Rezension: Patisserie I William und Suzue Curley

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So….das letzte Buch vor Weihnachten 🙂 Und  – ich nehme mal das Ergebnis vorne weg – ein Geschenktipp für Menschen, die sich gerne mit den Feinheiten der Patisserie beschäftigen. Und auch für Menschen, die das bisher nicht getan haben – aber gerne würden. So wie ich, zum Beispiel.

Um das Backen ist es hier im Hause magentratzerl ja nicht so wahnsinnig gut bestellt:  es gibt eher einfaches. An viele komplexere Sachen traue ich mich nicht so recht ran – ich würde aber gerne. Ein Buch über Patisserie kommt da recht; es gibt mir einen Grund mich endlich mal mit all den Leckereien zu befassen, die ich sonst nur von Ferne bewundere.

Geschrieben haben dieses Buch William Curley und seine Frau Suzue. Die beiden haben sich kennengelernt, als sie in der Patisserie-Abteilung des Londoner Savoy arbeiteten. Seit 2004 betreiben sie in London mehrere Patisserien und Chocolaterien.

Das Buch ist als Standardwerk konzipiert. Es beginnt mit einer interessanten Einführung in die Geschichte der Patisserie. Danach folgt ein sehr ausführlicher Grundlagenteil. Er behandelt zunächst die wichtigsten Zutaten, die Küchenausstattung und wichtige praktische Ratschläge, zum Beispiel zum Arbeiten mit Fondant und Karamel, zum Wiegen oder zum Aufschlagen von Eiweiß. Man tut gut daran, sich diese gut durchzulesen, denn im Laufe des Buches wird darauf zurückgegriffen.

Weiter geht es mit einem Kapitel über Grundrezepte – auch dieses sehr ausführlich: es beginnt mit Teigen  wie Mürbeteig, Blätterteig, Brandmasse, Hefeteig, Biskuit und Dacquoise. Weiter geht es mit Cremes, Eiercremespeise, Mousse, Sirup und Glasur, Konfitüre, Pâte de fruit, marinierten Früchten, Nusspasten und Karamell sowie Dekorationen. Die Rezepte sind sehr ausführlich. Besonders praktisch finde ich, dass es zu jedem Rezepte auch viele Step-by-Step-Fotos gibt; das erleichtert so blutigen Anfängern wie mir die Orientierung. Zudem ist bei den Grundrezepten auch vermerkt, für welche Kuchen oder Desserts sie benutzt werden.

Und zu denen kommen wir jetzt. Der eigentliche Rezeptteil stellt all die Leckereien vor, die es in den Schaufenstern der französischen Patisserien zu bewundern gibt – und noch mehr. Es beginnt mit Klassikern aus Mürbeteig, Blätterteig, Brandmasse und Hefeteig. Da gibt es Tartes und Tartelettes wie Schokoladen-Kirsch-Linzer oder Maracuja-Grapefruit-Tarte, Millefeuille, es gibt Windbeutelchen und Eclairs, Baba au Rhum und Savarin, aber auch Stollen und Gugelhupf. Danach folgen die Petits Gâteaux, kleine Kuchen, die als Einzelportion gedacht sind. Hier kleben bei mir viele Zettelchen – bei den Mandarinen-Pyramiden zum Beispiel, oder bei der Kaffee-Walnuss-Dacquoise. Und bei den Zitrusschnitten. Und bei ….vielem. Weiter geht es mit Entremets, mehrschichtigen Torten mit verschiedenen Aromen und Texturen. Da ist zum Beispiel der Jaffa-Cake, der den berühmten Keksen nachempfunden wurde, eine Schokoladen-Maronen-Rolle oder ein Entremet mit Aprikosen und Wasabi. Als nächstes gibt es Macarons: Grundrezepte, klassische und moderne Füllungen. Danach kommen Verrines – mehrschichtige Nachtische, die im Glas serviert werden. Wie wäre es da mit Crème Caramel mit Zitronenthymian oder Apfel-Edamame-Verrine? Den Abschluß des Rezeptteils bildet das, was ich sonst so backe – nämlich Kuchen, Küchlein und Kekse. Dundee-Cake, Zitronen-Mohn-Gugels mit Olivenöl, Yuzu-Küchlein – auch hier gibt es eine Menge Zettelchen in meinem Exemplar. Mir gefällt vor allem die Mischung – es gibt viele Klassiker, wie die bekannte Opéra-Torte, aber auch Neuinterpretationen. Manche der Rezepte haben einen japanischen Einschlag – das ist Suzue Curley zu verdanken.

