentlich auch Zeit, denn ein Ruf als Patissier eilt Yotam Ottolenghi ja voraus – das erste Restaurant wurde immerhin von vielen Besuchern als „der Baiserladen“ bezeichnet; war es doch berühmt für seine riesigen Baisers. Tatsächlich war der erste Job, den Ottolenghi in einer professionellen Küche bekam, das Steifschlagen von Eiweiß. Heute noch liebt er Süßigkeiten, oder genauer gesagt: er liebt die Abwechslung – also frische Salate ebenso wie Süßes.

Nachdem sie einige Zeit herzhafte Gerichte gekocht hat, ist heute Helen Goh zuständig für die süße Abteilung in den Ottolenghi-Restaurants. Mit der Mannschaft der Restaurants teilt sie vor allem eines: den Willen zur Perfektion. Rezepte werden so lange ausprobiert und weiterentwickelt, bis wirklich alle zufrieden sind. Scheinbar ist das im Falle von Kuchen auch ein wenig beängstigend, denn die Probiersessions am Sonntag, zu denen sie kiloweise Gebäck mitbringt, scheinen tatsächlich eine gewisse Herausforderung zu sein.

So, jetzt aber zum Buch: es geht um Süßes, und zwar unterteilt in die Kapitel Cookies und Kekse, Minikuchen, Kuchen und Torten, Cheesecakes, Tartes, Desserts und kleine Süßigkeiten. Es kommt ja öfter vor bei mir, dass Bücher gespickt sind mit kleinen Zettelchen, die nachahmenswerte Rezepte markieren – bei Süßigkeiten habe ich da aber gesteigerte Anforderungen. Es ist also ein Lob, dass es in meinem Exemplar nicht gerade wenige Marker gibt. Aber gut, wer kann schon nein sagen zu Erdnuss-Sandgebäck, zu Honig-Orangenblüten-Amaretti, zu Brownies mit Tahin und Halwa, zu Rote-Bete-Kuchen mit Ingwer und Sauerrahm, zu einer Pistazienroulade mit weißer Schokolade, zu Aprikosen-Thymian-Galettes mit Polentateig oder zu einem Espressoparfait? Eben!

Die Rezepte sind, auf der süßen Ebene, das, was man kennt von Ottolenghi: es gibt nahöstliche und asiatische Einflüsse, Klassiker werden auch mal mutig abgewandelt – Fusion Food im besten Sinne. Die Rezepte sind sehr detailliert, und wenn man ihnen brav folgt, kann in aller Regel nichts schief gehen. Ottolenghi scherzt im Vorwort, dass sie überlegt hatten, das Buch „Zucker“ zu nennen. Ich fand die Zuckermengen tatsächlich beachtlich und habe sie oft reduziert – es war alles immer noch süß genug. Zu jedem Rezept gibt es eine kleine Einleitung – und auch ganz viele Anmerkungen zu benötigtem Equipment, Vorbereitung und Haltbarkeit. Die wichtigsten Tipps und Anmerkungen werden am Ende des Rezeptteils nochmals zusammengefasst und erweitert – das geht vom Erhitzen von Ananaspüree über die Backofentemperatur bis hin zu den verschiedenen Teigsorten  und Zutaten. Dann gibt es noch ein Glossar, das wichtige Zutaten erklärt und ein sehr ausführliches, nach Zutaten und Rezeptgruppen geordnetes Register.

Cookies: ich hatte mal wieder überreife Bananen im Obstkorb und dachte schon über Bananenbrot nach, da fiel mein Blick auf die Schoko-Pekannuss-Cookies mit Banane. Schokolade und Banane sind im Teig; die Umhüllung bilden die gehackten Nüsse und Puderzucker. In den Laden haben es die Cookies nicht geschafft, denn sie sind nicht gut haltbar. Für uns war das kein Problem – die Cookies waren im Handumdrehen verputzt. Und ich habe sogar eines abbekommen….

Eis! Und zwar ein Sorbet aus Pink Grapefruit und Campari. Nicht nur die Farbe ist klasse, das ausgewogen bitter-süße Sorbet schmeckt auch toll.

