Kochbuch-Rezension: Zeit der Feigen * Viola Raheb, Marwan Abado

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„In der Zeit der Feigen wird kein Brot zubereitet, in der Zeit der Wassermelonen wird nicht gekocht.“

Viola Raheb und Marwan Abado sind Palästinenser und leben in Österreich. Viola Raheb ist in Bethlehem aufgewachsen; sie hat Pädagogik und Theologie studiert und ist bekannt für Workshops und Vorträge über die Situation des palästinensischen Volkes. Marwan Abado kommt aus einer Flüchtlingsfamilie; er ist Musiker und Komponist.

„Zeit der Feigen“ ist ein Buch über die Küche des geografischen Raumes, der von Syrien über den Libanon, Palästina bis nach Jordanien reicht.

Das Buch ist schön aufgemacht: mattes Papier, ruhiges Layout, hochwertige Verarbeitung. Aufgelockert wird alles durch farbige, doppelseitige Zeichungen…vor jedem neuen Kapitel. Landschaften gibt es da zu bewundern, Tiere, Blumen….was es nicht gibt, ist Food-Fotografie. Mir fehlt da nichts, aber wer Fotos braucht, um sich Gerichte vorstellen zu können, der wird enttäuscht sein.

Der Titel des Buches läßt es vermuten – die Rezepte sind nach Jahreszeiten geordnet. Zu jeder Jahreszeit gibt es es Vorspeisen und Hauptgerichte. Den süßen Sachen am Ende des Buches ein eigenes Kapitel gewidmet; außerdem gibt es noch wichtige Grundrezepte. Es handelt sich um klassische Rezepte aus der Familienküche, die oft relativ einfach sind. Ich habe noch ganz schön viele Zettel in dem Buch kleben…..unbedingt machen muss ich noch Sambouseq, die gebratenen Fleischtaschen und den Artischocken-Eintopf, die Lamm-Gemüse-Suppe, den Kafta-Aulauf in Tomatensauce und natürlich die gebratene Hühnerleber.

Die Rezepte sind vernünftig strukturiert und funktionieren. Es ist jeweils gleich neben der Überschrift angegeben, wenn ein vegetarisches oder veganes Rezept vorgestellt wird, das ist schön übersichtlich. Oft gibt es zu den Rezepten noch kleine Küchentipps.

Aber das Buch ist mehr als ein bloßes Kochbuch mit Rezepten: es gibt ganz viele Hintergundinformationen und Geschichten zur Geschichte und Esskultur der Gegend. Da gibt es ein Kapitel über Gastfreundschaft und kulturelle Missverständnisse, darüber, wie man im Zyklus der Jahreszeiten kocht, über Oliven, über Weizen. Ich habe alles mit Interesse gelesen und viel Neues erfahren.

Und dann ist das Buch auch noch sehr persönlich: beide Autoren erzählen, wie sie aufgewachsen sind  – und wie sie die Küchentradition in ihrer Heimat und ihren Familien erlebt haben. Solche Geschichten könnte ich immer lesen; sie sagen mehr als jede theoretische Abhandlung über Geschichte und Kultur.

Und jetzt gibt es etwas zu essen:

fatayer

Fatayer sind im Ofen gebackene Teigtaschen. Ein einfacher, mit etwas Olivenöl angereicherter Hefeteig wird mit verschiedenen Zutaten gefüllt: Hackfleisch, Spinat oder, in diesem Fall Feta und Oregano.; dann heißen sie Fatayer Jibneh. Einfach zu machen und ein schöner Imbiß.

fladenbrot

Fladenbrot ist hier eine gern gesehene Beilage. Meist mache ich es in der Pfanne. Hier wird ein einfacher Hefeteig hergestellt, die Brote kommen dann kurz in den sehr heißen Ofen – perfekt. Das Brot ist weich und hat innen eine Tasche, man kann es also als Beilage essen oder auch füllen.

gefüllte zucchini mit reis

Gefülltes Gemüse ist ja ein orientalischer Klassiker. Ich habe die vegan gefüllten Zucchini mit Reis und Tomaten ausprobiert. Einfach und mit dem dazu servierten Knoblauch-Joghurt schön frisch. Nur etwas zu weich war uns das Gemüse nach der Schmorzeit.

linsensuppe

Linsensuppe ist hier sehr beliebt – und auch Version im Buch hat Spaß gemacht: Extra sämig durch die Zugabe von Kartoffeln und schön mit Kreuzkümmel gewürzt.

mloukhia

Mloukhia ist ein klassischer Eintopf. Basis ist Langkapslige Jute, auch Muskraut genannt; das gibt es in getrockneter Form im orientalischen Lebensmittelhandel. Es hat Ähnlichkeit mit Spinat, schmeckt aber etwas bitterer. Für den Eintopf wird eine Hühnerbrühe gekocht, das Huhn wird beiseite gelegt, in der Brühe wird das Kraut gegart. Serviert wird beides wie ein Eintopf. Ein bisschen was zu meckern habe ich am Rezept – 500 gr. Muskraut soll man verwenden. Meine Packung hatte 200 Gramm – und das war mehr als genug. An 500 Gramm hätten wir wohl eine Woche gegessen….

Fazit? Ich mag dieses Buch sehr. Ich freue mich, ein Buch über die klassische Familienküche der Levante in den Händen zu halten. Und die Geschichten und Hintergrundinformationen machen das Buch zu etwas Besonderem. Wer sich also für diese Küche interessiert und nicht nur bloße Rezepte haben, sondern auch etwas über die kulinarische Geschichte und Esskultur erfahren möchte, der liegt mit diesem Buch richtig.

  • Gebundene Ausgabe: 200 Seiten
  • Verlag: Mandelbaum, 3. Auflage 2014
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 978-3854763017
  • 24,90
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6 Kommentare

  1. Das Buch klingt interessant, muss ich mir mal genauer anschauen. Könnte bei Molokhia eventuell gefrorenes/frisches Kraut gemeint gewesen sein? In einem anderen orientalischen Kochbuch (bin gerade nicht mehr sicher, welches es genau war), stand auch in der Einleitung, dass man es in Europa getrocknet bekommt und im Glossar, dass sich die Mengenangaben auf gefrorene Ware bezieht…

    • Ich hab nochmal geschaut. Da wird nur das getrocknete Kraut erwähnt. Ich glaube aber, der Orientladen des Vertrauens hat Molokhia auch in Dosen, dann wäre das passend.

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