Die Rezepte sind gut strukturiert. Bei komplexeren Backwerken wird auf den Grundrezepte-Teil verwiesen; man muss also ein wenig blättern. Es gibt zu jedem Rezept ein Bild. Die Bilder sind schön. Sie stellen die Rezepte in den Vordergrund. Auf zusätzliche Dekoration und Requisiten wird verzichtet; die Kuchen sind schön genug. Auch bei den eigentlichen Rezepten gibt es viele Schritt-für-Schritt-Fotos, die einem die Arbeit erleichtern. Mir gefällt auch, dass bei vielen Rezepten noch ein paar Worte zur Geschichte des jeweiligen Backwerks stehen. Zusätzlich gibt es noch Tipps, die das Leben in der Backstube erleichtern – zum Beispiel den Hinweis, bei Blätterteig für jede Tour, die man ihm gegeben hat, mit dem Finger eine Mulde in den Teig zu drücken.

Ein paar Fallstricke gibt es auch. Für mich lagen die ein wenig in der Ausrüstung; viele der Formen und Hilfsmittel habe ich einfach nicht und die Anschaffung lohnt sich auch nicht. Da habe ich mir dann etwas gebastelt oder der Torte halt eine andere Form gegeben als die vorgesehene. Etwas ärgerlich sind manchmal die Mengenangaben. So werden für die Schoko-Dekorationen grundsätzlich 300 gr. Schokolade verarbeitet, auch wenn man nur ein paar dünne Plättchen herstellen soll. Auch bei Cremes oder Teigen aus dem Grundrezepte-Teil sind manchmal die Mengen zu hoch, man hat dann Reste zuhause, mit denen man nichts anfangen kann. Mir ist durchaus nicht alles gelungen, was ich versucht habe – die Rezepte sind vernünftig, aber fehlende Erfahrung können sie nicht ersetzen. Eine Ausnahme scheint das Grundrezept für Brandteig zu sein….da ist zu viel Flüssigkeit dran.

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Matcha-Macarons wollte ich schon lange machen, bin aber immer wieder gescheitert. Also waren sie mein erstes Projekt aus dem Buch. Ich war erstaunt, wie ganz anders die Curleys die Macarons-Masse herstellen: ein Teil des Eiweisses wird einfach mit der Mandel-Puderzuckermasse vermengt, die andere Hälfte über dem heißen Wasserbad aufgeschlagen.  Die Macarons sind auch viel größer, als ich sie bisher gemacht habe. Nun, der Aufwand lohnt sich. Die Macarons waren wunderbar. Und wenn ich nicht einen Teil der Kreise zu dicht auf das Blech gespritzt hätte, dann wären sogar alle was geworden…..

walnuss-miso-kekse

Die Walnuss-Miso-Kekse stammen aus dem Petit-Fours-Teil. Die Kombination von salzigem Miso in süßen Keksen hat mich interessiert – und Walnüsse mag ich ohnehin. Die Kekse sind ein Treffer: sie sind mürbe, und das Miso steuert Aromatiefe bei. Süß und salzig ergänzen sich perfekt. Hier geht es zum Rezept.

Puits d'Amour

Puits d’Amour sind kleine Blätterteigtörtchen, gefüllt mit Himbeerkonfitüre und Konditorcreme und dann karamellisiert. Das Rezept birgt leider einige Fallstricke. Man soll 1 ganzes Rezept Blätterteig herstellen – das ist immerhin ein Kilo. Ausgestochen werden dann 8 Kreise zu 9 cm. Ich habe lieber nur die Hälfte Blätterteig gemacht. Nachdem ich 12 Kreise zu 9 cm augestochen hatte, war noch mehr als die Hälfte Teig übrig. Ein Viertel Rezept Blätterteig hätte also auch gereicht. Der Blätterteig ist übrigens eine einfache Feuilletage rapide – und er war trotzdem super-blättrig.