Ich wollte unbedingt die Pudding-Jojos machen; sie heißen so, weil im Keksteig etwas Vanillepuddingpulver ist. Es gab leider noch keinen Rhabarber, der eigentlich in die Füllung gehört und so habe ich auf eine tiefgekühlte Beerenmischung zurückgegriffen. Diese kommt mit Puderzucker und Butter in die Füllung. Schwierigkeiten hatte ich mit der angegebenen Backzeit – ich habe meine Kekse nach der Hälfte der Zeit leicht kreischend aus dem Ofen gezogen, da waren sie schon etwas zu braun.

Zitronen-Mohn-Kuchen zählt zu meinen Lieblingen – Zeit, mal eine neue Variante auszuprobieren. Das Zitronenaroma kommt von Schalenabrieb; und der Kuchen ist besonders saftig dank Crème Double im Teig. Ich habe ihn am Nachmittag aus dem Ofen gezogen. Am Abend war er aufgegessen…..

Madeleines sind hier sehr beliebt – und diese hier machen da keine Ausnahme. Der Teig wird erstaunlicherweise nur kurz im Mixer zusammengerührt; das funktioniert gut. Die Madeleines sind mit Honig und Orangenschale aromatisiert, werden dann nochmals mit flüssigem Honig bepinselt und mit Pistazienkernen dekoriert.

Fazit? Es ist toll, ich werde mich durchbacken. Die Rezepte haben alle einen besonderen Dreh und sind gut umsetzbar. Von ganz einfach bis festlich und komplex ist für jeden Anlass etwas dabei und vom Cookie  bis zur aufwändigen Torte für jeden Gusto. Die Anmerkungen zur Haltbarkeit des Gebäcks waren bei uns wirklich überflüssig – alles war in beeindruckend kurzer Zeit aufgegessen.

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10 Kommentare

  1. Zur Zeit mein liebstes Backbuch, damit werde ich noch eine ganze Weile beschäftigt sein- und hab ganz andere Sachen „auf dem Schirm“- da sieht frau wie vielfältig dieses Buch ist. Als nächstes stehen Rugelach auf dem Plan….
    Und was den Hinweis „Werbung“ angeht… ich würde deine Rezensionen auch mit einem solchen Hinweis lesen, und bin schon aus beruflichen Gründen so viel formalen Unfug gewöhnt dass ich mich darüber nicht echauffieren mag.

    • Ich weiß schon, dass man es lesen würde. Es ist aber auch inhaltlich nicht zutreffend. Und, das mag jetzt merkwürdig klingen, ich finde, das wertet in diesem Fall den Post ab; deswegen wehre ich mich dagegen.

  2. Ich bin wohl die einzige auf der Welt, die Ottolenghi-Rezepte nicht mag. 😉 Jedenfalls die 2 die ich gemacht habe waren nichts. Vielleicht ändert sich ja das hier. Und was den Rant betrifft, da stimme ich dir zu 100% zu!

    • Nein, du bist nicht die einige ;-). Ich glaube, er polarisiert einfach. ich habe immer das Gefühl, zwischen Liebe und Hass ist da kein Platz für eine lauwarme Meinung…

  3. Endlich mal ne Rezension zu „Sweet“ – war schon ganz überrascht, dass ich kaum was zu dem neusten Ottolenghi gelesen habe und befürchtete schon, dass seine Zeit vorbei ist 😉
    Lg, Miriam

    • Ja stimmt, man hat komischerweise kaum etwas darüber gelesen. Ich habe auch länger gebraucht; so richtig backbegeistert bin ich ja eigentlich nicht.

  4. Hach, das Sweet! Das erste Backbuch, das ich mir gekauft habe. Nur, wegen Ottolenghi zugegebenermaßen. Ich bin nämlich auch keine begeisterte Bäckerin.
    Ich finde das Buch auch toll! Den Zitronen-Mohnkuchen habe ich auch schon getestet und fand ihn sehr gut. Die Zitronengrießküchlein und der Rote Beete-Ingwer-Kuchen sind der Knaller!
    Die Jojos will ich auch noch testen, solange es Rhabarber gibt. Und wegen des Buches bin ich auf der Pirsch nach einer Mini-Cake-Backform. 😉

    Einen schönen Sonntag wünsch ich dir!

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