saint marc

Kommen wir zur Torte, zur ersten: die St-Marc-Schnitten sollten es sein. Ein Mandel-Bisquit, eine Schokoladensahne, eine Buttercreme, ein zweiter Bisquit, mit Sirup getränkt und karamellisierte Mandelsplitter als Deko. Das hat alles wunderbar funktioniert – um ehrlich zu sein, leichter als ich dachte. Auf die Ausstattung meines Haushalts hat das Rezept keine Rücksicht genommen: der Bisquit soll auf zwei Blechen zu 30 mal 40 cm gebacken werden – habe ich nicht. Ich habe einen Boden gebacken, das hat gepasst. Im Prinzip wird die Torte aus lauter Rezepten zusammengesetzt, die im Grundlagen-Teil stehen. Für Sirup und Mandelsplitter war wieder je ein ganzes Rezept angegeben – viel zu viel! Eigentlich müßte man noch mit Schoko-Segeln garnieren….diese schwierigen Dinger habe ich mir zugegebenermassen gespart….genau wie das Blattgold.

Über das Nougat de Montelimar aus dem Confiserie-Teil sagen wir besser nichts. Es wollte nämlich partout nicht fest werden, sondern ist mir davongeflossen. Allerdings glaube ich nicht, dass das am Rezept liegt. Man braucht nämlich ein Thermometer, um die Zucker- und Honigmassen zu kochen. Und mein Thermometer, das hat den Dienst verweigert. Ich fürchte, die Masse war nicht heiß genug und konnte dann hinterher deshalb auch nicht fest werden. Mir bleibt nur ein neuer Versuch  mit einem funktionierenden Thermometer.

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Madeleines sind hier immer gerne gesehen. Diese hier haben einen dezenten japanischen Einschlag: es wird Kinako, also Sojamehl mit verbacken. Das hält sich allerdings dezent im Hintergrund. Ich hatte die leise Befürchtung, das die Madeleines etwas langweilig schmecken könnten, denn viele Aromaten sind nicht mit von der Partie. Aber es ist Honig drin, und die zarte Honignote schmeckt sehr gut.

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Beim Entremet mit Earl Grey wurde mir klar, dass es wohl doch noch etwas dauert auf dem Weg zur Patissiere 😉 . Dabei fing alles gut an. Das Entremet hat eine Füllung: Schokobisquit ohne Mehl, darauf eine Schicht karamellisierte Orangen und eine Kokoscreme. Alles gut bis hierhin. Außenrum  kommt eine mit Earl Grey aromatisierte Schokomousse; den Boden bildet eine Daquoise mit Kokos und Mandeln. Immer noch alles gut. Das böse Erwachen kam mit dem Schokoguss. Obwohl der so kühl war wie möglich und das Entremet grade aus der Tiefkühle kam, floss mir alles davon. Ein Bild des Jammers, das ich Euch leider nicht ersparen kann. Das Prachtstück hätte wohl doch länger gekühlt werden müssen – nun, beim nächsten Mal. Die Schokomousse hat sich mit dem Auftauen wieder komplett verflüssigt – es war wohl viel zu wenig Gelatine dran. Geschmacklich war das Ganze wunderbar.

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Die Herstellung der Matcha-Eclairs war ein Drama in drei Akten, Ich bin keine Backkönigin – aber Brandteig, der hatte mir bis zu diesem Tag keine Probleme bereitet. Zweimal habe ich den Teig aus dem Grundrezepteteil gemacht – zweimal war es kein Teig sondern Suppe. Es ist einfach viel zu viel Flüssigkeit im Rezept. Beim dritten Mal griff ich auf mein Standardrezept zurück, das funktioniert. Auf die Eclairs kommt ein Craquelin aus Zucker, Butter und Matcha. Nach dem Backen werden sie mit einer mit Matcha aromatisierten Konditorcreme gefüllt und am Ende mit Fondant, ebenfalls mit Matcha aromatisiert, verziert. Himmlisch! Bloß auf das Fondant hätte ich verzichten können, das ist einfach nicht mein Geschmack.

Fazit? Als das Buch ankam, hat die ganze Familie mit Begeisterung darin geblättert – die abgebildeten Leckereien entlockten uns viele „Ahs“ und „Ohs“. Und tun es immer noch. Auch wenn ich manchmal durch die Rezepte geholpert bin….das Buch ist ein empfehlenswertes Grundlagenwerk, wenn man sich mit Patisserie befassen möchte. ich werde es bestimmt noch oft zur Hand nehmen, sei es zum Träumen, sei es zum Nachbacken.

  • Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
  • Verlag: Dorling Kindersley  (September 2014)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 978-3831026784
  • 39,95
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13 Kommentare

  1. Mit den Torten ist es ähnlich wie mit den Baguettes, üben üben üben und nicht verzagen und irgendwann hat man gewisse Erfahrungswerte. Ich habe mir die Masse für die Biskuitböden schon vor Backbeginn einfach heruntergerechnet, weil ich weiß, wieviel Masse ich für welche Fläche brauche. Curley behauptet zwar, man könne beim Biskuit nicht mit kleineren Mengen arbeiten, aber es funktioniert tadellos. Den Brandteig habe ich mir noch gar nict angeschaut…
    Und mich musst du nicht mehr überzeugen – das Buch wird angeschafft, sobald wir das entliehene abgeben müssen. 🙂

    • Das Buch ist toll, von gewissen Fallstricken abgesehen, die man durch Erfahrung bestimmt wett machen kann. Und an der Erfahrung muss ich halt noch arbeiten 🙂

  2. Du warst ja viel fleissiger als ich bei meiner Rezension;-).
    Aber ich kann dir eigentlich in allem nur zustimmen. Und für die Saint Marc-Schnitten habe ich mir damals die Mandeln gespart, das war mir zu viel des Aufwands für nur 10 (oder wieviele man davon auch nur braucht). Das mit der Menge für die Schokoladendeko ist mir auch schon aufgefallen und stört mich etwas.
    Aber Blätterteig stelle ich auch immer in größeren Menge als benötigt her, einfach, damit sich der Aufwand auch lohnt und er lässt sich ja auch wunderbar einfieren (und dann für einfacheres Gebäck als das von Curley weiter verwenden – meine Mädels lieben z.B. Schinken-Käse-Schnekcen daraus).
    Liebe Grüße, Barbara

    • Mein Exemplar ist voll mit Merkzetteln 🙂
      Was die Mengenangaben angeht, braucht man wohl Erfahrung, um das einzuschätzen. Ich bin ja ein wenig pingelig….ich finde, auch wenn man mehr Teig schon irgendwie verwerten kann, sollte im Rezept doch die passende Menge stehen….

      • Da hast Du natürlich recht… Wenn ich da an meine Schwester denke. Die hätte eben nicht so viel Platz in ihrem Tiefkühler, um sämtliche Teigreste von William Curley aufzubewahren 😉

  3. Das Buch bleibt ganz deines! ich bin eine Kuchenbäckerin, eine Strudelnbäckerin, auch Cookies, Brownies, Madeleines und Co. mach ich gern, aber die hohe Kunst der Pastisserie wir nie die meine werden. 😉

    • Ich esse das Ganze ja ganz gerne; früher habe ich auch Torten gebacken. Es reizt mich einfach, das auszuprobieren und zu lernen. Naja, das dauert noch….

  4. Mir fehlt ja immer etwas die Geduld für diesen Bereich des Backens…
    Aber einen Blick in das Buch werde ich auf alle Fälle mal werfen, da ja nicht nur gigantische Torten drin sind 😀
    Danke für den Tipp!

  5. Mit Patisserie tu ich mich auch sehr schwer… ich bin nicht der Typ für sowas, aber bewundere Leute, die das drauf haben. Matcha-Eclairs wie auf dem Bild gab es in einer älteren Ausgabe von OLIVE mal, würde mich nicht wundern, wenn es genau die sind – da hatte mich die Verwendung von Fondant genauso gestört (auch wenn’s natürlich hübsch aussieht). Und das Rezept für Walnuss-Miso-Kekse mopse ich mir gleich mal… danke für die schöne Buchvorstellung!

    • Ich tue mich auch schwer, grobmotorisch und ungeduldig, wie ich bin. Ich würde es aber gerne besser können. Also übe ich 🙂 Bloß von Fondant lasse ich in Zukunft die Finger, wie hübsch es auch immer sein mag.

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